Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Wetter
WIE
Seit über einer Woche Woche zeigt das Thermometer mehr als 30 Grad an, und selbst spät abends wollen die Temperaturen nicht runtergehen. Das Haus, in dem er lebt, ist groß und alt genug, um in der unteren Etage, vor allem aber im Keller eine Abkühlung haben zu können, wenn es in der obersten Etage mit dem Flachdach darüber, sehr warm wird. Er braucht von dort nur eine Etage nach unten zu gehen, um eine leichte Abkühlung zu haben, also immerhin eine kleine Verbesserung. Wenn er dann allerdings wieder nach oben geht, schlägt die warme Luft mit aller Deutlichkeit wieder zurück.
Trotzdem, Hitze hat was, denkt er oft. Und erst gestern noch hatte er sich über die Hypothese unterhalten, ob Hitze nicht auch die Geräuschkulisse verändert. So wie eine Schneedecke das Geräuschbild verändert, wenn auch anders. Ihm fällt jedenfalls auf, dass das Tuckern der Schiffsmotoren vom Rhein um so besser zu hören ist, um so heißer und wärmer die Luft draußen ist. Abgesehen vom intensiven Vogelgezwitscher. Aber dass den Vögeln dieses Wetter womöglich auch gut gefällt, und sie deswegen noch mehr in den Gesang verfallen, ist ja nicht weiter verwunderlich. Vielleicht sind an heißen Tagen alle Geräusche einfach anders und das, was man hört, hört man intensiver. So ein Gefühl, mehr von den Klängen, von den Feinheiten in der Ferne hören zu können? So wie man an regenklaren Tagen den Blick weiter in die Ferne richten kann. So wie man an sehr heißen Tagen auch Motorräder, Stimmen, Musikklänge in weiter Ferne besser wahrnimmt. Diese Geräuschkulisse ist etwas, das er an Sommertagen und auch Sommernächten als festen Eindruck schon seit seiner Kindheit mit sich trägt.
Früher, als es nur eine Landstraße über die Felder gab, und der Ort nicht in einem Dreieck aus Autobahnen eingeschlossen war, gab es dieses typische und langsame, ganz allmähliche Abklingen der Motorgeräusche der Autos, Traktoren oder Mopeds, die über diese Landstraße in die Ferne fuhren. Und deren Motorengeräusche schienen nicht enden zu wollen, waren ewig lange zu hören, ohne jedoch zu laut zu sein. An solchen Hitzeabenden im Juni, in denen er als Kind im Hellen ins Bett ging und sie nur unter Bettlaken schlafen durften.
Diese Tage und Nächte der Hitze waren immer schon Zeiten der Ausnahme. Weil Fenster und Balkontüren die ganze Nacht offen standen, weil es besondere Überraschungen aus dem Kühlschrank gab, weil selbst das Waschen mit kalten Wasser am Abend Spaß machte, weil überhaupt alles viel näher gerückt zu sein schien. Die Stimmen der Eltern, die sich noch auf der Veranda mit Freunden unterhielten, die Stimmen der Nachbarn, der Lärchen, der Amseln. Alles schien nah zu sein.
Und gleichzeitig ergab sich daraus eine besondere Stille, die Hitze-Stille. Die vielleicht auch darin begründet lag, dass jeder an solchen Abenden nur das Nötigste machte, das Allernötigste, also alle anderen typischen Alltagsgeräusche vermieden wurden. Das alles hatte etwas Schönes, es schaffte eine Ausnahmeatmosphäre, die für ihn mehr Wert hatten als die lästigen Nebenerscheinungen, über die man sich gerne bei Sommerhitze beklagt.
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WIE
Seit über einer Woche Woche zeigt das Thermometer mehr als 30 Grad an, und selbst spät abends wollen die Temperaturen nicht runtergehen. Das Haus, in dem er lebt, ist groß und alt genug, um in der unteren Etage, vor allem aber im Keller eine Abkühlung haben zu können, wenn es in der obersten Etage mit dem Flachdach darüber, sehr warm wird. Er braucht von dort nur eine Etage nach unten zu gehen, um eine leichte Abkühlung zu haben, also immerhin eine kleine Verbesserung. Wenn er dann allerdings wieder nach oben geht, schlägt die warme Luft mit aller Deutlichkeit wieder zurück.
Trotzdem, Hitze hat was, denkt er oft. Und erst gestern noch hatte er sich über die Hypothese unterhalten, ob Hitze nicht auch die Geräuschkulisse verändert. So wie eine Schneedecke das Geräuschbild verändert, wenn auch anders. Ihm fällt jedenfalls auf, dass das Tuckern der Schiffsmotoren vom Rhein um so besser zu hören ist, um so heißer und wärmer die Luft draußen ist. Abgesehen vom intensiven Vogelgezwitscher. Aber dass den Vögeln dieses Wetter womöglich auch gut gefällt, und sie deswegen noch mehr in den Gesang verfallen, ist ja nicht weiter verwunderlich. Vielleicht sind an heißen Tagen alle Geräusche einfach anders und das, was man hört, hört man intensiver. So ein Gefühl, mehr von den Klängen, von den Feinheiten in der Ferne hören zu können? So wie man an regenklaren Tagen den Blick weiter in die Ferne richten kann. So wie man an sehr heißen Tagen auch Motorräder, Stimmen, Musikklänge in weiter Ferne besser wahrnimmt. Diese Geräuschkulisse ist etwas, das er an Sommertagen und auch Sommernächten als festen Eindruck schon seit seiner Kindheit mit sich trägt.
Früher, als es nur eine Landstraße über die Felder gab, und der Ort nicht in einem Dreieck aus Autobahnen eingeschlossen war, gab es dieses typische und langsame, ganz allmähliche Abklingen der Motorgeräusche der Autos, Traktoren oder Mopeds, die über diese Landstraße in die Ferne fuhren. Und deren Motorengeräusche schienen nicht enden zu wollen, waren ewig lange zu hören, ohne jedoch zu laut zu sein. An solchen Hitzeabenden im Juni, in denen er als Kind im Hellen ins Bett ging und sie nur unter Bettlaken schlafen durften.
Diese Tage und Nächte der Hitze waren immer schon Zeiten der Ausnahme. Weil Fenster und Balkontüren die ganze Nacht offen standen, weil es besondere Überraschungen aus dem Kühlschrank gab, weil selbst das Waschen mit kalten Wasser am Abend Spaß machte, weil überhaupt alles viel näher gerückt zu sein schien. Die Stimmen der Eltern, die sich noch auf der Veranda mit Freunden unterhielten, die Stimmen der Nachbarn, der Lärchen, der Amseln. Alles schien nah zu sein.
Und gleichzeitig ergab sich daraus eine besondere Stille, die Hitze-Stille. Die vielleicht auch darin begründet lag, dass jeder an solchen Abenden nur das Nötigste machte, das Allernötigste, also alle anderen typischen Alltagsgeräusche vermieden wurden. Das alles hatte etwas Schönes, es schaffte eine Ausnahmeatmosphäre, die für ihn mehr Wert hatten als die lästigen Nebenerscheinungen, über die man sich gerne bei Sommerhitze beklagt.