Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Ich will es gar nicht so genau wissen
RAU
Charlotte liegt schon im Bett, als Konrad aus dem Bad kommt und sich neben sie legt. Wohlige Wärme verströmt ihr Körper.
„War doch ein schöner Abend mit den Mädchen, endlich mal wieder“, murmelt sie und legt ihren Kopf auf seinen Brustkorb, schlaf gut.“
„Ja, du auch“, sagt er und drückt ihr einen Kuss auf den Mund.
Er ist sich nicht sicher, ob er den Abend wirklich schön fand, zu kurz war er auf jeden Fall. Schon nach etwas über einer Stunde haben sich die Mädchen wieder verabschiedet. Sind im Flur in ihre neuen Stiefel geschlüpft, die sie stolz hergezeigt haben. Stiefel? Hat er noch gedacht. Unförmige, klobige Ungetüme. Überall im Straßenbild sieht man sie jetzt. Genauso hässlich wie SUV’s, derselbe grauenhafte Look. Wie kranke Krebsgeschwüre, einfach viel zu riesig. Reinste Arbeitsschuhe in seinen Augen, dass die jungen Frauen so etwas tragen und auch noch schön finden! Als wären sie Männer, würden auf dem Bau oder im Wald arbeiten, als Zimmerer auf Dächern herumturnen oder schlimmstenfalls sogar Militärdienst leisten. Aberwitzig dicke Profilsohlen, als wäre der Himalaya zu besteigen, auf Wadenhöhe brutal abgeschnittene Stiefelschäfte, aus denen im günstigsten Fall hübsche, schlanke Beine rausgucken. Wie Cara und Anna sie glücklicherweise haben. Aber was machen sie damit? Lassen sie auch aus Knobelbechern heraustreten! Dazu ein dünnes Röckchen mit Spitze und ein grobgestrickter Männerpulli wie bei Cara. Geht’s noch? Überall sieht man jetzt diese unsägliche Mode.
Und als er was gesagt hat, sind aber gleich alle drei Frauen über ihn hergezogen. Dass er altmodisch sei und nicht mehr mitgehen wolle mit der Zeit, dass sich das Selbstverständnis der Frauen eben geändert habe und sie keine Lust mehr hätten, auf hohen Pumps Chauvis zu gefallen. Da hat er erstmal schlucken müssen, wollte etwas sagen und hat es dann doch sein lassen. Dabei wäre ihm zum Thema Chauvi eine Menge eingefallen. Manchmal haben Frauen aber doch noch High Heels an, hat er stattdessen gegengehalten. Aber nur zu Hosen, Papa! Oder du bist Prinzessin Kate. Sieh doch mal genau hin! Starke Gegensätze sind megaangesagt. Klobig zu filigran, Leuchtrot zu Lila und Rosa, spitz zu rund, Strick zu Seide, unten männlich und oben die weibliche Lockenpracht. Die Brechung ist das neue Credo.
Dem kann ich nicht mehr folgen, hat er gemeint, die Mädchen haben gar nichts mehr gesagt, und Charlotte hat nur ihre Augen verdreht nach dem Motto, du wieder. Dabei hatte er sich doch so auf den Abend mit den drei wichtigsten Frauen in seinem Leben gefreut und sich doch mal geöffnet, was sie so oft einfordern.
In diesem Moment hört er Charlotte seufzen, sie dreht sich auf die andere Seite und schiebt ihren Po an seinen Unterleib, sie schläft bereits. Wenn er das nur auch könnte, binnen Sekunden einschlafen, egal wie der Tag gewesen ist, wie sehr er sie darum beneidet. Wieder denkt er an die neuen Knobelbecher, sorry, Stiefel seiner Töchter. Einfach hässlich, da ist nichts zu rütteln. Wie viele Moden hat er nicht schon ausgehalten und über sich ergehen lassen müssen. Und was dahintersteckt, will er gar nicht so genau wissen, nein sich lieber an Schönem erfreuen und drückt sich noch etwas fester an seine Frau.
