Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Trödelmarkt
WIE
„Hast Du Lust heute mitzukommen, in der Rheinaue ist Trödelmarkt. Der erste in diesem Jahr.“
„Bist du des Wahnsinns, Trödelmarkt, niemals! Wenn ich eines genau weiß, Trödelmärkte sind nichts für mich.“
Faszinierend, wie manche Menschen angezogen und andere regelrecht abgestoßen werden. Trödelmärkte sind gut funktionierende Filter ohne umständliche Befragungen mit Käufern und Kunden durchführen zu müssen. Marketingexperten, Politiker, Sozialpsychologen müssten es eigentlich toll finden, diese unterschiedlichen Meinungen kurz vor den Eingängen des Trödelmarktes abrufen zu können. Aber was macht diese Verschiedenheiten aus? Sind vielleicht genau hier die Menschen, die sich als Außenseiter, Einzelgänger, Tüftler, Sammler, Spinner empfinden? Die sich auf dem Markt all der Einzelgänger zusammenfinden, sich auf engstem Raum unter Gleichgesinnten fühlen und hier sogar in der in Überzahl sind, während sie zu Hause, im eigenen Viertel, in der Unterzahl bleiben?
Und die Anderen? Diejenigen, die auf Trödelmärkten verzweifeln? Weil dort doch nur die Ansammlung aller menschlichen Schwächen zum Vorschein kommt. Weil dort alle Probleme eines jeden Haushaltes wiederzufinden sind, wie man sie selber kennt. Weil es nahezu immer die gleichen Dinge des täglichen Lebens sind, die nicht kaputt gehen, die dann aber doch stören und die man loswerden will. Zum Beispiel Fitness- und Sportgeräte, die als Wundermittel der Kalorienverbrennungen angepriesen wurden und ihren Reiz schnell wieder verlieren. Dinge, an denen die Vergänglichkeit guter Vorsätze und modischer Geschmacksverirrungen wiederzufinden sind. Was einst Mode war, unentbehrlich schien und es dann nach kurzer Zeit doch nicht mehr ist. Diese Ansammlungen wertloser Alltäglichkeit. Für die einen ein Gräuel, für die Anderen nur Randerscheinung, Staffage und Gestrüpp, unter dessen Dickicht sich die wahren Schätze verbergen.
Denn für sie ist der Besuch von Trödelmärkten von einem ganz anderen Jagdinstinkt geprägt. Der unerklärlichen Intuition, an genau einem Stand fündig zu werden, in dessen Ansammlung bestimmte Dinge verborgen sein könnten. Dieser undefinierbare Algorithmus, über den erfahrene Trödelsucher verfügen und den Trödelgegner nie verstehen werden. Wieso bestimmte Verkäufertypen einen zum Stehenbleiben veranlassen, wieso zwei, drei Artikel auf einem Tapeziertisch Grund genug sind, endlos lange in weiteren Kartons unter dem Tisch zu kramen. Vielleicht findet sich hier das letzte noch fehlende Prunkstück für die eigene Sammlung?
Diese nicht zu benennenden Überzeugungen, denen man folgt, weil man die Erfolgsaussicht spürt und an anderen Stellen sofort die Aussichtslosigkeit sieht. Diese Vision, eine echte Rarität zu finden, während alle anderen es achtlos ignorieren. Diese Vorstellung, Nachbauten und Fälschungen sofort zu erkennen, den bloßen Schein vom Original unterscheiden zu können. All diese geheimnisvollen Kompetenzen, die sich in keinem Studium, in keiner Ausbildung finden lassen und die dennoch das Gefühl geben, auf seinem Gebiet eine Koryphäe zu sein.
Doch selbst der Fund eines Schatzes, mit dem man für immer ausgesorgt hätte, wäre kein Grund, alle Trödelmärkte von nun an links liegen zu lassen und sich dem Nichtstun hinzugeben. Der Jagdinstinkt holt einen immer wieder zurück. Nein, bestimmte Reviere, in denen man fündig wurde, überlässt man niemals der Konkurrenz.
Darum gibt es auf Trödelmärkten dieses stille Einvernehmen, dieses Gefühl des möglichen Reichtums trotz der knappen Finanzen, das die Außenseiter vereint. Diese Überzeugung, dennoch an den Mächten und Mechanismen eines Marktes mitzumischen. Wenn es auch nicht die Frankfurter oder New Yorker Börse ist, so ist es doch ein riesiger Markt. Einer mit ganz eigenen Gesetzen. Die man kennen muss. Dieses Gefühl erklärt vielleicht das Marktgeschehen auf vielen, noch so ärmlichen Märkten auf der ganzen Welt recht gut.
