Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Was soll ich wollen?
RAU
Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Ben hat mich gestern wieder gefragt, sicherlich zum hundertsten Male schon, wie es denn eigentlich mit uns weitergeht, wenn er aus den Staaten zurückkommen wird. Was hätte ich ihm antworten sollen? Dann heiraten wir? Das wäre die Antwort gewesen, die er am liebsten gehört hätte, da muss ich nicht lange überlegen. Mit Ende Dreißig alles in trockene Tücher bringen, endlich.
In solchen Situationen weiß ich sofort, was ich wollen soll, und was sich andere von mir wünschen. Endlich eine Familie gründen, endlich in festen Strukturen leben, ein kleines nettes Haus am Stadtrand bewohnen und die Kunst sein lassen. Endlich vernünftig und richtig erwachsen werden. Und in solchen Momenten weiß ich aber auch immer, was ich auf keinen Fall will. Ich möchte kein Reihenhaus haben, keine Kinder, keine Vollzeitstelle und auch keinen Ehemann.
Warum versteht das keiner, und wann kapiert es Ben? Schließlich mache ich ihm nichts vor, habe mit meiner Meinung nie hinter den Berg gehalten, und doch bleibt er bei mir und verlässt mich nicht. Dabei wäre es sicherlich gut, viel besser für ihn, eines Tages zu gehen, als irgendwann doch noch von mir verlassen zu werden.
Aber nein, er bleibt. Bleibt bei mir, umgarnt mich auch jetzt aus der weiten Ferne, liest mir alle Wünsche von den Augen ab und liebt. Liebt und hofft, dass ich meine Meinung eines Tages doch noch ändern werde, denn auf soviel Liebe würde ich ja wohl doch niemals verzichten können. Dabei wird mir immer mulmiger ums Herz. Einerseits. Andrerseits? Deshalb ist es nur gut, dass er für ein paar Monate weit weg ist, denn sonst müsste ich ja heute, wenn es nach ihm ginge, spätestens morgen schon wissen, was ich will. Nämlich ihn.
Aber so einfach ist es eben nicht ist. Da schwingen gerade noch so viele andere Sachen mit. Nicht nur das neue Jobangebot, das bald entschieden werden muss, nicht nur die neue Ausstellung und nicht nur Carl aus Köln, der für ein paar Wochen in der Stadt ist. Da gibt es auch noch die Untersuchung letzten Montag bei der Ärztin, deren Ergebnis noch aussteht. Manchmal will mir von dem Allen fast der Schädel platzen.
Ich weiß, was ich wollen soll, aber kann einfach ganz und gar nicht sagen, was ich will. Sorry, tut mir leid Ben, mein geduldiger, lieber Marathonmann.
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Was soll ich wollen?
RAU
Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Ben hat mich gestern wieder gefragt, sicherlich zum hundertsten Male schon, wie es denn eigentlich mit uns weitergeht, wenn er aus den Staaten zurückkommen wird. Was hätte ich ihm antworten sollen? Dann heiraten wir? Das wäre die Antwort gewesen, die er am liebsten gehört hätte, da muss ich nicht lange überlegen. Mit Ende Dreißig alles in trockene Tücher bringen, endlich.
In solchen Situationen weiß ich sofort, was ich wollen soll, und was sich andere von mir wünschen. Endlich eine Familie gründen, endlich in festen Strukturen leben, ein kleines nettes Haus am Stadtrand bewohnen und die Kunst sein lassen. Endlich vernünftig und richtig erwachsen werden. Und in solchen Momenten weiß ich aber auch immer, was ich auf keinen Fall will. Ich möchte kein Reihenhaus haben, keine Kinder, keine Vollzeitstelle und auch keinen Ehemann.
Warum versteht das keiner, und wann kapiert es Ben? Schließlich mache ich ihm nichts vor, habe mit meiner Meinung nie hinter den Berg gehalten, und doch bleibt er bei mir und verlässt mich nicht. Dabei wäre es sicherlich gut, viel besser für ihn, eines Tages zu gehen, als irgendwann doch noch von mir verlassen zu werden.
Aber nein, er bleibt. Bleibt bei mir, umgarnt mich auch jetzt aus der weiten Ferne, liest mir alle Wünsche von den Augen ab und liebt. Liebt und hofft, dass ich meine Meinung eines Tages doch noch ändern werde, denn auf soviel Liebe würde ich ja wohl doch niemals verzichten können. Dabei wird mir immer mulmiger ums Herz. Einerseits. Andrerseits? Deshalb ist es nur gut, dass er für ein paar Monate weit weg ist, denn sonst müsste ich ja heute, wenn es nach ihm ginge, spätestens morgen schon wissen, was ich will. Nämlich ihn.
Aber so einfach ist es eben nicht ist. Da schwingen gerade noch so viele andere Sachen mit. Nicht nur das neue Jobangebot, das bald entschieden werden muss, nicht nur die neue Ausstellung und nicht nur Carl aus Köln, der für ein paar Wochen in der Stadt ist. Da gibt es auch noch die Untersuchung letzten Montag bei der Ärztin, deren Ergebnis noch aussteht. Manchmal will mir von dem Allen fast der Schädel platzen.
Ich weiß, was ich wollen soll, aber kann einfach ganz und gar nicht sagen, was ich will. Sorry, tut mir leid Ben, mein geduldiger, lieber Marathonmann.