Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Keine Garantie
WIE
1
Als die ersten Computer im Konzern Einzug hielten, war sie die Mutigste, die sich an den grün leuchtenden Bildschirm wagte. Sie probierte und studierte, lernte die unzähligen Befehle, die man für jeden Schritt einzeln kennen musste. Sie war gefragt, stand mit Rat und Tat für alle anderen bereit. Der Aufstieg in eine höhere Verwaltungsebene schien garantiert.
Nur wenige Jahre später wurde ein modernes Betriebssystem eingeführt. Jetzt musste man nur noch fertige Befehle in Menüs anklicken, und schon machte der Computer alles, dazu dazu noch bunt und schön anzusehen. Die Kolleginnen und Kollegen kamen gut damit allein zurecht. Doch sie war ausgebrannt.
2
Sie hatten die Seminare und Examensarbeiten zusammen bestritten, in politischen Gremien und Vereinen um gute Sachen gestritten, in Wohngemeinschaften und Beziehungen neue Lebensformen ergriffen, ökologisch, biologisch, gewaltfrei, gleichberechtigt, emanzipiert. Ein Leben mit diesen Idealen schien garantiert.
Mit den Jahren hatten sie sich fast aus den aus den Augen verloren, sie lebten in anderen Städte, hatten andere Berufe ergriffen und neue Partner gefunden. Doch dank des Internets fanden sie sich wieder und vereinbarten ein Treffen. Die Freude war groß: Was machst du, wo wohnst du, wie lebst du? Doch was dann Arbeit, Geld, Partnerschaft, Familie und Interessen betraf, schien nichts mehr unter einen Hut zu passen. Dass sie beide noch rauchten, das war geblieben.
3
Die Eltern wussten es schon immer, und auch er hatte nie über etwas anderes nachgedacht. Bei dem NC, den Eltern und den Beziehungen stand es fest, er würde auch Jura studieren und Anwalt werden. Erst noch ein paar Jahre Erfahrungen im Ausland sammeln und dann in die Kanzlei einsteigen, in der schon sein Vater Teilhaber war.
Eine kleine Reifenpanne brachte dann doch einiges durcheinander. Ein junger Pakistani, der ihm beim Schlauchwechseln half, lud ihn noch zu sich nach Hause ein. Sie fachsimpelten über Fahrräder, Reparierbarkeit, Zuverlässigkeit und merkten bald, dass sie nicht nur geschäftlich, sondern auch persönlich zusammen passten. Aus einem kleinen Online-Versand mit pakistanischen Fahrrädern, einfach, aber äußerst robust und ohne E- Antrieb, wurde erst ein regionales, dann ein überregionales Geschäft. Erst recht, als der Hype um überteuerte Fahrräder und E-Bikes erloschen war ,und man wieder solide Räder suchte.
4
Sie wollte immer schon ein Haus auf dem Land, großen Garten, nette Nachbarn, und viele Kinder. Einen Job, bei dem sich der Familienleben und Arbeit vereinbaren ließ und einen Mann, der dieses Lebensmodell teilt. Den Mann fand sie, das Haus und den Garten auch. Kinder kamen auf die Welt, vier an der Zahl.
Alles hätte so weitergehen können, wäre sie da nicht mehr oder weniger zufällig auf eine Bürgerinitiative gestoßen. Sie war rhetorisch geschickt, ihr Organisationstalent ausgeprägt, ihr Gespür für Machbares und den Umgang mit männlichem Machtgehabe groß. Sie bekam kurz darauf einen Platz in der Landesregierung und wenig später ein Ministeramt. Und es war ein Posten in Berlin für sie geplant. Ihre Familie musste jetzt das Traumleben ohne sie weiterleben.
Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Keine Garantie
WIE
1
Als die ersten Computer im Konzern Einzug hielten, war sie die Mutigste, die sich an den grün leuchtenden Bildschirm wagte. Sie probierte und studierte, lernte die unzähligen Befehle, die man für jeden Schritt einzeln kennen musste. Sie war gefragt, stand mit Rat und Tat für alle anderen bereit. Der Aufstieg in eine höhere Verwaltungsebene schien garantiert.
Nur wenige Jahre später wurde ein modernes Betriebssystem eingeführt. Jetzt musste man nur noch fertige Befehle in Menüs anklicken, und schon machte der Computer alles, dazu dazu noch bunt und schön anzusehen. Die Kolleginnen und Kollegen kamen gut damit allein zurecht. Doch sie war ausgebrannt.
2
Sie hatten die Seminare und Examensarbeiten zusammen bestritten, in politischen Gremien und Vereinen um gute Sachen gestritten, in Wohngemeinschaften und Beziehungen neue Lebensformen ergriffen, ökologisch, biologisch, gewaltfrei, gleichberechtigt, emanzipiert. Ein Leben mit diesen Idealen schien garantiert.
Mit den Jahren hatten sie sich fast aus den aus den Augen verloren, sie lebten in anderen Städte, hatten andere Berufe ergriffen und neue Partner gefunden. Doch dank des Internets fanden sie sich wieder und vereinbarten ein Treffen. Die Freude war groß: Was machst du, wo wohnst du, wie lebst du? Doch was dann Arbeit, Geld, Partnerschaft, Familie und Interessen betraf, schien nichts mehr unter einen Hut zu passen. Dass sie beide noch rauchten, das war geblieben.
3
Die Eltern wussten es schon immer, und auch er hatte nie über etwas anderes nachgedacht. Bei dem NC, den Eltern und den Beziehungen stand es fest, er würde auch Jura studieren und Anwalt werden. Erst noch ein paar Jahre Erfahrungen im Ausland sammeln und dann in die Kanzlei einsteigen, in der schon sein Vater Teilhaber war.
Eine kleine Reifenpanne brachte dann doch einiges durcheinander. Ein junger Pakistani, der ihm beim Schlauchwechseln half, lud ihn noch zu sich nach Hause ein. Sie fachsimpelten über Fahrräder, Reparierbarkeit, Zuverlässigkeit und merkten bald, dass sie nicht nur geschäftlich, sondern auch persönlich zusammen passten. Aus einem kleinen Online-Versand mit pakistanischen Fahrrädern, einfach, aber äußerst robust und ohne E- Antrieb, wurde erst ein regionales, dann ein überregionales Geschäft. Erst recht, als der Hype um überteuerte Fahrräder und E-Bikes erloschen war ,und man wieder solide Räder suchte.
4
Sie wollte immer schon ein Haus auf dem Land, großen Garten, nette Nachbarn, und viele Kinder. Einen Job, bei dem sich der Familienleben und Arbeit vereinbaren ließ und einen Mann, der dieses Lebensmodell teilt. Den Mann fand sie, das Haus und den Garten auch. Kinder kamen auf die Welt, vier an der Zahl.
Alles hätte so weitergehen können, wäre sie da nicht mehr oder weniger zufällig auf eine Bürgerinitiative gestoßen. Sie war rhetorisch geschickt, ihr Organisationstalent ausgeprägt, ihr Gespür für Machbares und den Umgang mit männlichem Machtgehabe groß. Sie bekam kurz darauf einen Platz in der Landesregierung und wenig später ein Ministeramt. Und es war ein Posten in Berlin für sie geplant. Ihre Familie musste jetzt das Traumleben ohne sie weiterleben.