Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Drei
WIE
"Wieso geht das nicht? Ich will ein Dreibettzimmer buchen, aber er nimmt das nicht an“, energisch schiebt Karin die Computermaus hin und her, "wenn ich die Zahl Drei eingeben will, passiert hier nichts.“
Hans schaut über Karins Schulter auf den Laptop. „Wahrscheinlich sind drei Betten in kleineren Hotels immer noch eine Seltenheit,“ versucht er zu erklären, „in dieser Welt gilt eben das Zweierpaar immer noch als das einzig Normale“, fährt er fort, um gleich für seine Hypothese nach Beispielen zu suchen. „Schau dir die Autos an, seit ihrer Erfindung haben sie zwei Sitze vorne. Oder die Bänke in Bahn und Bus. Sie sind auf zwei Personen ausgelegt, die kleinen Tische in Eisdielen oder Cafes, genauso.“
„Was redest du da für einen Blödsinn“, entgegnet Karin, „soll das alles wegen des Ideals der monogamen Paarbeziehung sein? Das wäre ja noch schlimmer, das finde ich nicht richtig. Und erst recht nicht in Zeiten, in denen die Diversität immer wichtiger wird.“
„Na ja, es dauert halt ein bisschen, bis eine Gesellschaft gelernt hat, dass es mehr als nur zweier Geschlechter gibt. Zum Beispiel bei den Toiletten in Speisegaststätten oder Büros. So langsam kommen die Forderungen auf, eine dritte Toiletten zur Verfügung zu stellen. Wenn diese womöglich auch nur alle zwei Jahre gebraucht wird und eher als Vorratsraum für Putzutensilien dient, aber es muss sie halt geben, die dritte Möglichkeit.“
Katrin schaut Hans streng an, ohne etwas zu sagen. Und Hans weiß, was sie ihm damit sagen will. Seine Bemerkung über die Genderthematik war vielleicht doch etwas übereilt.
„Um was ging es dir gerade noch mal?“, fragt Hans.
„Um das Buchen eines Dreibettzimmers.“
"Wie sind wir eigentlich auf das Genderthema gekommen?“
„Du bist darauf gekommen.“ Jetzt lässt Katrin nicht locker. „Aber genau genommen hast du ja recht. Ich frage mich auch, ob das Prinzip der Paarbeziehung nicht überholt ist. Ist irgendwie komisch, unabhängig davon, ob Beziehungen zwischen Gleichgeschlechtlichen, Transgendern oder sonst einer Geschlechteridentität, immer noch geht man nur von Paarbeziehungen aus.“
Hans ist etwas verunsichert über ihre Bemerkung. Wie kommt sie gerade jetzt darauf? Gibt es einen Grund? „Du meinst eine Menage a trois? Das soll es ja öfters geben als man meint.“
„Was du immer gleich denkst, es geht ganz einfach darum, dass ich mit meinen beiden Freundinnen aus Studienzeiten zwei Tage in Freiburg verbringen möchte. Und ich verstehe nicht, wieso es so schwierig ist ein Zimmer für Drei zu bekommen?“
Er ist sichtlich erleichtert. „Und ich dachte schon, es gäbe jetzt wieder eine Diskussion darüber, ob es nicht an der Zeit wäre, überholte gesellschaftliche Strukturen in Frage zu stellen.“
„Stimmt, da hast du eigentlich auch recht“, erwidert Katrin mit einem Lächeln auf den Lippen, „das könnten wir eigentlich mal überlegen, wo du es gerade ansprichst. Wieso ist die Zweisamkeit immer noch unangefochtener Spitzenreiter in Liebesbeziehungen? Wieso nicht die Dreisamkeit?“
Da unterbricht Hans sie. „Kann es sein, dass du auf dem Laptop die Shift-Taste gesperrt hast und versehentlich das Paragrafenzeichen eingegeben hast, ohne es zu merken?“
Katrin zögert einen Moment, löst dann wortlos die Shift-Taste und tippt die Zahl Drei in das entsprechende Feld. Das Programm reagiert mit einem freundlichen „16 Angebote für Freiburg“.
