Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Leichte Kost
WIE
„Und wie fandet ihr den Film?“
Von genau dieser Frage leben Weinkneipen und Restaurants in fußläufiger Nähe zu Programmkinos. Die sich anschließenden Diskussionen, der Austausch über die unterschiedlichen Filmerlebnisse lassen sich bei einem leichten Salat oder einem mächtigen Gyrosteller gut besprechen.
Sicherlich gibt es auch die wenigen Fälle, in denen man sich in der Filmbeurteilung einig ist, ob ein Film ganz hervorragend oder aber unmöglich war. Das macht die anschließende Betrachtung aber nicht überflüssig. Lenkt das Gespräch vielleicht nur schneller auf die Frage, ob ein leichter Salatteller am Abend vielleicht besser ist als Fleisch und fettige Fritten.
Doch meistens besteht nicht so schnell Einigkeit bei der Frage, wie schwer, wie ernst, wie brutal ein Film sein sollte, oder es auch das Recht auf eher leichte Kost gibt. Denn das Zugeständnis an schwierige und harte Filmgeschichten und die Grenzen des Zumutbaren fallen bei jedem anders aus. Nicht allein zwischen Männer und Frauen bestehen da unterschiedliche Schmerzgrenzen.
Um dann gleichzeitig festzustellen, dass der Wunsch nach einer gewissen Leichtigkeit nicht überall auf Akzeptanz stößt. Wer sich zu seinem Anspruch auf Unterhaltung und Zerstreuung bekennt, muss damit rechnen, von kritischen Zeitgeistern eine gewisse Oberflächlichkeit nachgesagt zu bekommen. Leichte Kost, nur etwas Leichtes, bei der Essenbestellung hoch angesehen, bei der Filmauswahl und -kritik eher ein No-Go. Leichte Kost, das ist womöglich voraussehbares, berechenbares, klischeehaftes Kino, das sich mit einem Happy-End einschmeichelt.
Die Argumentationen mal für das eine wie für das andere sind vielseitig, Floskeln plätschern auf beiden Seiten nur so dahin:
„Das Leben ist hart genug da draußen, der Zustand der Welt alles andere problemlos. Wenn ich schon ins Kino gehe, will ich nicht auch noch mit all dem Übel konfrontiert werden müssen.“
„Man darf doch nicht die Augen verschließen vor einer hochaktuellen Problematik, wie wichtig ist es doch, dass diese viel zu lang verschwiegene und verleugnete Thematik endlich mal thematisiert wird.“
Aber letztlich hält jeder an seinen Vorlieben fest. Dem Recht auf Unbekümmertheit, Leichtigkeit und Sorglosigkeit genauso wie der Notwendigkeit, sich dem Schwierigen und Unangenehmen zu stellen. Bleibt vielleicht noch die Tagesverfassung oder die sonstige, private Situation als Rechtfertigung. Nach einer äußerst anstrengenden Woche, nach einem Todesfall in der näheren Umgebung, nach einer Trennung lassen sich Zerstreuung und Distanz besser rechtfertigen. Wer aber zuhause hinter Bergen von Büchern und Zeitschriften mit der katastrophalen Weltlage beschäftigt ist, findet es gut, endlich mal in einem ausverkauften Kino die Bestätigung dafür zu finden, dass es fünf nach zwölf ist, und es alle anderen jetzt auch endlich mal einsehen sollten.
Alles etwas schwierig für kurzgefasste Filmkritiken, die ein möglichst breites Publikum ins Kino locken sollen. Hier müssen beide Bedürfnisse irgendwie in zusammengebracht werden. Dann heißt es: „Zwar keine leichte Kost, aber äußerst sehenswert, und vor allem die schauspielerische Leistung und die hervorragend in Szene gesetzten Bilder überzeugen. Also trotz schwerer Thematik ein durchaus kineastisches Vergnügen.“ Oder umkehrt: „Eine gute Unterhaltungskomödie sollte einen durchaus ernsten Hintergrund haben, uns so vielleicht die Vision einer besseren Welt als Lichtblick am Horizont einer reinen apokalyptischen Dystopie entgegenhalten.“
Nicht immer einfach schon bei der Auswahl eines Films für einen gemeinsamen Kinoabend. Doch sich deswegen aufzuteilen und jeweils einen anderen Film anschauen, wie es in einem dieser Kinotempel durchaus möglich wäre, ist auch keine Lösung. Bei der anschließenden Nachbesprechung beim Italiener dürfte dabei der Gesprächsstoff schnell ausgehen oder aber schnell andere private Zwistigkeiten zur Sprache kommen. Dann doch lieber die unterschiedlichen Einstellungen zur leichten Kost beim selben Film diskutieren.
