Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Nougat
Hm, lecker, da vorne, im großen Korb, alle Sorten, dunkel und hell, mit Mandeln, Pistazien, Nüssen, alles im Angebot, kleinere und größere Packungen. Oh weh, was mache ich nur, soll ich hingehen, reingreifen und nehmen, wonach mir ist?
Lass es sein, du weißt es selber, muss dir nichts dazu sagen, alles ungesund.
Schon früher konnte sie nicht widerstehen, aber früher gab es diese Köstlichkeit auch nur einmal im Jahr. Zu Weihnachten im Päckchen von Tante Margarete, die hatte reich geheiratet und konnte so etwas verschenken. Sagten zumindest die Eltern hinter vorgehaltener Hand. (RAU)
Sicher, früher wurden die kleinen Nougatwürfel mit dem Küchenmesser geteilt. Sie weiß nicht genau, warum Vater dieses Ritual zelebrierte. Eigentlich hätte auch jeder einen Würfel, sein eigenes Nougatwürfelchen bekommen können, aber Vater bestand darauf, jedes Würfelchen erst einmal zu vierteln. Und so konnten und durften sie jeweils ein Viertel in den Mund stecken und dort langsam zergehen lassen. Diese doch fast schon feierlich Verteilung des Nougats erinnerte sogar an etwas Religiöses, wie das Teilen der Oblate in der Kirche. Jedenfalls bekam Nougat so etwas sehr Erhabenes. (WIE)
Wie viele Jahre hat sie daran nicht mehr gedacht, Tante Margarete lebt schon lange nicht mehr, und auch Vater nicht. Aus der Kirche ist sie schon vor über zwanzig Jahren ausgetreten, aber dieses Heilige des Nougats fällt ihr sofort wieder ein. Und da vorne stapeln sich die Packungen fast achtlos im Korb wie billige Ramschware. Seltsam, dass sie so gut wie nie daran denkt, Nougat zu kaufen, aber bei der Vorgeschichte eigentlich auch kein Wunder. Teuer und heilig, wer greift bei der Kombination schon gerne zu. Nun geht sie doch näher zu dem Korb und studiert die Packungen. Ohne auch nur eine anzufassen, meint sie schon den Geschmack zu spüren. Diese wunderbar cremige Konsistenz, das langsame Schmelzen auf der Zunge, die ungeheure Süße. Nein, sagt sie sich, beim letzten Gesundheitscheck waren die Werte wirklich nicht gut. (RAU)
Doch während sie das noch denkt, hat sie auch schon eines dieser glänzenden kleinen Tabletts in der Hand und beginnt das erste Exemplar aus dem Korb zu fischen. Zumindest von jeder Farbe eins, denkt sie, und ertappt sich dabei, wie sie sogar die einzelnen Farbwürfelchen auf dem Tablett immer wieder neu zusammenschiebt, um die schönsten Farbkombinationen zu finden. Gold neben Hellblau, Dunkelblau neben Hellrot, Dunkelrot zu Dunkelgrün. Noch ein Gold wäre nicht schlecht, Gold lässt alle andere Farben mehr leuchten. Nein, Farben doppelt, das wäre wirklich Luxus. Sie möchte schließlich nur eine kleine Auswahl, so zum Probieren. Kurzentschlossen geht sie mit dem Tablett zur Kasse. Während sie dort noch wartet, weiß sie es schon: die wird sie nächstes Wochenende mit den Enkeln probieren, jedes einzelne, natürlich geviertelt. (WIE)
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Nougat
Hm, lecker, da vorne, im großen Korb, alle Sorten, dunkel und hell, mit Mandeln, Pistazien, Nüssen, alles im Angebot, kleinere und größere Packungen. Oh weh, was mache ich nur, soll ich hingehen, reingreifen und nehmen, wonach mir ist?
Lass es sein, du weißt es selber, muss dir nichts dazu sagen, alles ungesund.
Schon früher konnte sie nicht widerstehen, aber früher gab es diese Köstlichkeit auch nur einmal im Jahr. Zu Weihnachten im Päckchen von Tante Margarete, die hatte reich geheiratet und konnte so etwas verschenken. Sagten zumindest die Eltern hinter vorgehaltener Hand. (RAU)
Sicher, früher wurden die kleinen Nougatwürfel mit dem Küchenmesser geteilt. Sie weiß nicht genau, warum Vater dieses Ritual zelebrierte. Eigentlich hätte auch jeder einen Würfel, sein eigenes Nougatwürfelchen bekommen können, aber Vater bestand darauf, jedes Würfelchen erst einmal zu vierteln. Und so konnten und durften sie jeweils ein Viertel in den Mund stecken und dort langsam zergehen lassen. Diese doch fast schon feierlich Verteilung des Nougats erinnerte sogar an etwas Religiöses, wie das Teilen der Oblate in der Kirche. Jedenfalls bekam Nougat so etwas sehr Erhabenes. (WIE)
Wie viele Jahre hat sie daran nicht mehr gedacht, Tante Margarete lebt schon lange nicht mehr, und auch Vater nicht. Aus der Kirche ist sie schon vor über zwanzig Jahren ausgetreten, aber dieses Heilige des Nougats fällt ihr sofort wieder ein. Und da vorne stapeln sich die Packungen fast achtlos im Korb wie billige Ramschware. Seltsam, dass sie so gut wie nie daran denkt, Nougat zu kaufen, aber bei der Vorgeschichte eigentlich auch kein Wunder. Teuer und heilig, wer greift bei der Kombination schon gerne zu. Nun geht sie doch näher zu dem Korb und studiert die Packungen. Ohne auch nur eine anzufassen, meint sie schon den Geschmack zu spüren. Diese wunderbar cremige Konsistenz, das langsame Schmelzen auf der Zunge, die ungeheure Süße. Nein, sagt sie sich, beim letzten Gesundheitscheck waren die Werte wirklich nicht gut. (RAU)
Doch während sie das noch denkt, hat sie auch schon eines dieser glänzenden kleinen Tabletts in der Hand und beginnt das erste Exemplar aus dem Korb zu fischen. Zumindest von jeder Farbe eins, denkt sie, und ertappt sich dabei, wie sie sogar die einzelnen Farbwürfelchen auf dem Tablett immer wieder neu zusammenschiebt, um die schönsten Farbkombinationen zu finden. Gold neben Hellblau, Dunkelblau neben Hellrot, Dunkelrot zu Dunkelgrün. Noch ein Gold wäre nicht schlecht, Gold lässt alle andere Farben mehr leuchten. Nein, Farben doppelt, das wäre wirklich Luxus. Sie möchte schließlich nur eine kleine Auswahl, so zum Probieren. Kurzentschlossen geht sie mit dem Tablett zur Kasse. Während sie dort noch wartet, weiß sie es schon: die wird sie nächstes Wochenende mit den Enkeln probieren, jedes einzelne, natürlich geviertelt. (WIE)