Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Technik
RAU
„Ich sage dir, mein Robbie ist 'ne Wucht.“
„Dein Wer?“ Kerstin hat wieder überhaupt nicht zugehört, sondern weiter auf ihrem Smartphone gescrollt.
„Na mein neuer Staubsauger. Wie der durch die Wohnung flitzt, alles sieht und mitnimmt, Meldung macht, wenn er fertig ist. Allererste Sahne.“
Mühelos könnte ich meiner Freundin noch länger von meiner neuen Anschaffung vorschwärmen, aber sie scheint nicht sonderlich interessiert zu sein.
„Sagen ja jetzt Einige, der von Aldi oder der von Vorwerk?“, fragt sie und hebt tatsächlich den Blick.
Ich sehe sie einigermassen vorwurfsvoll an.
"Also der von Vorwerk", sagt sie, "die nennen ihren aber Kobold.“ Kerstin weiss zweifellos viel, muss aber als Lehrerin ständig verbessern und Recht haben, doch daran bin ich gewöhnt.
„Ich bitte dich, ein bisschen Individualität will schon noch sein. Und ich sage dir, das Beste, das ultimativ Beste ist der Moment, wenn sein Akku leer ist, ich ihn hochhebe, aufmache, den kleinen, durchsichtigen Kunststoffkasten rausnehme und sehe, was er wieder alles zusammengetragen hat. Soviel Staub und Dreck aber auch, kaum zu glauben.
„Typischer Windeleffekt“, grinst Kerstin nahezu besserwisserisch.
„Ist mir sowas von egal, wie du das nennst, weil ich es einfach richtig toll finde und jedes Mal fast ein wenig glücklich bin, dass mir endlich mal jemand ganz selbstverständlich und ohne Murren etwas abnimmt und erledigt.“
„Du hörst dir schon noch selber zu und kriegst mit, was du grade sagst?“, fragt sie und sieht mich dabei ein wenig entgeistert an.
„Du hast gut reden, du hast deinen Bernd und kannst mich gar nicht verstehen“, sage ich leicht schnippisch, obwohl ich weiß, dass die beiden es schon länger nicht mehr richtig gut miteinander haben.
„Der am Wochenende leider wieder nur am Schreibtisch gesessen ist …“
„ … und mal wieder kein Wort mit dir geredet hat?“, beende ich ihren Satz.
Endlich legt Kerstin ihr Smartphone aus der Hand, nimmt sich einen Schluck vom Gin Tonic und lehnt sich zurück, ihre beiden senkrechten Stirnfalten liegen wie eingemeißelt in ihrem fast noch faltenfreien Gesicht.
„Zum Schluss funktionierte noch nicht einmal mehr das Wlan oder war es eigentlich der Anfang von Allem? Ich weiß es nicht mehr, verstehe ja davon auch fast nichts und will es auch nicht. Nichts ging mehr, kein Radio, keine Musik, keine Tagesschau, keine Mediathek, kein Online-Banking, kein Sky für seinen Sport, absolut nichts mehr ging. Und Bernds Laune war natürlich im Keller. Nur das Telefon funktionierte noch, und mit dem hing er in der Warteschleife und bekam nach einer gefühlten Ewigkeit endlich eine Antwort: Störung im Netz. Ein Desaster. Und Bernds Laune ging noch weiter herunter. Ich fand die Ruhe ja eigentlich ganz schön, aber seine Miesepetrigkeit war nicht zum Aushalten.“
„Zuviel Ruhe ist nichts mehr für mich, sie macht mich fertig, dann wird mir klar, wie alleine ich oft bin“, sage ich nach einer Weile und bin über meine Ehrlichkeit überrascht.
„Deshalb hast du ja jetzt ihn.“ Kerstins Hände formen etwas Kleines, Rundes.
„Manchmal spreche ich sogar mit ihm, stell dir das mal vor, spinne ich jetzt?“, gestehe ich.
„Robbie ist also dein neuer Mitbewohner?“, meint sie recht süffisant.
„Mein Hund oder Kater oder Wellensittich, was weiß ich, das ist doch komplett absurd.“
„Immerhin wirst du später keine Schwierigkeiten haben, wenn dich im Heim der Roboter fragen wird, was du essen oder spielen möchtest.“
„Wenn er eine nette Stimme hat?“, sage ich.
„Und dich mit netten Kugelaugen von seinem Display anlächelt?“
„Und mein lieber Robbie macht dann immer noch sauber. Nur für den Fall, dass du Bernd eines Tages nicht mehr ertragen solltest, können wir uns ja vorne im neuen Seniorenheim anmelden, was meinst du?“ frage ich.
„Warum nicht? Mit deiner Technikerfahrung? Wenn es dann mal hoffentlich niemals mehr ein Problem mit dem Wlan geben wird“, grinst mich meine Freundin an.
