Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Was soll ich wollen?
WIE
„Du musst dir noch etwas für deinen Geburtstag wünschen, meine Schwestern haben mich gefragt. Sie meinten, sie wüssten so gar nicht, was dir so gefällt.“
Weiter kommt Karin nicht, dann hört sie Hans schon laut seufzen: „Ok, was soll ich deiner Ansicht nach wollen?“, bemerkt er in leicht gestresster Tonlage.
„Na ja, wenn es geht, nichts aus dem Elektronikversand.“
Hans hat den reichlich abgegriffenen Katalog, den es zwar schon längst online gibt, immer noch in Griffweite liegen. „Du meinst also etwas, was deine Schwester gerne besorgen und mir gerne schenken würden.“
„Wenn es geht, ja.“
„Das ist das Problem“, bemerkt Hans kaum hörbar.
„Freust du dich denn gar nicht, wenn du ein Geschenk bekommst? Geschenke sind doch was Schönes.“
„Kommt drauf an.“
Hans möchte die bereits angekratzte Harmonie nicht weiter strapazieren, andererseits liegt ihm auf der Zunge, was ihm gerade durch den Kopf geht. Zum Beispiel die vielen Geschenke, bei denen er sich immer fragt, seid ihr sicher, dass mir das gefällt? Geschenke von Freundinnen, Kolleginnen, Mutter, Schwiegermutter, mit denen auch die Aufforderung verbunden zu sein scheint, so etwas könnte dir ruhig auch mal gefallen. Hinter wie vielen Geschenken verbergen sich nicht derartige Botschaften?
„Was hättest du denn gerne, was ich mir wünsche?“, wendet er sich an Karin, „vielleicht eine Sammlung von Badezusätzen oder ein selbstgemachtes Kräuterpesto? Vielleicht auch alternative Kaffeeprodukte, die zwar viele gesunde Stoffen beinhalten, außer dem einen, um den es geht, das Koffein?“ Er ist in seinen Ausführungen kaum noch zu bremsen. „Egal ob CDs, Bücher oder Schals, Mützen oder kleinere Einrichtungsaccessoires, sind die meisten nicht auch ein Hinweis darauf, mal was anderes zu probieren? Zum Beispiel kräftigere Farben und Muster als immer nur meine Lieblingsfarbe Grau? Ich aber frage mich, kann man etwas mögen lernen?“
Natürlich weiß Karin, dass Hans in dieser Hinsicht besonders vorbelastet ist, denn sie kennt das übergriffige Verhalten ihrer Schwiegermutter zu genüge. Sie besitzt selbst eine Reihe von ihren Geschenken, die tief in irgendwelchen Schränken vor sich hindümpeln. Weil auch Karin spürt, welche Botschaften ihre stilsichere Schwiegermutter darin versteckt, die in Kleider- wie in Einrichtungsfragen ihren eigenen Geschmack für unübertrefflich hält und bei Karin noch einigen Nachholbedarf sieht, ob es sich um Tischdecken, Tischdekoration, um Bezugstoffe oder Geschirr handelt.
„Vielleicht hast du ja noch einen Musikwunsch?“, versucht Karin ihm auf die Sprünge zu helfen.
Hans aber bemerkt, wie seine Unentschlossenheit zunimmt, die er nur zu genüge kennt, selbst in Situationen, in denen er für sich allein entscheiden kann. Bei einer Anschaffung können nach einem anfänglichen klaren Impuls immer mehr Zweifel aufkommen. Brauche ich das wirklich? Ist das nicht ein bisschen übertrieben? Ein wenig zu teuer? Ist es wirklich so praktisch, so abwechslungsreich, wie es scheint?Und dann ist ganz schnell wieder die Frage da, will ich das überhaupt oder was soll ich besser wollen? Vielleicht eine CD-Sammlung mit witzigen Sketchen, eine riesige Tüte Chips und ein Sixpack Pils dazu. Würde das dem kleinen Hans gefallen? Oder sollte er besser was anderes wollen?