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"Wieso geht das nicht? Ich will ein Dreibettzimmer buchen, aber er nimmt das nicht an“, energisch schiebt Karin die Computermaus hin und her, "wenn ich die Zahl Drei eingeben will, passiert hier nichts.“
Hans schaut über Karins Schulter auf den Laptop. „Wahrscheinlich sind drei Betten in kleineren Hotels immer noch eine Seltenheit,“ versucht er zu erklären, „in dieser Welt gilt eben das Zweierpaar immer noch als das einzig Normale“, fährt er fort, um gleich für seine Hypothese nach Beispielen zu suchen. „Schau dir die Autos an, seit ihrer Erfindung haben sie zwei Sitze vorne. Oder die Bänke in Bahn und Bus. Sie sind auf zwei Personen ausgelegt, die kleinen Tische in Eisdielen oder Cafes, genauso.“
„Was redest du da für einen Blödsinn“, entgegnet Karin, „soll das alles wegen des Ideals der monogamen Paarbeziehung sein? Das wäre ja noch schlimmer, das finde ich nicht richtig. Und erst recht nicht in Zeiten, in denen die Diversität immer wichtiger wird.“
„Na ja, es dauert halt ein bisschen, bis eine Gesellschaft gelernt hat, dass es mehr als nur zweier Geschlechter gibt. Zum Beispiel bei den Toiletten in Speisegaststätten oder Büros. So langsam kommen die Forderungen auf, eine dritte Toiletten zur Verfügung zu stellen. Wenn diese womöglich auch nur alle zwei Jahre gebraucht wird und eher als Vorratsraum für Putzutensilien dient, aber es muss sie halt geben, die dritte Möglichkeit.“
Katrin schaut Hans streng an, ohne etwas zu sagen. Und Hans weiß, was sie ihm damit sagen will. Seine Bemerkung über die Genderthematik war vielleicht doch etwas übereilt.
„Um was ging es dir gerade noch mal?“, fragt Hans.
„Um das Buchen eines Dreibettzimmers.“
"Wie sind wir eigentlich auf das Genderthema gekommen?“
„Du bist darauf gekommen.“ Jetzt lässt Katrin nicht locker. „Aber genau genommen hast du ja recht. Ich frage mich auch, ob das Prinzip der Paarbeziehung nicht überholt ist. Ist irgendwie komisch, unabhängig davon, ob Beziehungen zwischen Gleichgeschlechtlichen, Transgendern oder sonst einer Geschlechteridentität, immer noch geht man nur von Paarbeziehungen aus.“
Hans ist etwas verunsichert über ihre Bemerkung. Wie kommt sie gerade jetzt darauf? Gibt es einen Grund? „Du meinst eine Menage a trois? Das soll es ja öfters geben als man meint.“
„Was du immer gleich denkst, es geht ganz einfach darum, dass ich mit meinen beiden Freundinnen aus Studienzeiten zwei Tage in Freiburg verbringen möchte. Und ich verstehe nicht, wieso es so schwierig ist ein Zimmer für Drei zu bekommen?“
Er ist sichtlich erleichtert. „Und ich dachte schon, es gäbe jetzt wieder eine Diskussion darüber, ob es nicht an der Zeit wäre, überholte gesellschaftliche Strukturen in Frage zu stellen.“
„Stimmt, da hast du eigentlich auch recht“, erwidert Katrin mit einem Lächeln auf den Lippen, „das könnten wir eigentlich mal überlegen, wo du es gerade ansprichst. Wieso ist die Zweisamkeit immer noch unangefochtener Spitzenreiter in Liebesbeziehungen? Wieso nicht die Dreisamkeit?“
Da unterbricht Hans sie. „Kann es sein, dass du auf dem Laptop die Shift-Taste gesperrt hast und versehentlich das Paragrafenzeichen eingegeben hast, ohne es zu merken?“
Katrin zögert einen Moment, löst dann wortlos die Shift-Taste und tippt die Zahl Drei in das entsprechende Feld. Das Programm reagiert mit einem freundlichen „16 Angebote für Freiburg“.