Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Spielchen
WIE
„Ja, dann wünsche ich ihnen eine gute Einarbeitung. Schauen Sie sich erst mal um, verschaffen sie sich einen Überblick, wie hier alles zusammenhängt, lernen sie verstehen, wie der ganze Laden so läuft.“ Der Chef drückte ihr ein wenig zu lange und zu fest die Hand.
Als sie kurz darauf zu ihrem Einstand das Tablett mit den Muffins in der Kaffeeküche abstellte, musste sie sich erst einmal von einer jüngeren Kollegin sagen lassen „So zuckersüßes Zeug isst hier keiner.“
„Lass die mal reden“, flüsterte ihr eine andere Kollegin zu, „das sind die üblichen Spielchen, erst von Zuckerzeug reden und nach einer halben Stunde ist alles weggeputzt.“
Sie ließ sich nicht weiter irritieren und platzierte das Begrüßungsschildchen, das sie am Abend zuvor noch gemalt hatte, zwischen die Muffins.
„Ah, eine verkannte Künstlerin“, bemerkte ein etwas rundlicher Kollege, nachdem er mit drei Muffins in der Hand das Schild übertrieben lange angeschaut hatte.
„Und was ist mit den Kolleginnen, die vegan unterwegs sind?“, fragte jemand.
Genauso, wie es ihre beste Freundin gestern am Telefon vorausgesagt hatte: „Das sind so Spielchen mit den Neuen, die darfst du nicht so ernst nehmen.“
„Oh, die sehen aber köstlich aus, haben sie die selber gebacken? Und das Begrüßungsschildchen, das gefällt mir gut, so was würde ich auch gerne können. Ich bin übrigen Schallenberg, du kannst mich auch Schalli nennen, und wenn du mal ein Problem hast, ich habe immer ein offenes Ohr.“
Vor solchen Angeboten sollte man sich in Acht nehmen, dachte sie nur.
Um elf Uhr war es dann soweit, das erste Abteilungstreffen mit den Chefs. Doch gleich an ihrem ersten Arbeitstag musste sie hören, dass womöglich einige Abteilungen schließen müssten, weil die ganze Sparte auf dem Spiel stünde.
Beim Rausgehen beruhigte sie der etwas rundliche Kollege: „Die üblichen Spielchen auf der Chefetage, machen Sie sich mal keine Sorgen, den Druck machen sie immer. Und ihre Muffins waren übrigens hervorragend, um nicht zu sagen, formidabel.“
Fast gleichzeitig wurde sie von links angesprochen, „Das mit dem vegan vorhin war übrigens nicht so ernst gemeint, echt nette Idee mit den Muffins, ich bin übrigens die Karin.“
Jedenfalls war sie erstaunt, wie eine angedachte Schließung die Stimmung verbessern konnte. Doch genau in dem Moment sprach sie ein älterer Kollege an: „Falls sie jetzt meinen, als Neue mit Vorschlägen zur Digitalisierung und so was bei den Chefs landen zu können, passen sie lieber mal auf den Stuhl auf, auf dem sie sitzen, bevor sie sich zu weit aus dem Fenster lehnen.“
Was konnte er damit meinen, sie war gerade mal sechs Stunden auf ihrer neuen Stelle.
„Kümmere dich nicht um den,“ flüsterte Karin „solche perfiden Sprüche habe ich zu Beginn auch abbekommen. Das ist in Wirklichkeit ein armer Kerl, der selber um seinen Platz bangen muss.“
Als sie kurz vor Feierabend ihren Schreibtisch aufräumte und alle Unterlagen, die sich an ihrem ersten Arbeitstag angesammelt hatten, zurückbringen wollte, meinte genau dieser Kollege: „Ruhig mal was auf dem Schreibtisch liegen lassen, sonst denken die anderen noch, sie hätten nichts zu tun.“ So klang auch er wieder ganz freundlich.
Die üblichen Spielchen, wie Teams und Zusammenarbeit halt so funktionieren, dachte sie und sagte nichts, als die Kollegin, die vom Zuckerzeug gesprochen hatte, die restlichen Muffins in ihren Rucksack packte.
