Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Wolke Vier
WIE
„Und wie war es heute im Institut?“
Jens ist sich nicht sicher, ob Inga die Frage ernst meint oder nur Interesse vortäuscht, weil er mal wieder seine Tasche fürs Büro demonstrativ auf den Sessel geknallt hat. „Wie soll es gewesen sein, der alltägliche Wahnsinn halt.“
Eine halbe Stunde später auf der Veranda bei Kerzenlicht, Bruschetta und Rotwein kommt Jens noch mal auf den alltäglichen Wahnsinn zu sprechen: „Der Chef hat einen neuen Projektantrag vorgeschlagen.“
„Ja und, ein paar neue Gesichter, jüngere Leute, wäre doch nicht schlecht für eure Altherrenriege?“
“Wir haben genügend junge Leute am Institut und kommen mit der Arbeit vorne und hinten nicht zurecht. Allein vier Abschlussberichte von vorhergehenden Projekten müssten noch geschrieben werden.“
Jens leert sein Rotweinglas, um gleich noch mal einzugießen, während Inga ihr Glas mit der flachen Hand zuhält.
„Projektanträge schreiben ist doch dein Metier, deine Stärke. Sei froh, wenn der Chef deine Kernkompetenz würdigt und neue Ideen hat.“
„Ja“, stöhnt Jens „das Blaue vom Himmel runter holen mit Versprechungen und Zusagen, deren Einlösung äußerst fraglich bleibt. Weil angeblich mit dem Geld für das neue Projekte alle Probleme auf einmal gelöst werde können. In dem in unserem Institut eine allumfassende Koordinationsstelle für Forschungsergebnisse geschaffen wird in Form einer digitalen Datenbank. Damit soll die desolate und dezentralen Forschungslandschaft überwunden werden, dann gibt es keine doppelten Forschungsschwerpunkte und keine finanziellen Schäden mehr. Das Ganze wird europaweit vernetzt, alle Ergebnisse werden mehrsprachig abzurufen sein. Das ist immer gut, da kommen Gelder aus Brüssel gleich noch dazu. Und weil es viele Mitbewerber für so ein Projekt gibt, will der Chef alles auch noch barrierefrei gestalten.“
„Ja siehst du, ist doch schon fast fertig dein Forschungsantrag.“
Jens hält das Rotweinglas in die Luft, er fühlt sich nicht richtig verstanden. Wieso teilt Inge nicht seine Bedenken dem Projekt gegenüber?
„Mal was anderes, liebe Inge, was hältst du davon, wenn wir den Keller richtig ausbauen. Wir könnten an der Nordseite des Hauses das Erdreich abtragen und ein großes Fenster anbringen. Du bekommst einen Atelierraum, ich baue das Kinderzimmer zu einem Arbeitszimmer um mit einer großen Fenstergaube. Dann sanieren und isolieren wir das Dach, richten endlich ein Gästezimmer ein, was wir ja immer schon wollten. Die Sachen vom Speicher kommen in den Carport, den wir ausbauen und mit Außenwänden schließen. Alles kein Problem, wenn wir das zweite Auto abschaffen.
„Stop, stop,“, unterbricht Inga den Redeschwall, „vergiss es, bis wir so ein großes Projekt angehen, sollten wir erst einmal die vorhergehenden Projekte angehen. Was wir allein im Keller räumen und auszusortieren könnten, da hätten wir schon viel Platz geschaffen.“
„Siehst du“, grinst Jens zufrieden, „jetzt hast du auch begriffen was es heißt, Wolke vier zu eröffnen, während Wolke drei, zwei und eins immer noch darauf warten, fertig zu werden.“
„Ok, hast ja Recht, red' noch mal mit deinem Chef über den Projektantrag.“
Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Wolke Vier
WIE
„Und wie war es heute im Institut?“
Jens ist sich nicht sicher, ob Inga die Frage ernst meint oder nur Interesse vortäuscht, weil er mal wieder seine Tasche fürs Büro demonstrativ auf den Sessel geknallt hat. „Wie soll es gewesen sein, der alltägliche Wahnsinn halt.“
Eine halbe Stunde später auf der Veranda bei Kerzenlicht, Bruschetta und Rotwein kommt Jens noch mal auf den alltäglichen Wahnsinn zu sprechen: „Der Chef hat einen neuen Projektantrag vorgeschlagen.“
„Ja und, ein paar neue Gesichter, jüngere Leute, wäre doch nicht schlecht für eure Altherrenriege?“
“Wir haben genügend junge Leute am Institut und kommen mit der Arbeit vorne und hinten nicht zurecht. Allein vier Abschlussberichte von vorhergehenden Projekten müssten noch geschrieben werden.“
Jens leert sein Rotweinglas, um gleich noch mal einzugießen, während Inga ihr Glas mit der flachen Hand zuhält.
„Projektanträge schreiben ist doch dein Metier, deine Stärke. Sei froh, wenn der Chef deine Kernkompetenz würdigt und neue Ideen hat.“
„Ja“, stöhnt Jens „das Blaue vom Himmel runter holen mit Versprechungen und Zusagen, deren Einlösung äußerst fraglich bleibt. Weil angeblich mit dem Geld für das neue Projekte alle Probleme auf einmal gelöst werde können. In dem in unserem Institut eine allumfassende Koordinationsstelle für Forschungsergebnisse geschaffen wird in Form einer digitalen Datenbank. Damit soll die desolate und dezentralen Forschungslandschaft überwunden werden, dann gibt es keine doppelten Forschungsschwerpunkte und keine finanziellen Schäden mehr. Das Ganze wird europaweit vernetzt, alle Ergebnisse werden mehrsprachig abzurufen sein. Das ist immer gut, da kommen Gelder aus Brüssel gleich noch dazu. Und weil es viele Mitbewerber für so ein Projekt gibt, will der Chef alles auch noch barrierefrei gestalten.“
„Ja siehst du, ist doch schon fast fertig dein Forschungsantrag.“
Jens hält das Rotweinglas in die Luft, er fühlt sich nicht richtig verstanden. Wieso teilt Inge nicht seine Bedenken dem Projekt gegenüber?
„Mal was anderes, liebe Inge, was hältst du davon, wenn wir den Keller richtig ausbauen. Wir könnten an der Nordseite des Hauses das Erdreich abtragen und ein großes Fenster anbringen. Du bekommst einen Atelierraum, ich baue das Kinderzimmer zu einem Arbeitszimmer um mit einer großen Fenstergaube. Dann sanieren und isolieren wir das Dach, richten endlich ein Gästezimmer ein, was wir ja immer schon wollten. Die Sachen vom Speicher kommen in den Carport, den wir ausbauen und mit Außenwänden schließen. Alles kein Problem, wenn wir das zweite Auto abschaffen.
„Stop, stop,“, unterbricht Inga den Redeschwall, „vergiss es, bis wir so ein großes Projekt angehen, sollten wir erst einmal die vorhergehenden Projekte angehen. Was wir allein im Keller räumen und auszusortieren könnten, da hätten wir schon viel Platz geschaffen.“
„Siehst du“, grinst Jens zufrieden, „jetzt hast du auch begriffen was es heißt, Wolke vier zu eröffnen, während Wolke drei, zwei und eins immer noch darauf warten, fertig zu werden.“
„Ok, hast ja Recht, red' noch mal mit deinem Chef über den Projektantrag.“