Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Zurück auf Anfang
WIE
Das ist er, der neue Kalender, 2025. So wie er ihn mag, blauer, velourartiger Einband, genau das richtige Format, nicht zu breit, mehr hochformatig. 52 Doppelseiten, strahlend weiß, mit nichts gefüllt, bereit mit allen möglichen Unternehmungen und Zielen beschrieben zu werden: Neues Spiel, neues Glück. 365 Tage stehen bereit, um mit mehr oder weniger vielen Annehmlichkeiten und ein paar Unannehmlichkeiten gefüllt zu werden. Auf jeden Fall können schon mal Urlaubstage, Geburtstage und andere Besonderheiten eingetragen werden. Dieses besondere Gefühl des Neuanfangs, vor allem dann, wenn der Jahreswechsel ansteht.
Und da mehren sich die Gelegenheiten zu sagen: Zurück auf Anfang: Nicht nur, wenn er die Ablage mit allen gesammelten Quittungen in eine Sichthülle steckt, um von nun an nur noch neue Quittungen zu sammeln. Wenn er auf dem Computer einen Ordner Dokumente 2025 anlegt. Dabei kennt er dieses Gefühl ´Zurück auf Anfang´ durchaus auch während eines laufen Jahres. Wenn er einen Papierkorb, einen Zeitungsstapel in den Keller trägt, wenn er das Altglas zum Container bringt, Pfandflaschen einlöst oder zum Grünabfallbehälter fährt. Immer dieses Gefühl von „Zurück auf Anfang“. Wie trügerisch dieses Gefühl sein kann, weiß er auch, wenn er Fenster putzt, Staubsaugerbeutel austauscht oder Frostschutz im Auto nachfüllt. Viel schneller als gedacht wird es dann wieder heißen, besser mal nachprüfen, ob nicht Handlungsbedarf besteht. So wie es TÜV-Plaketten und Erinnerungsschreiben vom Finanzamt und Zahnarzt auch machen. Aber jetzt erstmal bleibt dieses Glücksgefühl, sich für eine kurze Zeit in der Komfortzone zu befinden und nichts tun zu müssen.
Natürlich gibt es Momente, in denen es heißt ‚Zurück auf Anfang‘ und dann gibt es sofort ganz viel zu tun. Beim Stricken und falschen Hemd-zu-knöpfen, wenn es heißt, alles wieder aufzuriffeln, aufzuknöpfen und wieder von vorne anzufangen. Wenn der Computer abstürzt, und man seit einer halben Stunde das Zwischenspeichern vergessen hat, wenn man die Autobahn wegen Stau verlässt, eine Alternativroute durch die Stadt sucht, dann doch irgendwann das Navi bemüht, um nach einer halben Stunde genau bei der Autobahnauffahrt zu landen, die man zuvor verlassen hatte.
Oft kann man es auch so oder so sehen. Sein Nachbar sprach freudestrahlend von ´Zurück auf Anfang´, nachdem er mit 55 Jahren seine Familie verlassen hat, um mit einer jüngeren Frau zusammen zu sein, die ein Kind von ihm erwartet. Er selber würde sich hingegen mit Sicherheit nicht so fühlen, wenn ihm jetzt eine weitere, komplette Familienlegislaturperiode angetragen werden würde.
Am späteren Abend verfolgt er eine Fernsehdiskussion, schließlich stehen Neuwahlen an. Keiner der Anwesenden weiß zu sagen, wie man aus den vielen Krisen und Problemen herauskommen könnte. Doch alle sprechen von der riesigen Chance, des ´Zurück auf Anfang´, wenn dann die neue Regierung da sein wird. Anfang, das klingt nach Zuversicht, nach Vorwärtsschauen, nach Chancen, es besser zu machen.
Aber es ist auch immer wieder schön so zwischendurch. Und er nimmt sich vor, dieses Jahr nicht so lange mit der Steuererklärung zu warten.