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Spielchen
WIE
„Ja, dann wünsche ich ihnen eine gute Einarbeitung. Schauen Sie sich erst mal um, verschaffen sie sich einen Überblick, wie hier alles zusammenhängt, lernen sie verstehen, wie der ganze Laden so läuft.“ Der Chef drückte ihr ein wenig zu lange und zu fest die Hand.
Als sie kurz darauf zu ihrem Einstand das Tablett mit den Muffins in der Kaffeeküche abstellte, musste sie sich erst einmal von einer jüngeren Kollegin sagen lassen „So zuckersüßes Zeug isst hier keiner.“
„Lass die mal reden“, flüsterte ihr eine andere Kollegin zu, „das sind die üblichen Spielchen, erst von Zuckerzeug reden und nach einer halben Stunde ist alles weggeputzt.“
Sie ließ sich nicht weiter irritieren und platzierte das Begrüßungsschildchen, das sie am Abend zuvor noch gemalt hatte, zwischen die Muffins.
„Ah, eine verkannte Künstlerin“, bemerkte ein etwas rundlicher Kollege, nachdem er mit drei Muffins in der Hand das Schild übertrieben lange angeschaut hatte.
„Und was ist mit den Kolleginnen, die vegan unterwegs sind?“, fragte jemand.
Genauso, wie es ihre beste Freundin gestern am Telefon vorausgesagt hatte: „Das sind so Spielchen mit den Neuen, die darfst du nicht so ernst nehmen.“
„Oh, die sehen aber köstlich aus, haben sie die selber gebacken? Und das Begrüßungsschildchen, das gefällt mir gut, so was würde ich auch gerne können. Ich bin übrigen Schallenberg, du kannst mich auch Schalli nennen, und wenn du mal ein Problem hast, ich habe immer ein offenes Ohr.“
Vor solchen Angeboten sollte man sich in Acht nehmen, dachte sie nur.
Um elf Uhr war es dann soweit, das erste Abteilungstreffen mit den Chefs. Doch gleich an ihrem ersten Arbeitstag musste sie hören, dass womöglich einige Abteilungen schließen müssten, weil die ganze Sparte auf dem Spiel stünde.
Beim Rausgehen beruhigte sie der etwas rundliche Kollege: „Die üblichen Spielchen auf der Chefetage, machen Sie sich mal keine Sorgen, den Druck machen sie immer. Und ihre Muffins waren übrigens hervorragend, um nicht zu sagen, formidabel.“
Fast gleichzeitig wurde sie von links angesprochen, „Das mit dem vegan vorhin war übrigens nicht so ernst gemeint, echt nette Idee mit den Muffins, ich bin übrigens die Karin.“
Jedenfalls war sie erstaunt, wie eine angedachte Schließung die Stimmung verbessern konnte. Doch genau in dem Moment sprach sie ein älterer Kollege an: „Falls sie jetzt meinen, als Neue mit Vorschlägen zur Digitalisierung und so was bei den Chefs landen zu können, passen sie lieber mal auf den Stuhl auf, auf dem sie sitzen, bevor sie sich zu weit aus dem Fenster lehnen.“
Was konnte er damit meinen, sie war gerade mal sechs Stunden auf ihrer neuen Stelle.
„Kümmere dich nicht um den,“ flüsterte Karin „solche perfiden Sprüche habe ich zu Beginn auch abbekommen. Das ist in Wirklichkeit ein armer Kerl, der selber um seinen Platz bangen muss.“
Als sie kurz vor Feierabend ihren Schreibtisch aufräumte und alle Unterlagen, die sich an ihrem ersten Arbeitstag angesammelt hatten, zurückbringen wollte, meinte genau dieser Kollege: „Ruhig mal was auf dem Schreibtisch liegen lassen, sonst denken die anderen noch, sie hätten nichts zu tun.“ So klang auch er wieder ganz freundlich.
Die üblichen Spielchen, wie Teams und Zusammenarbeit halt so funktionieren, dachte sie und sagte nichts, als die Kollegin, die vom Zuckerzeug gesprochen hatte, die restlichen Muffins in ihren Rucksack packte.