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Trödelmarkt
WIE
„Hast Du Lust heute mitzukommen, in der Rheinaue ist Trödelmarkt. Der erste in diesem Jahr.“
„Bist du des Wahnsinns, Trödelmarkt, niemals! Wenn ich eines genau weiß, Trödelmärkte sind nichts für mich.“
Faszinierend, wie manche Menschen angezogen und andere regelrecht abgestoßen werden. Trödelmärkte sind gut funktionierende Filter ohne umständliche Befragungen mit Käufern und Kunden durchführen zu müssen. Marketingexperten, Politiker, Sozialpsychologen müssten es eigentlich toll finden, diese unterschiedlichen Meinungen kurz vor den Eingängen des Trödelmarktes abrufen zu können. Aber was macht diese Verschiedenheiten aus? Sind vielleicht genau hier die Menschen, die sich als Außenseiter, Einzelgänger, Tüftler, Sammler, Spinner empfinden? Die sich auf dem Markt all der Einzelgänger zusammenfinden, sich auf engstem Raum unter Gleichgesinnten fühlen und hier sogar in der in Überzahl sind, während sie zu Hause, im eigenen Viertel, in der Unterzahl bleiben?
Und die Anderen? Diejenigen, die auf Trödelmärkten verzweifeln? Weil dort doch nur die Ansammlung aller menschlichen Schwächen zum Vorschein kommt. Weil dort alle Probleme eines jeden Haushaltes wiederzufinden sind, wie man sie selber kennt. Weil es nahezu immer die gleichen Dinge des täglichen Lebens sind, die nicht kaputt gehen, die dann aber doch stören und die man loswerden will. Zum Beispiel Fitness- und Sportgeräte, die als Wundermittel der Kalorienverbrennungen angepriesen wurden und ihren Reiz schnell wieder verlieren. Dinge, an denen die Vergänglichkeit guter Vorsätze und modischer Geschmacksverirrungen wiederzufinden sind. Was einst Mode war, unentbehrlich schien und es dann nach kurzer Zeit doch nicht mehr ist. Diese Ansammlungen wertloser Alltäglichkeit. Für die einen ein Gräuel, für die Anderen nur Randerscheinung, Staffage und Gestrüpp, unter dessen Dickicht sich die wahren Schätze verbergen.
Denn für sie ist der Besuch von Trödelmärkten von einem ganz anderen Jagdinstinkt geprägt. Der unerklärlichen Intuition, an genau einem Stand fündig zu werden, in dessen Ansammlung bestimmte Dinge verborgen sein könnten. Dieser undefinierbare Algorithmus, über den erfahrene Trödelsucher verfügen und den Trödelgegner nie verstehen werden. Wieso bestimmte Verkäufertypen einen zum Stehenbleiben veranlassen, wieso zwei, drei Artikel auf einem Tapeziertisch Grund genug sind, endlos lange in weiteren Kartons unter dem Tisch zu kramen. Vielleicht findet sich hier das letzte noch fehlende Prunkstück für die eigene Sammlung?
Diese nicht zu benennenden Überzeugungen, denen man folgt, weil man die Erfolgsaussicht spürt und an anderen Stellen sofort die Aussichtslosigkeit sieht. Diese Vision, eine echte Rarität zu finden, während alle anderen es achtlos ignorieren. Diese Vorstellung, Nachbauten und Fälschungen sofort zu erkennen, den bloßen Schein vom Original unterscheiden zu können. All diese geheimnisvollen Kompetenzen, die sich in keinem Studium, in keiner Ausbildung finden lassen und die dennoch das Gefühl geben, auf seinem Gebiet eine Koryphäe zu sein.
Doch selbst der Fund eines Schatzes, mit dem man für immer ausgesorgt hätte, wäre kein Grund, alle Trödelmärkte von nun an links liegen zu lassen und sich dem Nichtstun hinzugeben. Der Jagdinstinkt holt einen immer wieder zurück. Nein, bestimmte Reviere, in denen man fündig wurde, überlässt man niemals der Konkurrenz.
Darum gibt es auf Trödelmärkten dieses stille Einvernehmen, dieses Gefühl des möglichen Reichtums trotz der knappen Finanzen, das die Außenseiter vereint. Diese Überzeugung, dennoch an den Mächten und Mechanismen eines Marktes mitzumischen. Wenn es auch nicht die Frankfurter oder New Yorker Börse ist, so ist es doch ein riesiger Markt. Einer mit ganz eigenen Gesetzen. Die man kennen muss. Dieses Gefühl erklärt vielleicht das Marktgeschehen auf vielen, noch so ärmlichen Märkten auf der ganzen Welt recht gut.