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Zurück auf Anfang
WIE
Das ist er, der neue Kalender, 2025. So wie er ihn mag, blauer, velourartiger Einband, genau das richtige Format, nicht zu breit, mehr hochformatig. 52 Doppelseiten, strahlend weiß, mit nichts gefüllt, bereit mit allen möglichen Unternehmungen und Zielen beschrieben zu werden: Neues Spiel, neues Glück. 365 Tage stehen bereit, um mit mehr oder weniger vielen Annehmlichkeiten und ein paar Unannehmlichkeiten gefüllt zu werden. Auf jeden Fall können schon mal Urlaubstage, Geburtstage und andere Besonderheiten eingetragen werden. Dieses besondere Gefühl des Neuanfangs, vor allem dann, wenn der Jahreswechsel ansteht.
Und da mehren sich die Gelegenheiten zu sagen: Zurück auf Anfang: Nicht nur, wenn er die Ablage mit allen gesammelten Quittungen in eine Sichthülle steckt, um von nun an nur noch neue Quittungen zu sammeln. Wenn er auf dem Computer einen Ordner Dokumente 2025 anlegt. Dabei kennt er dieses Gefühl ´Zurück auf Anfang´ durchaus auch während eines laufen Jahres. Wenn er einen Papierkorb, einen Zeitungsstapel in den Keller trägt, wenn er das Altglas zum Container bringt, Pfandflaschen einlöst oder zum Grünabfallbehälter fährt. Immer dieses Gefühl von „Zurück auf Anfang“. Wie trügerisch dieses Gefühl sein kann, weiß er auch, wenn er Fenster putzt, Staubsaugerbeutel austauscht oder Frostschutz im Auto nachfüllt. Viel schneller als gedacht wird es dann wieder heißen, besser mal nachprüfen, ob nicht Handlungsbedarf besteht. So wie es TÜV-Plaketten und Erinnerungsschreiben vom Finanzamt und Zahnarzt auch machen. Aber jetzt erstmal bleibt dieses Glücksgefühl, sich für eine kurze Zeit in der Komfortzone zu befinden und nichts tun zu müssen.
Natürlich gibt es Momente, in denen es heißt ‚Zurück auf Anfang‘ und dann gibt es sofort ganz viel zu tun. Beim Stricken und falschen Hemd-zu-knöpfen, wenn es heißt, alles wieder aufzuriffeln, aufzuknöpfen und wieder von vorne anzufangen. Wenn der Computer abstürzt, und man seit einer halben Stunde das Zwischenspeichern vergessen hat, wenn man die Autobahn wegen Stau verlässt, eine Alternativroute durch die Stadt sucht, dann doch irgendwann das Navi bemüht, um nach einer halben Stunde genau bei der Autobahnauffahrt zu landen, die man zuvor verlassen hatte.
Oft kann man es auch so oder so sehen. Sein Nachbar sprach freudestrahlend von ´Zurück auf Anfang´, nachdem er mit 55 Jahren seine Familie verlassen hat, um mit einer jüngeren Frau zusammen zu sein, die ein Kind von ihm erwartet. Er selber würde sich hingegen mit Sicherheit nicht so fühlen, wenn ihm jetzt eine weitere, komplette Familienlegislaturperiode angetragen werden würde.
Am späteren Abend verfolgt er eine Fernsehdiskussion, schließlich stehen Neuwahlen an. Keiner der Anwesenden weiß zu sagen, wie man aus den vielen Krisen und Problemen herauskommen könnte. Doch alle sprechen von der riesigen Chance, des ´Zurück auf Anfang´, wenn dann die neue Regierung da sein wird. Anfang, das klingt nach Zuversicht, nach Vorwärtsschauen, nach Chancen, es besser zu machen.
Aber es ist auch immer wieder schön so zwischendurch. Und er nimmt sich vor, dieses Jahr nicht so lange mit der Steuererklärung zu warten.