Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Nicht mal das Schlimmste
WIE
„Und wie war dein Wochenende?“
„Ich weiß nicht, mehr oder weniger normal, oder kommt drauf an, was man als normal bezeichnet.“
Mein Freund Hans spricht mal wieder mal in seiner beliebten, zweideutigen Art.
„Dann nehme ich mal an, es verlief nicht alles normal“, entscheide ich.
„Wie man es nimmt“, ergänzt er, „außer vielleicht, dass ich Montagmorgen dann endlich meine Steuerunterlagen zusammen hatte. Bis auf einige Ausdrucke, die noch fehlten. Natürlich muss mir genau am Montagmorgen mein Betriebssystem erklären, dass es sich mal schnell erneuern müsse, um wieder auf dem neuesten Stand zu sein und mir weiterhin alle Dienste zu meiner Zufriedenheit abwickeln zu können. Weiß das Betriebssystem, was Zufriedenheit für mich bedeutet?“
Hans Blick verfinstert sich noch weiter.
„Zu meiner Zufriedenheit bedeutet jedenfalls etwas anderes, als auf dem Bildschirm zu schreiben, einen Moment bitte und diesen Moment eine Ewigkeit dauern zu lassen. Moment heißt für mich Moment und nicht Ewigkeit. Das sind andere Momente in meinem Leben, in denen ich mir wünsche, sie würden eine Ewigkeit dauern. Aber nicht, wenn ich schon das ganze Wochenende mit Bürokram beschäftigt bin und Montag dann endlich alles bei der Steuerberaterin loswerden will.“
Hans Ärger ist nicht mehr zu überhören.
„Und dann, als ich die letzten Kopien ausdrucken will, muss ich mir von meinem Drucker sagen lassen, dass er nur noch im Sparmodus arbeitet, weil dringend eine neue Tintenpatrone eingesetzt werden muss. Und tatsächlich sind die Zahlen auf dem Ausdruck bereits von weißen Linien durchzogen, was schnell eine Zwei zu einer Drei, eine Acht zu einer Neun werden lässt.“
„Und hast du deine Steuerunterlagen noch am Montag wegbekommen?“ frage ich und bin um eine einfühlsame Stimmlage bemüht.
Hans Stimme hingegen wird lauter. „Das glaubst du doch selber nicht. Da war ja noch unser Sperrmülltermin am Dienstag, den ich fast vergessen hätte. Aber es war im Keller bereits alles zurechtgestellt. Um genau dann, wenn die Zeit knapp wird, zu merken, wie viele Sachen davon gar nicht auf den Sperrmüll dürfen, sondern auf den Wertstoffhof gehören. Aber ich wusste ja, die Steuerberaterin und der Wertstoffhof liegen nah beieinander. Eine gute Gelegenheit beides loszuwerden, alte Farben, Spraydosen, Batterien, Elektroschrott und die Steuererklärung.
„Na siehst du, ist doch nicht alles schief gelaufen“, ermuntere ich Hans.
„Wenn da nicht genau an diesem Tag auf dem Wertstoffhof so viel los gewesen wäre. Und ein paar Sachen in meinem Kofferraum waren doch kein Sondermüll, aber für die wäre dann wieder eine Gebühr fällig gewesen ...“.
Ich merke, wie meine Gedanken abdriften. Mein Handy vibriert und teilt mir mit, dass es jetzt im Sparmodus arbeitet, weil der Akkustand niedrig ist. Ich brauche es aber gleich, um eine Reklamation abliefern und im Fachgeschäft meinen Impfnachweis zeigen zu können. Ich höre Hans erst wieder zu, als er mir von der Schramme an seinem Auto erzählt, die ihm ein anderer Wagen auf dem Wertstoffhof beim Rangieren zugefügt hat. Der andere hat zwar seine Schuld eingestanden, aber für die Steuerberaterin war es dann doch zu spät."
„Hast du heute schon Nachrichten gehört?"
„Nein, wieso?“ fragt Hans.
„Ach, nur so“ sage ich.