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Ich will es gar nicht so genau wissen
RAU
Charlotte liegt schon im Bett, als Konrad aus dem Bad kommt und sich neben sie legt. Wohlige Wärme verströmt ihr Körper.
„War doch ein schöner Abend mit den Mädchen, endlich mal wieder“, murmelt sie und legt ihren Kopf auf seinen Brustkorb, schlaf gut.“
„Ja, du auch“, sagt er und drückt ihr einen Kuss auf den Mund.
Er ist sich nicht sicher, ob er den Abend wirklich schön fand, zu kurz war er auf jeden Fall. Schon nach etwas über einer Stunde haben sich die Mädchen wieder verabschiedet. Sind im Flur in ihre neuen Stiefel geschlüpft, die sie stolz hergezeigt haben. Stiefel? Hat er noch gedacht. Unförmige, klobige Ungetüme. Überall im Straßenbild sieht man sie jetzt. Genauso hässlich wie SUV’s, derselbe grauenhafte Look. Wie kranke Krebsgeschwüre, einfach viel zu riesig. Reinste Arbeitsschuhe in seinen Augen, dass die jungen Frauen so etwas tragen und auch noch schön finden! Als wären sie Männer, würden auf dem Bau oder im Wald arbeiten, als Zimmerer auf Dächern herumturnen oder schlimmstenfalls sogar Militärdienst leisten. Aberwitzig dicke Profilsohlen, als wäre der Himalaya zu besteigen, auf Wadenhöhe brutal abgeschnittene Stiefelschäfte, aus denen im günstigsten Fall hübsche, schlanke Beine rausgucken. Wie Cara und Anna sie glücklicherweise haben. Aber was machen sie damit? Lassen sie auch aus Knobelbechern heraustreten! Dazu ein dünnes Röckchen mit Spitze und ein grobgestrickter Männerpulli wie bei Cara. Geht’s noch? Überall sieht man jetzt diese unsägliche Mode.
Und als er was gesagt hat, sind aber gleich alle drei Frauen über ihn hergezogen. Dass er altmodisch sei und nicht mehr mitgehen wolle mit der Zeit, dass sich das Selbstverständnis der Frauen eben geändert habe und sie keine Lust mehr hätten, auf hohen Pumps Chauvis zu gefallen. Da hat er erstmal schlucken müssen, wollte etwas sagen und hat es dann doch sein lassen. Dabei wäre ihm zum Thema Chauvi eine Menge eingefallen. Manchmal haben Frauen aber doch noch High Heels an, hat er stattdessen gegengehalten. Aber nur zu Hosen, Papa! Oder du bist Prinzessin Kate. Sieh doch mal genau hin! Starke Gegensätze sind megaangesagt. Klobig zu filigran, Leuchtrot zu Lila und Rosa, spitz zu rund, Strick zu Seide, unten männlich und oben die weibliche Lockenpracht. Die Brechung ist das neue Credo.
Dem kann ich nicht mehr folgen, hat er gemeint, die Mädchen haben gar nichts mehr gesagt, und Charlotte hat nur ihre Augen verdreht nach dem Motto, du wieder. Dabei hatte er sich doch so auf den Abend mit den drei wichtigsten Frauen in seinem Leben gefreut und sich doch mal geöffnet, was sie so oft einfordern.
In diesem Moment hört er Charlotte seufzen, sie dreht sich auf die andere Seite und schiebt ihren Po an seinen Unterleib, sie schläft bereits. Wenn er das nur auch könnte, binnen Sekunden einschlafen, egal wie der Tag gewesen ist, wie sehr er sie darum beneidet. Wieder denkt er an die neuen Knobelbecher, sorry, Stiefel seiner Töchter. Einfach hässlich, da ist nichts zu rütteln. Wie viele Moden hat er nicht schon ausgehalten und über sich ergehen lassen müssen. Und was dahintersteckt, will er gar nicht so genau wissen, nein sich lieber an Schönem erfreuen und drückt sich noch etwas fester an seine Frau.