Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Man müsste mal …
RAU
„Mal nach Asien fahren, sich China ansehen“, beginnt Wolf verschmitzt, nachdem er die Idee mit dem Man-müsste-mal vorgeschlagen hat.
„Besser gleich Chinesisch lernen und für die Weltmacht der Zukunft fitmachen“, meint Konrad und glaubt es nicht, was er da sagt. Ein blödes Spiel hat sein Freund Wolf da vorgeschlagen, fast ein Kinderspiel. „Dabei machen die mir eher Angst mit ihrer ganzen autokratischen Politik, und nein, wenn ich es mir recht überlege, werde ich weder dorthin fahren noch ihre Sprache lernen. Also fangen wir am besten nochmal an.“
„Mal wieder in die Sauna gehen“, schlägt Wolf vor und prostet ihm zu, „vorher in den Fitnessclub, oder nein, vielleicht doch lieber erst ins Kino und dann in eine Bar, dort verhocken bis morgens um zwei und mit dem Taxi nach Hause.“
„Wie früher, das klingt besser. Halbe Nächte zum Tag machen, tolle Leute treffen, Frauen kennenlernen, wie das halt so war.“
„Bei dir vielleicht, ich war ja eher brav und mit fünfundzwanzig schon verheiratet.“
„Selber schuld, würde ich sagen.“
„Wie man’s nimmt, hätten wir uns erst später kennengelernt, hätten wir nicht so viele schöne Jahre zusammen gehabt.“
Konrad sieht seinen Freund an und nickt. Er weiß, wie schwer der sich tut mit der fortschreitenden Krankheit seiner Frau, möchte aber heute nicht darüber reden. Nicht nach diesem schönen Abend mit leckeren Häppchen und gelungenem Schachspiel. Er reibt sich die Hände und überlegt. „Sich auf der Straße festkleben, das wäre auch was.“
„So wie deine Tochter?“
Konrad nickt. „Die macht es richtig, wir trauen uns das doch gar nicht mehr. Sich mal wieder in der Öffentlichkeit politisch äußern und nicht nur im privaten Kreis, wo sowieso alle genauso denken wie man selber. Ordentlich auf den Putz hauen und sagen, dass es reicht. “
„Debattieren was das Zeug hält“, meint Wolf.
„Denen die rote Karte zeigen, die nichts verstehen wollen.“
„Dass es so nicht weitergeht.“
„Genau“, sagt Konrad.
Wie einig sie sich wieder sich, sie zwei beide, Freunde seit vielen Jahren, auch wenn ihre Leben nicht unterschiedlicher sein könnten. Wolf noch im Job, mit schwerkranker Frau im Heim und einer möglichen neuen Liebe. Er selber im siebenundzwanzigsten Jahr verheiratet, drei Kinder, seit einem Jahr pensioniert und leidlich glücklich. Irgendwas liegt halt immer quer im Leben, man muss nur durchhalten und das Gute sehen. Oder sich mal wieder trauen zu träumen. Von dem, was es auch noch gibt, was man halb vergessen hat und endlich mal wieder machen könnte.
„Fliegenfischen, mit dem Motorrad durch Europa düsen oder am besten gleich nach den Sternen greifen“, sagt er dann und lächelt seinem Freund zu.
Der nickt und sieht auf einmal ernst aus. „Man müsste einfach mal wieder eine Nacht durchschlafen können, das wäre doch auch schon was.“
Texte zum Alltäglichen -
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Man müsste mal …
RAU
„Mal nach Asien fahren, sich China ansehen“, beginnt Wolf verschmitzt, nachdem er die Idee mit dem Man-müsste-mal vorgeschlagen hat.
„Besser gleich Chinesisch lernen und für die Weltmacht der Zukunft fitmachen“, meint Konrad und glaubt es nicht, was er da sagt. Ein blödes Spiel hat sein Freund Wolf da vorgeschlagen, fast ein Kinderspiel. „Dabei machen die mir eher Angst mit ihrer ganzen autokratischen Politik, und nein, wenn ich es mir recht überlege, werde ich weder dorthin fahren noch ihre Sprache lernen. Also fangen wir am besten nochmal an.“
„Mal wieder in die Sauna gehen“, schlägt Wolf vor und prostet ihm zu, „vorher in den Fitnessclub, oder nein, vielleicht doch lieber erst ins Kino und dann in eine Bar, dort verhocken bis morgens um zwei und mit dem Taxi nach Hause.“
„Wie früher, das klingt besser. Halbe Nächte zum Tag machen, tolle Leute treffen, Frauen kennenlernen, wie das halt so war.“
„Bei dir vielleicht, ich war ja eher brav und mit fünfundzwanzig schon verheiratet.“
„Selber schuld, würde ich sagen.“
„Wie man’s nimmt, hätten wir uns erst später kennengelernt, hätten wir nicht so viele schöne Jahre zusammen gehabt.“
Konrad sieht seinen Freund an und nickt. Er weiß, wie schwer der sich tut mit der fortschreitenden Krankheit seiner Frau, möchte aber heute nicht darüber reden. Nicht nach diesem schönen Abend mit leckeren Häppchen und gelungenem Schachspiel. Er reibt sich die Hände und überlegt. „Sich auf der Straße festkleben, das wäre auch was.“
„So wie deine Tochter?“
Konrad nickt. „Die macht es richtig, wir trauen uns das doch gar nicht mehr. Sich mal wieder in der Öffentlichkeit politisch äußern und nicht nur im privaten Kreis, wo sowieso alle genauso denken wie man selber. Ordentlich auf den Putz hauen und sagen, dass es reicht. “
„Debattieren was das Zeug hält“, meint Wolf.
„Denen die rote Karte zeigen, die nichts verstehen wollen.“
„Dass es so nicht weitergeht.“
„Genau“, sagt Konrad.
Wie einig sie sich wieder sich, sie zwei beide, Freunde seit vielen Jahren, auch wenn ihre Leben nicht unterschiedlicher sein könnten. Wolf noch im Job, mit schwerkranker Frau im Heim und einer möglichen neuen Liebe. Er selber im siebenundzwanzigsten Jahr verheiratet, drei Kinder, seit einem Jahr pensioniert und leidlich glücklich. Irgendwas liegt halt immer quer im Leben, man muss nur durchhalten und das Gute sehen. Oder sich mal wieder trauen zu träumen. Von dem, was es auch noch gibt, was man halb vergessen hat und endlich mal wieder machen könnte.
„Fliegenfischen, mit dem Motorrad durch Europa düsen oder am besten gleich nach den Sternen greifen“, sagt er dann und lächelt seinem Freund zu.
Der nickt und sieht auf einmal ernst aus. „Man müsste einfach mal wieder eine Nacht durchschlafen können, das wäre doch auch schon was.“