Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Salz
RAU
Ich habe gut gewürzt, sagt Charlotte mit ihrer gewissen Strenge, als du wie immer vor dem ersten Bissen zu Salz- und Pfefferstreuer greifst. Dass sie es nicht lassen kann, herrje. Lass Dich nur nicht kirre machen, Konrad und greife beherzt zu.
Ich weiß, seit Längerem schon habe ich einen schlechten Ruf, das war früher anders. Denn ich bin lebenswichtig, hundertfünfzig bis dreihundert Gramm von mir stecken in jedem von Euch. Nicht mehr als fünf Gramm pro Tag sollt ihr täglich zu Euch nehmen, dass ich nicht lache. Ich gehöre mittlerweile zur Gruppe der zu Unrecht diskriminierten Spezies, jawohl.
Früher ging es mir eindeutig besser, früher wurde ich geschätzt und reichlich verwendet. Früher, als es noch keine Kühl- und Gefrierschränke gab, und ich unentbehrlich in der Küche war. Mit mir wurden Fleisch- und Wurstwaren gepöckelt, wurden Fische in einer dicken Schicht erst aufbewahrt und dann zubereitet. Heute gibt es nur noch wenige solcher Rezepte. Mit mir wird auf der ganzen Welt gekocht und in der kalten Jahreszeit Eis und Schnee geschmolzen, damit ihr euch sicher auf Wegen und Straßen bewegen könnt. Ich säubere eure Maschinen, und bekommt ihr schlecht Luft, inhaliert ihr mich. Früher habt ihr zu mir gegriffen, wenn ihr euch schwindelig gefühlt habt oder eine Ohnmacht drohte. Lang ist’s her.
In allen Meeren auf diesem Planeten bin ich reichlich vertreten. In großen Bergstollen und in flachen Wasserbecken werde ich auf natürliche Weise gewonnen, ob Berchtesgadener Salz oder Fleur de Sal aus der Bretagne, ich bin ein wertvoller Stoff, an dem sich viele erfreuen und viele verdienen. Dass ich auch industriell gefertigt werde, geschenkt.
Und in der Sprache erst bin ich unverzichtbar, hier ein paar Beispiele, die mir gerade einfallen:
Salz ist das weiße Gold.
Salz ist von den reinsten Eltern geboren, der Sonne und dem Meer.
Salz in der Suppe.
Brot und Salz, Gott erhalt‘s.
Salz in die Wunde streuen.
Ohne Salz ist das Leben nicht süß.
Humor ist das Salz der Erde.
Gefühl ohne Verstand ist wie Suppe ohne Salz.
Verstand ohne Gefühl ist wie Salz ohne Suppe.
Also greife nur beherzt zu, Konrad, und lass Dir nicht von Deiner Frau die Freude an mir nehmen. Vielleicht sollte sie sich einmal wieder an einen anderen Spruch über mich erinnern: Schatz, das Essen ist versalzen, du bist verliebt.
Texte zum Alltäglichen -
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Salz
RAU
Ich habe gut gewürzt, sagt Charlotte mit ihrer gewissen Strenge, als du wie immer vor dem ersten Bissen zu Salz- und Pfefferstreuer greifst. Dass sie es nicht lassen kann, herrje. Lass Dich nur nicht kirre machen, Konrad und greife beherzt zu.
Ich weiß, seit Längerem schon habe ich einen schlechten Ruf, das war früher anders. Denn ich bin lebenswichtig, hundertfünfzig bis dreihundert Gramm von mir stecken in jedem von Euch. Nicht mehr als fünf Gramm pro Tag sollt ihr täglich zu Euch nehmen, dass ich nicht lache. Ich gehöre mittlerweile zur Gruppe der zu Unrecht diskriminierten Spezies, jawohl.
Früher ging es mir eindeutig besser, früher wurde ich geschätzt und reichlich verwendet. Früher, als es noch keine Kühl- und Gefrierschränke gab, und ich unentbehrlich in der Küche war. Mit mir wurden Fleisch- und Wurstwaren gepöckelt, wurden Fische in einer dicken Schicht erst aufbewahrt und dann zubereitet. Heute gibt es nur noch wenige solcher Rezepte. Mit mir wird auf der ganzen Welt gekocht und in der kalten Jahreszeit Eis und Schnee geschmolzen, damit ihr euch sicher auf Wegen und Straßen bewegen könnt. Ich säubere eure Maschinen, und bekommt ihr schlecht Luft, inhaliert ihr mich. Früher habt ihr zu mir gegriffen, wenn ihr euch schwindelig gefühlt habt oder eine Ohnmacht drohte. Lang ist’s her.
In allen Meeren auf diesem Planeten bin ich reichlich vertreten. In großen Bergstollen und in flachen Wasserbecken werde ich auf natürliche Weise gewonnen, ob Berchtesgadener Salz oder Fleur de Sal aus der Bretagne, ich bin ein wertvoller Stoff, an dem sich viele erfreuen und viele verdienen. Dass ich auch industriell gefertigt werde, geschenkt.
Und in der Sprache erst bin ich unverzichtbar, hier ein paar Beispiele, die mir gerade einfallen:
Salz ist das weiße Gold.
Salz ist von den reinsten Eltern geboren, der Sonne und dem Meer.
Salz in der Suppe.
Brot und Salz, Gott erhalt‘s.
Salz in die Wunde streuen.
Ohne Salz ist das Leben nicht süß.
Humor ist das Salz der Erde.
Gefühl ohne Verstand ist wie Suppe ohne Salz.
Verstand ohne Gefühl ist wie Salz ohne Suppe.
Also greife nur beherzt zu, Konrad, und lass Dir nicht von Deiner Frau die Freude an mir nehmen. Vielleicht sollte sie sich einmal wieder an einen anderen Spruch über mich erinnern: Schatz, das Essen ist versalzen, du bist verliebt.