Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Wilder Wald
RAU
Ja, es ist so, er mag einfach keine Wälder. Und darüber zu sprechen, mag er noch weniger. Als er die Überschrift in der Zeitung liest, schüttelt er nur den Kopf. Waldbaden, ein neuer Gesundheitstrend, genauso befremdlich wie Winterbaden. Kraft für die Gesundheit und eine ausgeglichene Seele wird versprochen, Entspannung pur und gut für die Nerven sei es, kann ja sein.
Einzelne Bäume oder auch welche in losen Gruppen, geschenkt. Oder die zwischen den Häusern in seiner Stadt, in den Gärten oder entlang von Flüssen und Straßen. Die schöne Allee bei Neuruppin zum Beispiel, die sie erst letzte Woche entlanggefahren sind. Die machte ein wirklich schönes Licht und gab Landschaft und Straße genau die richtigen Konturen.
Aber so ein richtiger Wald? Viele, sehr sehr viele dicht an dicht stehende hohe Bäume? Er meint jetzt nicht die optischen Scheußlichkeiten und ästhetischen Zumutungen von Kiefern-Stangen-Anhäufungen, die schnell brauchbares Nutzholz liefern sollen. Nein, richtig dichte Laub- oder Mischwälder, von dichtem Farn bewuchertes Unterholz, kilometerlang, nur durchzogen von Forstwegen für jedwede Fahrzeuge und Maschinen und geschwungenen Spazier-, Wander- und Radwegen. Wenn er es vermeiden kann, meidet er sie. Schon seit Jahren, vielleicht immer schon.
Natürlich, im Sommer gibt es im Wald angenehmen Schatten und auch etwas Kühle, das weiß er schon. Und die Mischung von unterschiedlichen Laubbäumen ist gut für das Klima und die Luft. Das weiß er natürlich auch. Und trotzdem, nix wie raus einem Wald oder am besten gar nicht erst hinein, so ist es bei ihm seit er denken kann. Auch nicht gerne dran vorbeifahren und hineinsehen, wie neulich bei der Fahrt durch Niederbayern. Für ihn ist jeder Wald ein wilder, in dem er einfach keinen Überblick hat. Entweder ist alles dicht und uneinsehbar vor lauter Blättern oder im Winter bei kahlen Ästen trüb. Beides also zum Davonlaufen. Eine einzige Einladung zum Verlaufen zwischen Schatten, Dunkelheit und Fürchten, das reinste Hänsel-und-Gretel-Motiv. Vielleicht hat er als kleiner Junge doch das Märchen zu häufig vorgelesen bekommen.
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Wilder Wald
RAU
Ja, es ist so, er mag einfach keine Wälder. Und darüber zu sprechen, mag er noch weniger. Als er die Überschrift in der Zeitung liest, schüttelt er nur den Kopf. Waldbaden, ein neuer Gesundheitstrend, genauso befremdlich wie Winterbaden. Kraft für die Gesundheit und eine ausgeglichene Seele wird versprochen, Entspannung pur und gut für die Nerven sei es, kann ja sein.
Einzelne Bäume oder auch welche in losen Gruppen, geschenkt. Oder die zwischen den Häusern in seiner Stadt, in den Gärten oder entlang von Flüssen und Straßen. Die schöne Allee bei Neuruppin zum Beispiel, die sie erst letzte Woche entlanggefahren sind. Die machte ein wirklich schönes Licht und gab Landschaft und Straße genau die richtigen Konturen.
Aber so ein richtiger Wald? Viele, sehr sehr viele dicht an dicht stehende hohe Bäume? Er meint jetzt nicht die optischen Scheußlichkeiten und ästhetischen Zumutungen von Kiefern-Stangen-Anhäufungen, die schnell brauchbares Nutzholz liefern sollen. Nein, richtig dichte Laub- oder Mischwälder, von dichtem Farn bewuchertes Unterholz, kilometerlang, nur durchzogen von Forstwegen für jedwede Fahrzeuge und Maschinen und geschwungenen Spazier-, Wander- und Radwegen. Wenn er es vermeiden kann, meidet er sie. Schon seit Jahren, vielleicht immer schon.
Natürlich, im Sommer gibt es im Wald angenehmen Schatten und auch etwas Kühle, das weiß er schon. Und die Mischung von unterschiedlichen Laubbäumen ist gut für das Klima und die Luft. Das weiß er natürlich auch. Und trotzdem, nix wie raus einem Wald oder am besten gar nicht erst hinein, so ist es bei ihm seit er denken kann. Auch nicht gerne dran vorbeifahren und hineinsehen, wie neulich bei der Fahrt durch Niederbayern. Für ihn ist jeder Wald ein wilder, in dem er einfach keinen Überblick hat. Entweder ist alles dicht und uneinsehbar vor lauter Blättern oder im Winter bei kahlen Ästen trüb. Beides also zum Davonlaufen. Eine einzige Einladung zum Verlaufen zwischen Schatten, Dunkelheit und Fürchten, das reinste Hänsel-und-Gretel-Motiv. Vielleicht hat er als kleiner Junge doch das Märchen zu häufig vorgelesen bekommen.