Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Kaltes Buffet
RAU
Ah, es gibt Vitello Tonnato, da greift sie doch gleich mal zu. Nimmt sich vom Stapel einen kleinen Teller und legt sich zwei Scheiben samt sämiger Sauce mit Kapern obendrauf. Dann noch etwas Linsensalat und ein paar eingelegte Paprika. Nein, kein Brot, obwohl das Olivenciabatta sehr gut aussieht. Dafür lieber ein Glas gekühlten Sekt.
Sieht sehr fein aus, dieses kalte Buffet, das Meiste darauf sicherlich selbstgemacht. Alles sehr ansprechend angerichtet, hier und da mit frischen Kräutern garniert und auf einem Seitentisch noch eine üppige Auswahl verschiedenster Desserts.
Verhungern wird sie auf keinen Fall an diesem Spätnachmittag, zu dem ihre Schwester sie mitgenommen hat. Hoffest im Haus ihres Büros, da konnte Ina nicht absagen und muss bei der Gelegenheit mit ihren Vermietern über anstehende Renovierungen sprechen. Hinterher wollen sie noch in ihre Lieblingsbar gehen, Ina liegt wohl etwas auf dem Herzen. Sicherlich wieder ihr unsäglicher Mann, von dem sie sich schon längst verabschieden sollte.
Jetzt steht Charlotte vor den gekühlten Sektflaschen. Stellt erst einmal ihren Teller ab, legt Besteck und Serviette daneben, und füllt sich ein Glas. Ina ist schon im Gespräch mit ihren Vermietern, da möchte sie auf keinen Fall stören. Aber wohin nun? Ist das nicht immer die Frage bei solchen Festen mit Buffet? Wo man von hier nach dort gehen und sich treiben lassen kann oder auch festhaken, je nachdem?
Ein schneller Blick auf die Gäste, immerhin eine relativ gute Mischung aus Jung und Alt, dort ein Kinderwagen, in der Sandkiste spielen zwei Kleinkinder, vier Jugendliche daddeln auf ihren Handys. Der Rest sitzt an Tischen unter der üppigen Kastanie, redet und lacht, ist vertraut miteinander. Da ist niemand für sie, das sieht sie innerhalb von zwei Sekunden. Sie greift Teller und Glas, klemmt sich Serviette und Besteck unter den Arm, das will gekonnt sein, denkt sie. Geht umher, stellt ihren Teller an einem leeren Stehtisch ab und nimmt vom Sekt, köstlich. Probiert das Vitello, wunderbar sämig. Sieht in die Runde, Ina wirkt angespannt, aber ist sie das nicht schon länger? Die zwei Frauen dort hinten sehen nett aus, aber hat sie wirklich Lust auf ein Gespräch mit ihnen? Ein zumindest etwas gutaussehender Mann in ihrem Alter ist da, umringt von drei Frauen, die sich im Gute-Laune-Haben und Super-was-Erzählen gegenseitig überbieten. Der Hahn im Korb wirkt dennoch etwas gelangweilt und sieht zu ihr hinüber. Etwas zu lange. Nein danke, wirklich nicht, dann lieber wieder vor ans kalte Buffet.
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Kaltes Buffet
RAU
Ah, es gibt Vitello Tonnato, da greift sie doch gleich mal zu. Nimmt sich vom Stapel einen kleinen Teller und legt sich zwei Scheiben samt sämiger Sauce mit Kapern obendrauf. Dann noch etwas Linsensalat und ein paar eingelegte Paprika. Nein, kein Brot, obwohl das Olivenciabatta sehr gut aussieht. Dafür lieber ein Glas gekühlten Sekt.
Sieht sehr fein aus, dieses kalte Buffet, das Meiste darauf sicherlich selbstgemacht. Alles sehr ansprechend angerichtet, hier und da mit frischen Kräutern garniert und auf einem Seitentisch noch eine üppige Auswahl verschiedenster Desserts.
Verhungern wird sie auf keinen Fall an diesem Spätnachmittag, zu dem ihre Schwester sie mitgenommen hat. Hoffest im Haus ihres Büros, da konnte Ina nicht absagen und muss bei der Gelegenheit mit ihren Vermietern über anstehende Renovierungen sprechen. Hinterher wollen sie noch in ihre Lieblingsbar gehen, Ina liegt wohl etwas auf dem Herzen. Sicherlich wieder ihr unsäglicher Mann, von dem sie sich schon längst verabschieden sollte.
Jetzt steht Charlotte vor den gekühlten Sektflaschen. Stellt erst einmal ihren Teller ab, legt Besteck und Serviette daneben, und füllt sich ein Glas. Ina ist schon im Gespräch mit ihren Vermietern, da möchte sie auf keinen Fall stören. Aber wohin nun? Ist das nicht immer die Frage bei solchen Festen mit Buffet? Wo man von hier nach dort gehen und sich treiben lassen kann oder auch festhaken, je nachdem?
Ein schneller Blick auf die Gäste, immerhin eine relativ gute Mischung aus Jung und Alt, dort ein Kinderwagen, in der Sandkiste spielen zwei Kleinkinder, vier Jugendliche daddeln auf ihren Handys. Der Rest sitzt an Tischen unter der üppigen Kastanie, redet und lacht, ist vertraut miteinander. Da ist niemand für sie, das sieht sie innerhalb von zwei Sekunden. Sie greift Teller und Glas, klemmt sich Serviette und Besteck unter den Arm, das will gekonnt sein, denkt sie. Geht umher, stellt ihren Teller an einem leeren Stehtisch ab und nimmt vom Sekt, köstlich. Probiert das Vitello, wunderbar sämig. Sieht in die Runde, Ina wirkt angespannt, aber ist sie das nicht schon länger? Die zwei Frauen dort hinten sehen nett aus, aber hat sie wirklich Lust auf ein Gespräch mit ihnen? Ein zumindest etwas gutaussehender Mann in ihrem Alter ist da, umringt von drei Frauen, die sich im Gute-Laune-Haben und Super-was-Erzählen gegenseitig überbieten. Der Hahn im Korb wirkt dennoch etwas gelangweilt und sieht zu ihr hinüber. Etwas zu lange. Nein danke, wirklich nicht, dann lieber wieder vor ans kalte Buffet.