Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Vorsicht, zerbrechlich
RAU
Aufpassen, einfach aufpassen mit Allem, was zu schwer ist und zu hart, zu spitz und zu gewaltig und in der Summe von Allem zu viel. Du weißt doch, dass du vorsichtig sein musst.
Hast dich noch nicht so wirklich daran gewöhnt, ok. Klar ist es ärgerlich und nervtötend, manchmal möchtest du das auch alles einfach vergessen, diese ständige Rücksichtnahme, dieses Aufpassen, und einfach wieder nur leben in vollen Zügen. Volle Kanne Leben, wie gerne wäre dies dein Lebensmotto. Aber nein, das geht eben nicht mehr, und das weißt du auch.
Dabei kannst du froh und stolz sein, dass du relativ schnell gelernt hast, auf dich aufzupassen. Und auch akzeptierst, dass es anders nicht mehr gehen wird. Brauchst einfach nur die richtige Umgebung und Lebensumstände, sonst, ja sonst zerbricht wieder ganz viel in dir, und das will niemand, als allerletzte du. Das weißt du doch noch vom letzten Mal.
Ich weiß, dass Du nicht gerne an diese Zeiten davor erinnert werden möchtest, als jeden Abend mindestens fünfundsiebzig Tabs noch geöffnet und unbearbeitet in deinem Hirn umhergeschwirrt sind, und dein Körper oder deine Seele lautstark Halt gerufen haben. Burnout heißt es heute, drei Monate warst du in der Klinik und über ein halbes Jahr konntest du nicht mehr in deinen Job zurück. „Vorsicht, zerbrechlich, steht bei mir jetzt drauf“, hast du scherzhaft gemeint, als Franz dich aus der Klinik abgeholt hat und auf einmal nicht so recht wusste, wie fest er dich in den Arm nehmen soll.
Etwas über ein Jahr ist das jetzt her, und du machst es doch gut seither. Franz und die drei Jungs passen auch mit auf dich auf, was dir gar nicht immer recht ist. Aber der Schock von damals sitzt noch bei allen tief, als sie dich vollkommen apathisch auf dem Küchenboden haben liegen sehen und sofort den Notarzt gerufen haben.
Jetzt ist alles soweit wieder gut, du musst nur ein bisschen auf dich aufpassen. Und denke daran, Dir ein neues Rezept zu besorgen, so viele Tabletten sind nicht mehr in der Schachtel, und ohne die geht es leider nicht. Es war nicht deine Schuld, wirklich nicht, aber wann fragt das Schicksal schon, ob es zuschlagen darf?
Ich verstehe, dass es dir nicht leicht fällt auf so manches zu verzichten, was jetzt vielleicht gerade angesagt wäre. In deinem Alter sowieso und mit deinen Interessen, Fähigkeiten und Begabungen. Aber du weißt ja, was dann passieren kann. Schön langsam, eins nach dem anderen und auf keinen Fall zu viel. Bitte sei geduldig und lieb zu dir und nimm dich endlich ernst. Und meinst du nicht, dass es viel Schlimmeres gibt? Nicht mehr sehen zu können zum Beispiel oder nicht sprechen oder gehen zu können? Da hast du es doch noch verhältnismäßig gut, wirfst morgens und abends eine kleine weiße Tablette ein und passt einfach auf dich auf, schulterst nicht zu viel und sagst öfter nein. Bist so kostbar wie edles Porzellan, da passt das mit der Vorsicht doch bestens.
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Vorsicht, zerbrechlich
RAU
Aufpassen, einfach aufpassen mit Allem, was zu schwer ist und zu hart, zu spitz und zu gewaltig und in der Summe von Allem zu viel. Du weißt doch, dass du vorsichtig sein musst.
Hast dich noch nicht so wirklich daran gewöhnt, ok. Klar ist es ärgerlich und nervtötend, manchmal möchtest du das auch alles einfach vergessen, diese ständige Rücksichtnahme, dieses Aufpassen, und einfach wieder nur leben in vollen Zügen. Volle Kanne Leben, wie gerne wäre dies dein Lebensmotto. Aber nein, das geht eben nicht mehr, und das weißt du auch.
Dabei kannst du froh und stolz sein, dass du relativ schnell gelernt hast, auf dich aufzupassen. Und auch akzeptierst, dass es anders nicht mehr gehen wird. Brauchst einfach nur die richtige Umgebung und Lebensumstände, sonst, ja sonst zerbricht wieder ganz viel in dir, und das will niemand, als allerletzte du. Das weißt du doch noch vom letzten Mal.
Ich weiß, dass Du nicht gerne an diese Zeiten davor erinnert werden möchtest, als jeden Abend mindestens fünfundsiebzig Tabs noch geöffnet und unbearbeitet in deinem Hirn umhergeschwirrt sind, und dein Körper oder deine Seele lautstark Halt gerufen haben. Burnout heißt es heute, drei Monate warst du in der Klinik und über ein halbes Jahr konntest du nicht mehr in deinen Job zurück. „Vorsicht, zerbrechlich, steht bei mir jetzt drauf“, hast du scherzhaft gemeint, als Franz dich aus der Klinik abgeholt hat und auf einmal nicht so recht wusste, wie fest er dich in den Arm nehmen soll.
Etwas über ein Jahr ist das jetzt her, und du machst es doch gut seither. Franz und die drei Jungs passen auch mit auf dich auf, was dir gar nicht immer recht ist. Aber der Schock von damals sitzt noch bei allen tief, als sie dich vollkommen apathisch auf dem Küchenboden haben liegen sehen und sofort den Notarzt gerufen haben.
Jetzt ist alles soweit wieder gut, du musst nur ein bisschen auf dich aufpassen. Und denke daran, Dir ein neues Rezept zu besorgen, so viele Tabletten sind nicht mehr in der Schachtel, und ohne die geht es leider nicht. Es war nicht deine Schuld, wirklich nicht, aber wann fragt das Schicksal schon, ob es zuschlagen darf?
Ich verstehe, dass es dir nicht leicht fällt auf so manches zu verzichten, was jetzt vielleicht gerade angesagt wäre. In deinem Alter sowieso und mit deinen Interessen, Fähigkeiten und Begabungen. Aber du weißt ja, was dann passieren kann. Schön langsam, eins nach dem anderen und auf keinen Fall zu viel. Bitte sei geduldig und lieb zu dir und nimm dich endlich ernst. Und meinst du nicht, dass es viel Schlimmeres gibt? Nicht mehr sehen zu können zum Beispiel oder nicht sprechen oder gehen zu können? Da hast du es doch noch verhältnismäßig gut, wirfst morgens und abends eine kleine weiße Tablette ein und passt einfach auf dich auf, schulterst nicht zu viel und sagst öfter nein. Bist so kostbar wie edles Porzellan, da passt das mit der Vorsicht doch bestens.