Texte zum Alltäglichen -
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Nicht mal das Schlimmste
WIE
„Und wie war dein Wochenende?“
„Ich weiß nicht, mehr oder weniger normal, oder kommt drauf an, was man als normal bezeichnet.“
Mein Freund Hans spricht mal wieder mal in seiner beliebten, zweideutigen Art.
„Dann nehme ich mal an, es verlief nicht alles normal“, entscheide ich.
„Wie man es nimmt“, ergänzt er, „außer vielleicht, dass ich Montagmorgen dann endlich meine Steuerunterlagen zusammen hatte. Bis auf einige Ausdrucke, die noch fehlten. Natürlich muss mir genau am Montagmorgen mein Betriebssystem erklären, dass es sich mal schnell erneuern müsse, um wieder auf dem neuesten Stand zu sein und mir weiterhin alle Dienste zu meiner Zufriedenheit abwickeln zu können. Weiß das Betriebssystem, was Zufriedenheit für mich bedeutet?“
Hans Blick verfinstert sich noch weiter.
„Zu meiner Zufriedenheit bedeutet jedenfalls etwas anderes, als auf dem Bildschirm zu schreiben, einen Moment bitte und diesen Moment eine Ewigkeit dauern zu lassen. Moment heißt für mich Moment und nicht Ewigkeit. Das sind andere Momente in meinem Leben, in denen ich mir wünsche, sie würden eine Ewigkeit dauern. Aber nicht, wenn ich schon das ganze Wochenende mit Bürokram beschäftigt bin und Montag dann endlich alles bei der Steuerberaterin loswerden will.“
Hans Ärger ist nicht mehr zu überhören.
„Und dann, als ich die letzten Kopien ausdrucken will, muss ich mir von meinem Drucker sagen lassen, dass er nur noch im Sparmodus arbeitet, weil dringend eine neue Tintenpatrone eingesetzt werden muss. Und tatsächlich sind die Zahlen auf dem Ausdruck bereits von weißen Linien durchzogen, was schnell eine Zwei zu einer Drei, eine Acht zu einer Neun werden lässt.“
„Und hast du deine Steuerunterlagen noch am Montag wegbekommen?“ frage ich und bin um eine einfühlsame Stimmlage bemüht.
Hans Stimme hingegen wird lauter. „Das glaubst du doch selber nicht. Da war ja noch unser Sperrmülltermin am Dienstag, den ich fast vergessen hätte. Aber es war im Keller bereits alles zurechtgestellt. Um genau dann, wenn die Zeit knapp wird, zu merken, wie viele Sachen davon gar nicht auf den Sperrmüll dürfen, sondern auf den Wertstoffhof gehören. Aber ich wusste ja, die Steuerberaterin und der Wertstoffhof liegen nah beieinander. Eine gute Gelegenheit beides loszuwerden, alte Farben, Spraydosen, Batterien, Elektroschrott und die Steuererklärung.
„Na siehst du, ist doch nicht alles schief gelaufen“, ermuntere ich Hans.
„Wenn da nicht genau an diesem Tag auf dem Wertstoffhof so viel los gewesen wäre. Und ein paar Sachen in meinem Kofferraum waren doch kein Sondermüll, aber für die wäre dann wieder eine Gebühr fällig gewesen ...“.
Ich merke, wie meine Gedanken abdriften. Mein Handy vibriert und teilt mir mit, dass es jetzt im Sparmodus arbeitet, weil der Akkustand niedrig ist. Ich brauche es aber gleich, um eine Reklamation abliefern und im Fachgeschäft meinen Impfnachweis zeigen zu können. Ich höre Hans erst wieder zu, als er mir von der Schramme an seinem Auto erzählt, die ihm ein anderer Wagen auf dem Wertstoffhof beim Rangieren zugefügt hat. Der andere hat zwar seine Schuld eingestanden, aber für die Steuerberaterin war es dann doch zu spät."
„Hast du heute schon Nachrichten gehört?"
„Nein, wieso?“ fragt Hans.
„Ach, nur so“ sage ich.