Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog

Lebenslauf
WIE
„Die wollen nur einen ganz kurzen Lebenslauf. Ich werde wahnsinnig, was soll ich da schreiben?“ Hannas Stimme klingt bereits so hoch, dass Vorsicht geboten ist.
„Zähle deine fachlichen Kompetenzen auf, davon hast du genug und alles mit hervorragenden Abschlüssen.“ Hannas Freundin ist wie immer bemüht, Mut zu machen.
„Ja, aber leider nicht so geradlinig, wie man es sich wünscht. Oder soll ich schreiben 'Abiturnote 1,3 mit den Schwerpunkten Biologie Chemie und Mathe. Und ich habe trotz des guten NCs nicht Medizin studiert, sondern Archäologie, sechzehn Semester an den verschiedensten Forschungsprojekten mitgearbeitet, Promotion kurz vor Ende abgebrochen und stattdessen meinen Mann für ein Staudammprojekt in Südamerika begleitet. Und dort ganz nebenbei eine archäologische Fundstätte betreut und persönlich für den Erhalt des Geländes gekämpft. Später hat die Firma meines Mannes von der UNESCO einen Preis dafür bekommen. Während ich mittlerweile meinen familiären Verpflichtungen zu Hause nachgekommen bin, während mein Mann in der Weltgeschichte von einem Staudammprojekt zum nächsten gereist ist."
„Ja gut, das klingt alles nicht so stringent, schreib doch einfach ganz ehrlich, das ist immer die beste Methode.“
„Du meinst ganz ehrlich? Nach sieben Jahren bin ich aus Südamerika zurück ins Rheinland gekommen, um meinem Vater in seinem Unternehmen zu helfen. Leider wurde seine Demenz rapide immer schlimmer. Ein kleines, gut laufendes Pharmaunternehmen, das spezielle Impfstoffe für seltene Tropenkrankheiten herstellte. Ich habe sowohl im Büro als auch im Labor gearbeitet. Ich habe überall wichtige Aufgaben übernommen, was keiner wissen durfte, weil die Kunden immer noch den Namen meines Vaters mit dem Unternehmen verbanden. Und ich habe in der Zeit dabei geholfen einige neue Impfstoffe zu entwickeln, die das Überleben des Unternehmens gesichert haben.
Bis ich schwanger wurde. Allerdings nicht von meinem Mann, sondern von einem seiner besten Freunde. Sechs Jahre später bekomme ich das zweite Kind, diesmal ist mein Mann auch der Vater, ein Mädchen. Soll ich schreiben, dass die Entwicklung meiner Tochter sehr schwierig war, ungewöhnlich hohe Intelligenz, aber sehr verhaltensauffällig. Dass ich alles Wissenswerte über Asperger und ADHS zusammengetragen habe und meiner Tochter dadurch sehr helfen konnte. Und meinem Sohn auch, der als Legastheniker erfolgreicher Möbelschreiner mit eigener Firma geworden ist.
„Ja gut, so sehr musst du auch nicht in die Familiengeschichte eintauchen.
„Klar werde ich nicht schreiben, dass ich meinem Mann nach seinem Burnout den Weg frei gemacht habe, sich komplett umzuorientieren. Dass ich dafür gesorgt haben, dass das Familienunternehmen bis heute mit einem gut funktionierenden Team weiterhin existiert. Für meinen meinem Sohn mache ich die ganze Öffentlichkeitsarbeit seiner Firma, meine Tochter coache ich weiterhin bei ihrer Karriere.“
„Nein das hat im Lebenslauf nichts zu suchen.“
„Ich weiß einfach nicht, was ich schreiben soll.“
Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog

Lebenslauf
WIE
„Die wollen nur einen ganz kurzen Lebenslauf. Ich werde wahnsinnig, was soll ich da schreiben?“ Hannas Stimme klingt bereits so hoch, dass Vorsicht geboten ist.
„Zähle deine fachlichen Kompetenzen auf, davon hast du genug und alles mit hervorragenden Abschlüssen.“ Hannas Freundin ist wie immer bemüht, Mut zu machen.
„Ja, aber leider nicht so geradlinig, wie man es sich wünscht. Oder soll ich schreiben 'Abiturnote 1,3 mit den Schwerpunkten Biologie Chemie und Mathe. Und ich habe trotz des guten NCs nicht Medizin studiert, sondern Archäologie, sechzehn Semester an den verschiedensten Forschungsprojekten mitgearbeitet, Promotion kurz vor Ende abgebrochen und stattdessen meinen Mann für ein Staudammprojekt in Südamerika begleitet. Und dort ganz nebenbei eine archäologische Fundstätte betreut und persönlich für den Erhalt des Geländes gekämpft. Später hat die Firma meines Mannes von der UNESCO einen Preis dafür bekommen. Während ich mittlerweile meinen familiären Verpflichtungen zu Hause nachgekommen bin, während mein Mann in der Weltgeschichte von einem Staudammprojekt zum nächsten gereist ist."
„Ja gut, das klingt alles nicht so stringent, schreib doch einfach ganz ehrlich, das ist immer die beste Methode.“
„Du meinst ganz ehrlich? Nach sieben Jahren bin ich aus Südamerika zurück ins Rheinland gekommen, um meinem Vater in seinem Unternehmen zu helfen. Leider wurde seine Demenz rapide immer schlimmer. Ein kleines, gut laufendes Pharmaunternehmen, das spezielle Impfstoffe für seltene Tropenkrankheiten herstellte. Ich habe sowohl im Büro als auch im Labor gearbeitet. Ich habe überall wichtige Aufgaben übernommen, was keiner wissen durfte, weil die Kunden immer noch den Namen meines Vaters mit dem Unternehmen verbanden. Und ich habe in der Zeit dabei geholfen einige neue Impfstoffe zu entwickeln, die das Überleben des Unternehmens gesichert haben.
Bis ich schwanger wurde. Allerdings nicht von meinem Mann, sondern von einem seiner besten Freunde. Sechs Jahre später bekomme ich das zweite Kind, diesmal ist mein Mann auch der Vater, ein Mädchen. Soll ich schreiben, dass die Entwicklung meiner Tochter sehr schwierig war, ungewöhnlich hohe Intelligenz, aber sehr verhaltensauffällig. Dass ich alles Wissenswerte über Asperger und ADHS zusammengetragen habe und meiner Tochter dadurch sehr helfen konnte. Und meinem Sohn auch, der als Legastheniker erfolgreicher Möbelschreiner mit eigener Firma geworden ist.
„Ja gut, so sehr musst du auch nicht in die Familiengeschichte eintauchen.
„Klar werde ich nicht schreiben, dass ich meinem Mann nach seinem Burnout den Weg frei gemacht habe, sich komplett umzuorientieren. Dass ich dafür gesorgt haben, dass das Familienunternehmen bis heute mit einem gut funktionierenden Team weiterhin existiert. Für meinen meinem Sohn mache ich die ganze Öffentlichkeitsarbeit seiner Firma, meine Tochter coache ich weiterhin bei ihrer Karriere.“
„Nein das hat im Lebenslauf nichts zu suchen.“
„Ich weiß einfach nicht, was ich schreiben soll.“