Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Kopf hoch
RAU
Damals, vor etlichen Jahren, sagte er genau das zu ihr: Nimm den Kopf hoch und sieh nach oben. Sie weiß es noch genau, ob er es auch noch weiß? Egal. Es war zu einer Zeit, als ihr ständig zu viel im Kopf war von ihrem anstrengenden Leben mit der neuen Selbstständigkeit, zwei pubertierenden Kindern und einem Mann, der selten da war. Und dann noch das Leben in der Stadt mit Müll auf den Gehwegen und in den Parks und den vielen fremd aussehenden jungen Männern. Zuviel von all dem auf jeden Fall, was sie nicht mochte und auch nicht einordnen konnte. Zu wenig Leichtes, Schönes und Helles, dafür viel zu viel Brass.
Kopf hoch und in den Himmel schauen, riet er ihr damals.
Aber dann stolpere ich doch oder falle hin.
Wirst du nicht, immer schön die Füße hochheben.
Der Vogelschwarm. Die weißen Wolken. Die sich wiegenden Bäume. Die großen Dachfenster gehören sicherlich zu einem Atelier, welche Kunst dort oben wohl gemacht wird? Auf einem der nächsten Häuser wachsen Bäume auf dem Dach, ein Garten fast im Himmel, sicherlich wunderschön, von dort oben weit über die Stadt zu sehen. Ui, ein Schornsteinfeger. Ein Flugzeug macht sich bereit für die Landung, wo es wohl herkommt? Freche Tauben auf dem Erkersims, Spatzen in den Ästen. Das erste Grün. Hier die Flagge der Ukraine, sie hängt seit dem ersten Kriegstag dort, sie weiß es genau. Dort die Fahne der Palästinenser, in der nächsten Straße die für den Frieden. Zwei menschhohe Skulpturen nebeneinander auf dem obersten Balkon, passen sie womöglich auf die Straße auf?
Lampen und aufwendige Lichtinstallationen an den Zimmerdecken, und sie denkt, die eine hätte sie auch gerne. In einem hinteren Flur hängt der Wäscheständer hoch oben, steht also nie im Weg, wie praktisch. Koffer, Körbe und Kisten auf Schränken. Unterschiedliche Stuckarbeiten, alle findet sie schön. In einer Wohnung hängt ein Spiegel doch glatt über dem Bett, wer braucht denn sowas? Naja, ihr egal. Meist sind die Decken weiß, die Wände aber nicht. Innenraumgestaltung mit Überlegung also, nicht so ihr Ding. Dort ein Riss neben dem Lüster, im anderen Zimmer blättert die Farbe schon ab. Spinnweben in den oberen Ecken. Von Zigaretten geschwärzte Decken.
Sie hat es beibehalten seitdem. Hebt überall den Kopf. Ihre Haltung ist seitdem eine andere, aufrechter und auch selbstbewusster. Sieht viel mehr seitdem und hat bessere Laune. Geht doch. Und hingefallen ist sie kein einziges Mal.
Texte zum Alltäglichen -
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Kopf hoch
RAU
Damals, vor etlichen Jahren, sagte er genau das zu ihr: Nimm den Kopf hoch und sieh nach oben. Sie weiß es noch genau, ob er es auch noch weiß? Egal. Es war zu einer Zeit, als ihr ständig zu viel im Kopf war von ihrem anstrengenden Leben mit der neuen Selbstständigkeit, zwei pubertierenden Kindern und einem Mann, der selten da war. Und dann noch das Leben in der Stadt mit Müll auf den Gehwegen und in den Parks und den vielen fremd aussehenden jungen Männern. Zuviel von all dem auf jeden Fall, was sie nicht mochte und auch nicht einordnen konnte. Zu wenig Leichtes, Schönes und Helles, dafür viel zu viel Brass.
Kopf hoch und in den Himmel schauen, riet er ihr damals.
Aber dann stolpere ich doch oder falle hin.
Wirst du nicht, immer schön die Füße hochheben.
Der Vogelschwarm. Die weißen Wolken. Die sich wiegenden Bäume. Die großen Dachfenster gehören sicherlich zu einem Atelier, welche Kunst dort oben wohl gemacht wird? Auf einem der nächsten Häuser wachsen Bäume auf dem Dach, ein Garten fast im Himmel, sicherlich wunderschön, von dort oben weit über die Stadt zu sehen. Ui, ein Schornsteinfeger. Ein Flugzeug macht sich bereit für die Landung, wo es wohl herkommt? Freche Tauben auf dem Erkersims, Spatzen in den Ästen. Das erste Grün. Hier die Flagge der Ukraine, sie hängt seit dem ersten Kriegstag dort, sie weiß es genau. Dort die Fahne der Palästinenser, in der nächsten Straße die für den Frieden. Zwei menschhohe Skulpturen nebeneinander auf dem obersten Balkon, passen sie womöglich auf die Straße auf?
Lampen und aufwendige Lichtinstallationen an den Zimmerdecken, und sie denkt, die eine hätte sie auch gerne. In einem hinteren Flur hängt der Wäscheständer hoch oben, steht also nie im Weg, wie praktisch. Koffer, Körbe und Kisten auf Schränken. Unterschiedliche Stuckarbeiten, alle findet sie schön. In einer Wohnung hängt ein Spiegel doch glatt über dem Bett, wer braucht denn sowas? Naja, ihr egal. Meist sind die Decken weiß, die Wände aber nicht. Innenraumgestaltung mit Überlegung also, nicht so ihr Ding. Dort ein Riss neben dem Lüster, im anderen Zimmer blättert die Farbe schon ab. Spinnweben in den oberen Ecken. Von Zigaretten geschwärzte Decken.
Sie hat es beibehalten seitdem. Hebt überall den Kopf. Ihre Haltung ist seitdem eine andere, aufrechter und auch selbstbewusster. Sieht viel mehr seitdem und hat bessere Laune. Geht doch. Und hingefallen ist sie kein einziges Mal.