Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Montag
RAU
Normalerweise wäre sie jetzt im Büro. Würde um neun Uhr einen Kaffee schwarz trinken, die Kollegen begrüßen, Nachrichten checken, die Aufgaben des Tages durchgehen, Telefonate führen, das paper für das Meeting durchgehen, um zehn Uhr die erste Besprechung. Wie ihr halbes Leben schon.
Normalerweise würde so ihre Woche beginnen. Immer schon hat ihre Woche montags begonnen wie bei anderen auch. Früher im Kindergarten, dann in der Schule, an der Uni, in ihren vielen Nebenjobs und später in ihren richtigen Jobs. Montags fängt die Woche an, und damit das wirkliche Leben, so ist es eben.
Die Freiheit des Wochenendes ist vorbei. Wenn du Glück gehabt hast, war es schön, erholsam, anregend und aufregend vielleicht sogar. Wenn nicht, hast du eben Pech gehabt. Wenn ein langweiliges Familientreffen war oder Wände streichen oder nervige kleine, und womöglich noch kranke Kinder zuhause hüten anstand, bist du natürlich eher froh um den Montag. Endlich wieder normales Leben, endlich raus aus dem ganzen Irrsinn, was sie natürlich nie zugeben würde und nie zugegeben hat.
Früher gab es viele Sonntage, an denen sie gegen Abend Bauchschmerzen bekommen hat, weil sie am nächsten Tag nicht in die Schule gehen, nicht die blöde Mathearbeit schreiben, nicht der verhassten Freundin begegnen wollte, die mal ihre beste gewesen war. Wie gerne wäre sie Montag für Montag krank gewesen und hätte ihre Mutter wild umarmt, wenn die in der Schule angerufen und ihr eine Entschuldigung auch gleich für den Dienstag geschrieben hätte.
Eigentlich ist der Montag ohne den Sonntag gar nicht denkbar, denkt sie, die beiden gehören zusammen, obgleich sie viel, wenn nicht alles trennt. Der letzte freie Tag des Wochenendes, der selten so verläuft, dass sie sagen kann, oh wie schön. Wie oft sind die Erwartungen soviel größer als das tatsächlich Erlebte, wie oft ist er schon vorbei, bevor sie es begriffen hat. Immer ist er zu kurz, es sei denn, es gab mal wieder Streit zwischen den Kindern oder mit ihnen oder mit Konrad. Seitdem sie alleine sind, haben die Streitereien abgenommen, aber die Unstimmigkeiten darüber, was sie am Sonntag machen können, zugenommen. Er möchte meist nirgendwohin, und sie am liebsten die ganze Stadt umrunden, sich irgendwo da draußen austoben und mit Eindrücken füllen. Und wie er auch gewesen ist, der Sonntag, spätestens am Abend legt sich schon ihr ganzes Leben so eine kleine Traurigkeit über sie. Schon vorbei, denkt sie, wie schade. Morgen, am Montag, heißt es wieder, rein in die Spur.
Heute ist der dritte Montag, der anders ist. Sie ist nicht im Büro, nicht auf Dienstreise und nicht im Urlaub. Konrad hat ihr einen Tee und ein getoastetes Käsebrot ans Bett gebracht und würde ihr sicherlich auch eine Entschuldigung schreiben, wenn es sein müsste. Zwei Wochen schon tobt die Grippe in ihrem Körper, und sie fühlt sich noch fast genauso matt wie am ersten Tag. Will nur schlafen, nichts sehen, nichts lesen und nichts hören. Das Brot stopft sie sich Konrad zuliebe hinein und weil sie weiß, dass sie wieder zu Kräften kommen muss. Eigentlich ist es ihr ganz recht, hier zu liegen, nichts zu müssen und auch nichts zu wollen. Einfach so rumzuliegen, und das an einem Montag, wie gut das tut.
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Montag
RAU
Normalerweise wäre sie jetzt im Büro. Würde um neun Uhr einen Kaffee schwarz trinken, die Kollegen begrüßen, Nachrichten checken, die Aufgaben des Tages durchgehen, Telefonate führen, das paper für das Meeting durchgehen, um zehn Uhr die erste Besprechung. Wie ihr halbes Leben schon.
Normalerweise würde so ihre Woche beginnen. Immer schon hat ihre Woche montags begonnen wie bei anderen auch. Früher im Kindergarten, dann in der Schule, an der Uni, in ihren vielen Nebenjobs und später in ihren richtigen Jobs. Montags fängt die Woche an, und damit das wirkliche Leben, so ist es eben.
Die Freiheit des Wochenendes ist vorbei. Wenn du Glück gehabt hast, war es schön, erholsam, anregend und aufregend vielleicht sogar. Wenn nicht, hast du eben Pech gehabt. Wenn ein langweiliges Familientreffen war oder Wände streichen oder nervige kleine, und womöglich noch kranke Kinder zuhause hüten anstand, bist du natürlich eher froh um den Montag. Endlich wieder normales Leben, endlich raus aus dem ganzen Irrsinn, was sie natürlich nie zugeben würde und nie zugegeben hat.
Früher gab es viele Sonntage, an denen sie gegen Abend Bauchschmerzen bekommen hat, weil sie am nächsten Tag nicht in die Schule gehen, nicht die blöde Mathearbeit schreiben, nicht der verhassten Freundin begegnen wollte, die mal ihre beste gewesen war. Wie gerne wäre sie Montag für Montag krank gewesen und hätte ihre Mutter wild umarmt, wenn die in der Schule angerufen und ihr eine Entschuldigung auch gleich für den Dienstag geschrieben hätte.
Eigentlich ist der Montag ohne den Sonntag gar nicht denkbar, denkt sie, die beiden gehören zusammen, obgleich sie viel, wenn nicht alles trennt. Der letzte freie Tag des Wochenendes, der selten so verläuft, dass sie sagen kann, oh wie schön. Wie oft sind die Erwartungen soviel größer als das tatsächlich Erlebte, wie oft ist er schon vorbei, bevor sie es begriffen hat. Immer ist er zu kurz, es sei denn, es gab mal wieder Streit zwischen den Kindern oder mit ihnen oder mit Konrad. Seitdem sie alleine sind, haben die Streitereien abgenommen, aber die Unstimmigkeiten darüber, was sie am Sonntag machen können, zugenommen. Er möchte meist nirgendwohin, und sie am liebsten die ganze Stadt umrunden, sich irgendwo da draußen austoben und mit Eindrücken füllen. Und wie er auch gewesen ist, der Sonntag, spätestens am Abend legt sich schon ihr ganzes Leben so eine kleine Traurigkeit über sie. Schon vorbei, denkt sie, wie schade. Morgen, am Montag, heißt es wieder, rein in die Spur.
Heute ist der dritte Montag, der anders ist. Sie ist nicht im Büro, nicht auf Dienstreise und nicht im Urlaub. Konrad hat ihr einen Tee und ein getoastetes Käsebrot ans Bett gebracht und würde ihr sicherlich auch eine Entschuldigung schreiben, wenn es sein müsste. Zwei Wochen schon tobt die Grippe in ihrem Körper, und sie fühlt sich noch fast genauso matt wie am ersten Tag. Will nur schlafen, nichts sehen, nichts lesen und nichts hören. Das Brot stopft sie sich Konrad zuliebe hinein und weil sie weiß, dass sie wieder zu Kräften kommen muss. Eigentlich ist es ihr ganz recht, hier zu liegen, nichts zu müssen und auch nichts zu wollen. Einfach so rumzuliegen, und das an einem Montag, wie gut das tut.