Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Kann später werden
WIE
Das höre ich einen Kollegen sagen, kurz bevor er einen Anruf beendet und sein Handy wegsteckt. Bei diesem Satz muss ich unweigerlich feststellen, dass ich verlässliche Zeitangaben ziemlich gut finde. „Kann später werden“, was soll das heißen? Mal eben paar Minuten oder Stunden? In Filmen hört man den Satz „Kann später werden", wenn Männer die Arbeit, eine wichtige Besprechung oder andere Termine vorschieben, um Zeit für ihre Liebesaffären zu haben. "Kann später werden", ein Satz, bei dem aller Grund besteht, misstrauisch zu werden. Wenn man nicht schon längst weiß, um was es in Wirklichkeit geht. Also auch eine Gelegenheit, den eigenen Sachen ungestört nachzugehen.
Aber es muss nicht jedes Mal eine Affäre vorliegen, wenn es später wird. Bei Fahrten mit der deutschen Bundesbahn oder über die Autobahnen des Ruhrgebiets und rund um Köln ist es normal, dass einem diese Nachricht zukommt. Macht euch bitte keine Sorgen, wartet nicht auf mich, fangt schon mal mit dem Essen an, mit der Feier oder der Bescherung.
Bin ich derjenige, der vom „Kann später werden“ betroffen ist, finde ich es auch einfach. „Kann später werden“, das ist ein Zeitabschnitt, der sehr unterschiedlich ausfallen kann. Klar ist nur, zur verabredeten Zeit kommt es nicht, also irgendwann später. Viele Menschen sind vielleicht froh über geschenkte Zeit, um doch noch schnell etwas wegzuräumen oder zu erledigen, was man vorher nicht geschafft hat.
Bei mir ist es anders, schließlich bin ich meistens bemüht, pünktlich fertig zu werden, wenn ich Besuch erwarte. Natürlich schließt das nicht aus, dass ich gegen Ende noch einiges unter Stress erledigen muss. Aber wenn dann die Nachricht kommt, „Kann später werden“, was im Zeitalter von Handys gerne äußerst kurzfristig mitgeteilt wird, finde ich es geradezu schwierig. Dieser Wechsel von einer hektischen Betriebsamkeit in eine Wartezeit voller Leere, in reines Nichtstun, ist einfach brutal.
„Warum nutzt du nicht die Zeit, etwas anderes zu machen“, heißt es dann gerne. Was anderes, etwas für fünf oder zehn Minuten oder für eine halbe Stunde? Beginne ich dann mit einer umfangreicheren Tätigkeit, besteht das Risiko, plötzlich wieder abbrechen zu müssen, wenn es klingelt. Natürlich könnte ich den verspäteten Gast seinerseits auch warten lassen und vertrösten, weil ich das Telefonat noch dauert, eine Bestellung oder Überweisung noch online abschließen muss, begleitet von der sprachlosen Geste, sich doch schon mal zu setzen und es sich gemütlich zu machen. Was aber auch nicht ungefährlich ist, gibt es dem wartenden Gast doch die Gelegenheit, sich selber wieder mit etwas anderem zu beschäftigen. Und wenn ich dann so weit bin, muss ich feststellen, dass ich wieder für einem Moment warten darf. Einen Moment, den man eigentlich dazu nutzen könnten, noch mal ganz kurz, etwas im Flur wegzuräumen, ein paar Sachen aus der Waschmaschine zu sortieren, in der Küche schon mal etwas aufzuräumen …
Ich kenne Besuche und Begegnungen, die aus nichts anderem bestehen, als sich gegenseitig warten zu lassen. Doch vielen Menschen macht das nichts aus und sie haben dennoch das Gefühl, sich gegenseitig besucht zu haben. Am Ende schwärmen sie sogar vom gemeinsamen Treffen und sind sich einig, genau das bald zu wiederholen.
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Kann später werden
WIE
Das höre ich einen Kollegen sagen, kurz bevor er einen Anruf beendet und sein Handy wegsteckt. Bei diesem Satz muss ich unweigerlich feststellen, dass ich verlässliche Zeitangaben ziemlich gut finde. „Kann später werden“, was soll das heißen? Mal eben paar Minuten oder Stunden? In Filmen hört man den Satz „Kann später werden", wenn Männer die Arbeit, eine wichtige Besprechung oder andere Termine vorschieben, um Zeit für ihre Liebesaffären zu haben. "Kann später werden", ein Satz, bei dem aller Grund besteht, misstrauisch zu werden. Wenn man nicht schon längst weiß, um was es in Wirklichkeit geht. Also auch eine Gelegenheit, den eigenen Sachen ungestört nachzugehen.
Aber es muss nicht jedes Mal eine Affäre vorliegen, wenn es später wird. Bei Fahrten mit der deutschen Bundesbahn oder über die Autobahnen des Ruhrgebiets und rund um Köln ist es normal, dass einem diese Nachricht zukommt. Macht euch bitte keine Sorgen, wartet nicht auf mich, fangt schon mal mit dem Essen an, mit der Feier oder der Bescherung.
Bin ich derjenige, der vom „Kann später werden“ betroffen ist, finde ich es auch einfach. „Kann später werden“, das ist ein Zeitabschnitt, der sehr unterschiedlich ausfallen kann. Klar ist nur, zur verabredeten Zeit kommt es nicht, also irgendwann später. Viele Menschen sind vielleicht froh über geschenkte Zeit, um doch noch schnell etwas wegzuräumen oder zu erledigen, was man vorher nicht geschafft hat.
Bei mir ist es anders, schließlich bin ich meistens bemüht, pünktlich fertig zu werden, wenn ich Besuch erwarte. Natürlich schließt das nicht aus, dass ich gegen Ende noch einiges unter Stress erledigen muss. Aber wenn dann die Nachricht kommt, „Kann später werden“, was im Zeitalter von Handys gerne äußerst kurzfristig mitgeteilt wird, finde ich es geradezu schwierig. Dieser Wechsel von einer hektischen Betriebsamkeit in eine Wartezeit voller Leere, in reines Nichtstun, ist einfach brutal.
„Warum nutzt du nicht die Zeit, etwas anderes zu machen“, heißt es dann gerne. Was anderes, etwas für fünf oder zehn Minuten oder für eine halbe Stunde? Beginne ich dann mit einer umfangreicheren Tätigkeit, besteht das Risiko, plötzlich wieder abbrechen zu müssen, wenn es klingelt. Natürlich könnte ich den verspäteten Gast seinerseits auch warten lassen und vertrösten, weil ich das Telefonat noch dauert, eine Bestellung oder Überweisung noch online abschließen muss, begleitet von der sprachlosen Geste, sich doch schon mal zu setzen und es sich gemütlich zu machen. Was aber auch nicht ungefährlich ist, gibt es dem wartenden Gast doch die Gelegenheit, sich selber wieder mit etwas anderem zu beschäftigen. Und wenn ich dann so weit bin, muss ich feststellen, dass ich wieder für einem Moment warten darf. Einen Moment, den man eigentlich dazu nutzen könnten, noch mal ganz kurz, etwas im Flur wegzuräumen, ein paar Sachen aus der Waschmaschine zu sortieren, in der Küche schon mal etwas aufzuräumen …
Ich kenne Besuche und Begegnungen, die aus nichts anderem bestehen, als sich gegenseitig warten zu lassen. Doch vielen Menschen macht das nichts aus und sie haben dennoch das Gefühl, sich gegenseitig besucht zu haben. Am Ende schwärmen sie sogar vom gemeinsamen Treffen und sind sich einig, genau das bald zu wiederholen.