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RAU
„Ich sage dir, mein Robbie ist 'ne Wucht.“
„Dein Wer?“ Kerstin hat wieder überhaupt nicht zugehört, sondern weiter auf ihrem Smartphone gescrollt.
„Na mein neuer Staubsauger. Wie der durch die Wohnung flitzt, alles sieht und mitnimmt, Meldung macht, wenn er fertig ist. Allererste Sahne.“
Mühelos könnte ich meiner Freundin noch länger von meiner neuen Anschaffung vorschwärmen, aber sie scheint nicht sonderlich interessiert zu sein.
„Sagen ja jetzt Einige, der von Aldi oder der von Vorwerk?“, fragt sie und hebt tatsächlich den Blick.
Ich sehe sie einigermassen vorwurfsvoll an.
"Also der von Vorwerk", sagt sie, "die nennen ihren aber Kobold.“ Kerstin weiss zweifellos viel, muss aber als Lehrerin ständig verbessern und Recht haben, doch daran bin ich gewöhnt.
„Ich bitte dich, ein bisschen Individualität will schon noch sein. Und ich sage dir, das Beste, das ultimativ Beste ist der Moment, wenn sein Akku leer ist, ich ihn hochhebe, aufmache, den kleinen, durchsichtigen Kunststoffkasten rausnehme und sehe, was er wieder alles zusammengetragen hat. Soviel Staub und Dreck aber auch, kaum zu glauben.
„Typischer Windeleffekt“, grinst Kerstin nahezu besserwisserisch.
„Ist mir sowas von egal, wie du das nennst, weil ich es einfach richtig toll finde und jedes Mal fast ein wenig glücklich bin, dass mir endlich mal jemand ganz selbstverständlich und ohne Murren etwas abnimmt und erledigt.“
„Du hörst dir schon noch selber zu und kriegst mit, was du grade sagst?“, fragt sie und sieht mich dabei ein wenig entgeistert an.
„Du hast gut reden, du hast deinen Bernd und kannst mich gar nicht verstehen“, sage ich leicht schnippisch, obwohl ich weiß, dass die beiden es schon länger nicht mehr richtig gut miteinander haben.
„Der am Wochenende leider wieder nur am Schreibtisch gesessen ist …“
„ … und mal wieder kein Wort mit dir geredet hat?“, beende ich ihren Satz.
Endlich legt Kerstin ihr Smartphone aus der Hand, nimmt sich einen Schluck vom Gin Tonic und lehnt sich zurück, ihre beiden senkrechten Stirnfalten liegen wie eingemeißelt in ihrem fast noch faltenfreien Gesicht.
„Zum Schluss funktionierte noch nicht einmal mehr das Wlan oder war es eigentlich der Anfang von Allem? Ich weiß es nicht mehr, verstehe ja davon auch fast nichts und will es auch nicht. Nichts ging mehr, kein Radio, keine Musik, keine Tagesschau, keine Mediathek, kein Online-Banking, kein Sky für seinen Sport, absolut nichts mehr ging. Und Bernds Laune war natürlich im Keller. Nur das Telefon funktionierte noch, und mit dem hing er in der Warteschleife und bekam nach einer gefühlten Ewigkeit endlich eine Antwort: Störung im Netz. Ein Desaster. Und Bernds Laune ging noch weiter herunter. Ich fand die Ruhe ja eigentlich ganz schön, aber seine Miesepetrigkeit war nicht zum Aushalten.“
„Zuviel Ruhe ist nichts mehr für mich, sie macht mich fertig, dann wird mir klar, wie alleine ich oft bin“, sage ich nach einer Weile und bin über meine Ehrlichkeit überrascht.
„Deshalb hast du ja jetzt ihn.“ Kerstins Hände formen etwas Kleines, Rundes.
„Manchmal spreche ich sogar mit ihm, stell dir das mal vor, spinne ich jetzt?“, gestehe ich.
„Robbie ist also dein neuer Mitbewohner?“, meint sie recht süffisant.
„Mein Hund oder Kater oder Wellensittich, was weiß ich, das ist doch komplett absurd.“
„Immerhin wirst du später keine Schwierigkeiten haben, wenn dich im Heim der Roboter fragen wird, was du essen oder spielen möchtest.“
„Wenn er eine nette Stimme hat?“, sage ich.
„Und dich mit netten Kugelaugen von seinem Display anlächelt?“
„Und mein lieber Robbie macht dann immer noch sauber. Nur für den Fall, dass du Bernd eines Tages nicht mehr ertragen solltest, können wir uns ja vorne im neuen Seniorenheim anmelden, was meinst du?“ frage ich.
„Warum nicht? Mit deiner Technikerfahrung? Wenn es dann mal hoffentlich niemals mehr ein Problem mit dem Wlan geben wird“, grinst mich meine Freundin an.