Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Marken
WIE
"Mensch Hans, dass du eine echte Doordrecht trägst, affenstark, das hätte ich nicht gedacht."
Hans ist sichtlich überrascht. Man sieht ihn zuerst außen, dann im Innen am Reviers seiner Jacke ein Markenzeichen suchen.
„Sag jetzt nicht, du weißt nicht, woran man eine Doordrecht erkennt. Ich glaub es nicht, Hans. Hier, dieses kleine eingewebte rote Band am Kragen, das reicht, das sagt alles, das ist der Beweis.“
„Ja?“, fragt er sichtlich erstaunt, „echt? Ich hab mir schon überlegt, ob ich dieses blöde kleine rote Etwas nicht mit einer Rasierklinge heraustrennen sollte.“
„Mach das bloß nicht, dann ist ja der ganze Reiz weg.“
Greta schüttelt den Kopf. Hans ist immer noch der Alte. Wie lange kannten sie sich jetzt schon? Und sie hat oft genug erlebt, wie sie Hans eine neue modische Errungenschaft präsentieren will und auch auf die hochwertige Marke hinweist. Was Hans dann mit der Bemerkung abtut, „und, was bedeutet das? Jacke ist Jacke, Tasche ist Tasche, Hauptsache sie passen, sind robust und sehen nicht total beknackt aus.“
Im Grunde genommen hat Hans ein gutes Auge für Modisches, für Farben, Formen und zusammenpassende Stile. Wenn sie zum Beispiel zusammen in einem Café sitzen und ihr Blick auf etwas Modisches stößt, diskutieren sie schnell über die Frage, wer ist gut gekleidet und wer beknackt. Doch bei Marken fällt Hans' Urteil meist nüchtern aus. Zu hochwertigen Handtaschenmarken erklärt er gerne: „Diese Taschen sehen aus wie aus billigem Plastik, haben das Design eines Werbeartikels, sind von oben bis unten mit Logos bedruckt und sehen aus wie ein billiges Geschenk vom Messestand.“
In solchen Momenten versucht Greta zwar noch bestimmte Marken zu verteidigen, wird dann aber schnell unsicher. Achtet sie wirklich auf das Aussehen, wenn sie weiss, dass es sich um eine echte Soundso handelt? Denn eigentlich stellt sie sich vor allem die Frage, wie kann diese Person sich das leisten? Was macht sie beruflich, privat? Ist es eine Markenfälschung?
Das ist bei Hans anders. „Weißt du, ich glaube, dieser steigende Markenkult ist vor allem für den Internetkauf geschaffen. Früher im Geschäft hieß es, anziehen, probieren, sich im Spiegel angucken, sich fragen, steht mir das, passt das wirklich, sitzt das, fühle ich mich wohl? Das alles geht beim Online-Kauf nicht. Hier kann ich nur fragen, wo bekomme ich was für mein Geld? Welche Marke für welchen Preis, mit welchem Prestige, mit welcher Anerkennung? Darum reicht es vollkommen aus, Farbe, Größe und die Marke anzugeben, bestellen und ab. Aussehen? Was ist das? Es kommt drauf an, dass ich mich mit der Marke wohlfühle. Das reicht für den Onlinekauf. Marken sind wie geschaffen für den neuen Warenhandel.“
Greta fallen auf die Schnelle keine Gegenargumente ein. Und Hans fährt mit seinen Überlegungen fort: „Wenn dann doch einer sagt, „sieht doch total beknackt aus“, heißt es einfach, „sag nicht so etwas, das ist eine echte Soundso!“, und schon passt es. Es heißt einfach, das muss so aussehen, die echten Soundso sehen so aus, das ist so beabsichtigt. Und schon ist es stylisch und hype. Egal wie unförmig du daher kommst. Das gilt natürlich nur für die diejenigen, die die Marken auch kennen, sonst sieht es weiterhin bekloppt aus.“
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"Mensch Hans, dass du eine echte Doordrecht trägst, affenstark, das hätte ich nicht gedacht."
Hans ist sichtlich überrascht. Man sieht ihn zuerst außen, dann im Innen am Reviers seiner Jacke ein Markenzeichen suchen.
„Sag jetzt nicht, du weißt nicht, woran man eine Doordrecht erkennt. Ich glaub es nicht, Hans. Hier, dieses kleine eingewebte rote Band am Kragen, das reicht, das sagt alles, das ist der Beweis.“
„Ja?“, fragt er sichtlich erstaunt, „echt? Ich hab mir schon überlegt, ob ich dieses blöde kleine rote Etwas nicht mit einer Rasierklinge heraustrennen sollte.“
„Mach das bloß nicht, dann ist ja der ganze Reiz weg.“
Greta schüttelt den Kopf. Hans ist immer noch der Alte. Wie lange kannten sie sich jetzt schon? Und sie hat oft genug erlebt, wie sie Hans eine neue modische Errungenschaft präsentieren will und auch auf die hochwertige Marke hinweist. Was Hans dann mit der Bemerkung abtut, „und, was bedeutet das? Jacke ist Jacke, Tasche ist Tasche, Hauptsache sie passen, sind robust und sehen nicht total beknackt aus.“
Im Grunde genommen hat Hans ein gutes Auge für Modisches, für Farben, Formen und zusammenpassende Stile. Wenn sie zum Beispiel zusammen in einem Café sitzen und ihr Blick auf etwas Modisches stößt, diskutieren sie schnell über die Frage, wer ist gut gekleidet und wer beknackt. Doch bei Marken fällt Hans' Urteil meist nüchtern aus. Zu hochwertigen Handtaschenmarken erklärt er gerne: „Diese Taschen sehen aus wie aus billigem Plastik, haben das Design eines Werbeartikels, sind von oben bis unten mit Logos bedruckt und sehen aus wie ein billiges Geschenk vom Messestand.“
In solchen Momenten versucht Greta zwar noch bestimmte Marken zu verteidigen, wird dann aber schnell unsicher. Achtet sie wirklich auf das Aussehen, wenn sie weiss, dass es sich um eine echte Soundso handelt? Denn eigentlich stellt sie sich vor allem die Frage, wie kann diese Person sich das leisten? Was macht sie beruflich, privat? Ist es eine Markenfälschung?
Das ist bei Hans anders. „Weißt du, ich glaube, dieser steigende Markenkult ist vor allem für den Internetkauf geschaffen. Früher im Geschäft hieß es, anziehen, probieren, sich im Spiegel angucken, sich fragen, steht mir das, passt das wirklich, sitzt das, fühle ich mich wohl? Das alles geht beim Online-Kauf nicht. Hier kann ich nur fragen, wo bekomme ich was für mein Geld? Welche Marke für welchen Preis, mit welchem Prestige, mit welcher Anerkennung? Darum reicht es vollkommen aus, Farbe, Größe und die Marke anzugeben, bestellen und ab. Aussehen? Was ist das? Es kommt drauf an, dass ich mich mit der Marke wohlfühle. Das reicht für den Onlinekauf. Marken sind wie geschaffen für den neuen Warenhandel.“
Greta fallen auf die Schnelle keine Gegenargumente ein. Und Hans fährt mit seinen Überlegungen fort: „Wenn dann doch einer sagt, „sieht doch total beknackt aus“, heißt es einfach, „sag nicht so etwas, das ist eine echte Soundso!“, und schon passt es. Es heißt einfach, das muss so aussehen, die echten Soundso sehen so aus, das ist so beabsichtigt. Und schon ist es stylisch und hype. Egal wie unförmig du daher kommst. Das gilt natürlich nur für die diejenigen, die die Marken auch kennen, sonst sieht es weiterhin bekloppt aus.“