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Leichte Kost
WIE
„Und wie fandet ihr den Film?“
Von genau dieser Frage leben Weinkneipen und Restaurants in fußläufiger Nähe zu Programmkinos. Die sich anschließenden Diskussionen, der Austausch über die unterschiedlichen Filmerlebnisse lassen sich bei einem leichten Salat oder einem mächtigen Gyrosteller gut besprechen.
Sicherlich gibt es auch die wenigen Fälle, in denen man sich in der Filmbeurteilung einig ist, ob ein Film ganz hervorragend oder aber unmöglich war. Das macht die anschließende Betrachtung aber nicht überflüssig. Lenkt das Gespräch vielleicht nur schneller auf die Frage, ob ein leichter Salatteller am Abend vielleicht besser ist als Fleisch und fettige Fritten.
Doch meistens besteht nicht so schnell Einigkeit bei der Frage, wie schwer, wie ernst, wie brutal ein Film sein sollte, oder es auch das Recht auf eher leichte Kost gibt. Denn das Zugeständnis an schwierige und harte Filmgeschichten und die Grenzen des Zumutbaren fallen bei jedem anders aus. Nicht allein zwischen Männer und Frauen bestehen da unterschiedliche Schmerzgrenzen.
Um dann gleichzeitig festzustellen, dass der Wunsch nach einer gewissen Leichtigkeit nicht überall auf Akzeptanz stößt. Wer sich zu seinem Anspruch auf Unterhaltung und Zerstreuung bekennt, muss damit rechnen, von kritischen Zeitgeistern eine gewisse Oberflächlichkeit nachgesagt zu bekommen. Leichte Kost, nur etwas Leichtes, bei der Essenbestellung hoch angesehen, bei der Filmauswahl und -kritik eher ein No-Go. Leichte Kost, das ist womöglich voraussehbares, berechenbares, klischeehaftes Kino, das sich mit einem Happy-End einschmeichelt.
Die Argumentationen mal für das eine wie für das andere sind vielseitig, Floskeln plätschern auf beiden Seiten nur so dahin:
„Das Leben ist hart genug da draußen, der Zustand der Welt alles andere problemlos. Wenn ich schon ins Kino gehe, will ich nicht auch noch mit all dem Übel konfrontiert werden müssen.“
„Man darf doch nicht die Augen verschließen vor einer hochaktuellen Problematik, wie wichtig ist es doch, dass diese viel zu lang verschwiegene und verleugnete Thematik endlich mal thematisiert wird.“
Aber letztlich hält jeder an seinen Vorlieben fest. Dem Recht auf Unbekümmertheit, Leichtigkeit und Sorglosigkeit genauso wie der Notwendigkeit, sich dem Schwierigen und Unangenehmen zu stellen. Bleibt vielleicht noch die Tagesverfassung oder die sonstige, private Situation als Rechtfertigung. Nach einer äußerst anstrengenden Woche, nach einem Todesfall in der näheren Umgebung, nach einer Trennung lassen sich Zerstreuung und Distanz besser rechtfertigen. Wer aber zuhause hinter Bergen von Büchern und Zeitschriften mit der katastrophalen Weltlage beschäftigt ist, findet es gut, endlich mal in einem ausverkauften Kino die Bestätigung dafür zu finden, dass es fünf nach zwölf ist, und es alle anderen jetzt auch endlich mal einsehen sollten.
Alles etwas schwierig für kurzgefasste Filmkritiken, die ein möglichst breites Publikum ins Kino locken sollen. Hier müssen beide Bedürfnisse irgendwie in zusammengebracht werden. Dann heißt es: „Zwar keine leichte Kost, aber äußerst sehenswert, und vor allem die schauspielerische Leistung und die hervorragend in Szene gesetzten Bilder überzeugen. Also trotz schwerer Thematik ein durchaus kineastisches Vergnügen.“ Oder umkehrt: „Eine gute Unterhaltungskomödie sollte einen durchaus ernsten Hintergrund haben, uns so vielleicht die Vision einer besseren Welt als Lichtblick am Horizont einer reinen apokalyptischen Dystopie entgegenhalten.“
Nicht immer einfach schon bei der Auswahl eines Films für einen gemeinsamen Kinoabend. Doch sich deswegen aufzuteilen und jeweils einen anderen Film anschauen, wie es in einem dieser Kinotempel durchaus möglich wäre, ist auch keine Lösung. Bei der anschließenden Nachbesprechung beim Italiener dürfte dabei der Gesprächsstoff schnell ausgehen oder aber schnell andere private Zwistigkeiten zur Sprache kommen. Dann doch lieber die unterschiedlichen Einstellungen zur leichten Kost beim selben Film diskutieren.