Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Warum nicht?
RAU
Draußen gießt es in Strömen, ach was, in Kübeln. Charlotte ist froh, eine Weile in der S-Bahn zu sitzen, zumal ihr das Treffen gleich mit ihrer Schwester etwas Sorgen macht.
„Ich freue mich immer über Regen, denn es regnet auch, wenn ich mich nicht freue. Hat Karl Valentin gesagt“, hört sie ihren Sitznachbarn zu seiner Begleitung sagen.
„Super Spruch“, sagt diese und lächelt den Mann derart an, dass Charlotte fast das Herz in die Hose rutscht. Menno, ist die verliebt, denkt sie und dann, warum auch nicht? Der Mann neben ihr würde ihr auch gefallen, wenn sie etliche Jahre jünger und auf der Suche wäre. Ist sie aber nicht, aber vielleicht bald oder irgendwann wieder? Wer weiß das schon, und die Augen offenhalten, kann ja nicht verkehrt sein. Warum nicht? Außerdem sind Beziehungen zu jüngeren Männern ja langsam auch immer mehr en vogue. Ihre Schwester würde natürlich nur die Augen verdrehen, dabei bräuchte sie es viel dringender bei ihrem unsäglichen Ehemann, den sie nun schon mehr als drei Jahrzehnten erträgt.
Aber an den mag sie jetzt wirklich nicht denken, sondern lieber noch ein wenig die Nähe zu ihrem Sitznachbarn und seiner verliebten Kollegin, Freundin oder Frau genießen. Nein, sie wirken noch nicht wie ein eingespieltes Paar, sind noch zu höflich, freundlich und umsichtig miteinander, sitzen sich gegenüber und wirken doch sehr zugewandt, als würde ein unsichtbares Band sie schon zueinander ziehen.
„Der Valentin war einfach ein Meister“, sagt er, „es gibt so alte Schwarzfilme von ihm, wie er mit Lisl Karstadt zusammen … also das war wirklich ein Dreamteam. Ich habe diese Filme geliebt, wenn ich bei meinen Großeltern war, haben sie mir immer welche vorgespielt.“
Wie schön doch so ein Kennenlernen und eine Anfangsphase ist, das hat sie beinahe schon vergessen. Plötzlich wird ihr ganz warm ums Herz und auch im ganzen Körper, fast möchte sie ihren Mantel ausziehen, dann würde ihr der Mann vielleicht sogar dabei helfen?
„Entschuldigen Sie, wenn ich gerade zugehört habe, aber der Spruch mit dem Regen, der ist einfach ziemlich genial. So durchs Leben zu gehen, das ist’s. Und ehrlich gesagt, hatte ich den Valentin auch schon ganz vergessen bis gerade eben. Also ein doppeltes Dankeschön.“
„Da nicht für, sagt der Mann und sieht sie an, „den Firmling oder die Szene im Gasthaus über die Semmelknödel kennen sie auch?“ fragt er mit einem Lächeln, dass sie fast umhaut.
„Ja, natürlich, meine Eltern und Großeltern haben in München gelebt und ihn noch selbst erlebt, den Valentin.“
„Nein wirklich? Krass, schade, dass wir an der nächsten Station schon aussteigen, sonst könnten wir noch weiter quatschen, über Valentin“, sagt er so offen und zugewandt, dass sie am liebsten mit aussteigen möchte. „Ja, wirklich schade“, antwortet sie und muss sich regelrecht zusammenreißen, ihm nicht zulange in die Augen zu sehen.
„Vielleicht laufen wir uns ja mal wieder über den Weg, tschüss auch“, sagt er und steht schon auf.
Ja, warum nicht, denkt sie und lächelt, dass wäre doch ziemlich prima.
„Einen schönen Tag noch“, ruft sie und sieht den beiden noch länger auf dem Bahnsteig nach. Träumen darf man ja noch.
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Warum nicht?
RAU
Draußen gießt es in Strömen, ach was, in Kübeln. Charlotte ist froh, eine Weile in der S-Bahn zu sitzen, zumal ihr das Treffen gleich mit ihrer Schwester etwas Sorgen macht.
„Ich freue mich immer über Regen, denn es regnet auch, wenn ich mich nicht freue. Hat Karl Valentin gesagt“, hört sie ihren Sitznachbarn zu seiner Begleitung sagen.
„Super Spruch“, sagt diese und lächelt den Mann derart an, dass Charlotte fast das Herz in die Hose rutscht. Menno, ist die verliebt, denkt sie und dann, warum auch nicht? Der Mann neben ihr würde ihr auch gefallen, wenn sie etliche Jahre jünger und auf der Suche wäre. Ist sie aber nicht, aber vielleicht bald oder irgendwann wieder? Wer weiß das schon, und die Augen offenhalten, kann ja nicht verkehrt sein. Warum nicht? Außerdem sind Beziehungen zu jüngeren Männern ja langsam auch immer mehr en vogue. Ihre Schwester würde natürlich nur die Augen verdrehen, dabei bräuchte sie es viel dringender bei ihrem unsäglichen Ehemann, den sie nun schon mehr als drei Jahrzehnten erträgt.
Aber an den mag sie jetzt wirklich nicht denken, sondern lieber noch ein wenig die Nähe zu ihrem Sitznachbarn und seiner verliebten Kollegin, Freundin oder Frau genießen. Nein, sie wirken noch nicht wie ein eingespieltes Paar, sind noch zu höflich, freundlich und umsichtig miteinander, sitzen sich gegenüber und wirken doch sehr zugewandt, als würde ein unsichtbares Band sie schon zueinander ziehen.
„Der Valentin war einfach ein Meister“, sagt er, „es gibt so alte Schwarzfilme von ihm, wie er mit Lisl Karstadt zusammen … also das war wirklich ein Dreamteam. Ich habe diese Filme geliebt, wenn ich bei meinen Großeltern war, haben sie mir immer welche vorgespielt.“
Wie schön doch so ein Kennenlernen und eine Anfangsphase ist, das hat sie beinahe schon vergessen. Plötzlich wird ihr ganz warm ums Herz und auch im ganzen Körper, fast möchte sie ihren Mantel ausziehen, dann würde ihr der Mann vielleicht sogar dabei helfen?
„Entschuldigen Sie, wenn ich gerade zugehört habe, aber der Spruch mit dem Regen, der ist einfach ziemlich genial. So durchs Leben zu gehen, das ist’s. Und ehrlich gesagt, hatte ich den Valentin auch schon ganz vergessen bis gerade eben. Also ein doppeltes Dankeschön.“
„Da nicht für, sagt der Mann und sieht sie an, „den Firmling oder die Szene im Gasthaus über die Semmelknödel kennen sie auch?“ fragt er mit einem Lächeln, dass sie fast umhaut.
„Ja, natürlich, meine Eltern und Großeltern haben in München gelebt und ihn noch selbst erlebt, den Valentin.“
„Nein wirklich? Krass, schade, dass wir an der nächsten Station schon aussteigen, sonst könnten wir noch weiter quatschen, über Valentin“, sagt er so offen und zugewandt, dass sie am liebsten mit aussteigen möchte. „Ja, wirklich schade“, antwortet sie und muss sich regelrecht zusammenreißen, ihm nicht zulange in die Augen zu sehen.
„Vielleicht laufen wir uns ja mal wieder über den Weg, tschüss auch“, sagt er und steht schon auf.
Ja, warum nicht, denkt sie und lächelt, dass wäre doch ziemlich prima.
„Einen schönen Tag noch“, ruft sie und sieht den beiden noch länger auf dem Bahnsteig nach. Träumen darf man ja noch.