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Was soll ich wollen?
WIE
„Du musst dir noch etwas für deinen Geburtstag wünschen, meine Schwestern haben mich gefragt. Sie meinten, sie wüssten so gar nicht, was dir so gefällt.“
Weiter kommt Karin nicht, dann hört sie Hans schon laut seufzen: „Ok, was soll ich deiner Ansicht nach wollen?“, bemerkt er in leicht gestresster Tonlage.
„Na ja, wenn es geht, nichts aus dem Elektronikversand.“
Hans hat den reichlich abgegriffenen Katalog, den es zwar schon längst online gibt, immer noch in Griffweite liegen. „Du meinst also etwas, was deine Schwester gerne besorgen und mir gerne schenken würden.“
„Wenn es geht, ja.“
„Das ist das Problem“, bemerkt Hans kaum hörbar.
„Freust du dich denn gar nicht, wenn du ein Geschenk bekommst? Geschenke sind doch was Schönes.“
„Kommt drauf an.“
Hans möchte die bereits angekratzte Harmonie nicht weiter strapazieren, andererseits liegt ihm auf der Zunge, was ihm gerade durch den Kopf geht. Zum Beispiel die vielen Geschenke, bei denen er sich immer fragt, seid ihr sicher, dass mir das gefällt? Geschenke von Freundinnen, Kolleginnen, Mutter, Schwiegermutter, mit denen auch die Aufforderung verbunden zu sein scheint, so etwas könnte dir ruhig auch mal gefallen. Hinter wie vielen Geschenken verbergen sich nicht derartige Botschaften?
„Was hättest du denn gerne, was ich mir wünsche?“, wendet er sich an Karin, „vielleicht eine Sammlung von Badezusätzen oder ein selbstgemachtes Kräuterpesto? Vielleicht auch alternative Kaffeeprodukte, die zwar viele gesunde Stoffen beinhalten, außer dem einen, um den es geht, das Koffein?“ Er ist in seinen Ausführungen kaum noch zu bremsen. „Egal ob CDs, Bücher oder Schals, Mützen oder kleinere Einrichtungsaccessoires, sind die meisten nicht auch ein Hinweis darauf, mal was anderes zu probieren? Zum Beispiel kräftigere Farben und Muster als immer nur meine Lieblingsfarbe Grau? Ich aber frage mich, kann man etwas mögen lernen?“
Natürlich weiß Karin, dass Hans in dieser Hinsicht besonders vorbelastet ist, denn sie kennt das übergriffige Verhalten ihrer Schwiegermutter zu genüge. Sie besitzt selbst eine Reihe von ihren Geschenken, die tief in irgendwelchen Schränken vor sich hindümpeln. Weil auch Karin spürt, welche Botschaften ihre stilsichere Schwiegermutter darin versteckt, die in Kleider- wie in Einrichtungsfragen ihren eigenen Geschmack für unübertrefflich hält und bei Karin noch einigen Nachholbedarf sieht, ob es sich um Tischdecken, Tischdekoration, um Bezugstoffe oder Geschirr handelt.
„Vielleicht hast du ja noch einen Musikwunsch?“, versucht Karin ihm auf die Sprünge zu helfen.
Hans aber bemerkt, wie seine Unentschlossenheit zunimmt, die er nur zu genüge kennt, selbst in Situationen, in denen er für sich allein entscheiden kann. Bei einer Anschaffung können nach einem anfänglichen klaren Impuls immer mehr Zweifel aufkommen. Brauche ich das wirklich? Ist das nicht ein bisschen übertrieben? Ein wenig zu teuer? Ist es wirklich so praktisch, so abwechslungsreich, wie es scheint?Und dann ist ganz schnell wieder die Frage da, will ich das überhaupt oder was soll ich besser wollen? Vielleicht eine CD-Sammlung mit witzigen Sketchen, eine riesige Tüte Chips und ein Sixpack Pils dazu. Würde das dem kleinen Hans gefallen? Oder sollte er besser was anderes wollen?