Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Ich hab gewusst
RAU
Komm Balu, gehen wir in den Garten. Nur schnell raus hier, ich kriege keine Luft mehr. Jetzt werfe ich den Ball erstmal ganz weit fort, und du holst ihn schnell wieder, abgemacht?
Findest du die alte Oma auch so anstrengend? Zum Glück kommt sie nicht so oft wie die junge. Die ist nämlich richtig doll lieb, spielt mit mir und geht lange mit Dir spazieren, wenn ich in der Schule bin. Lecker kochen kann sie auch, alles schmeckt mir, wirklich alles. Und den Opa, den habe ich auch lieb, denn der kann ganz tolle Sachen basteln, neulich erst ein großes Vogelhaus. Gitarre spielt er auch und singt dazu, immer irgendwas Englisches, und die liebe, junge Oma und ich tanzen dazu. Jeden Donnerstag kommen die beiden, und das ist mein absoluter Lieblingstag. Deiner auch? Komm Balu, lass uns durchs Törchen gehen und ein bisschen durchs Viertel streifen, im kleinen Park kannst du dann toben.
Erwachsene sind so verschieden, ich fasse es nicht. Die junge Oma ist lieb, riecht gut und sagt zu fast allen Vorschlägen „Alles klar.“
„Wollen wir heute schwimmen gehen, Oma?“
„Alles klar, Noah.“
Die andere Oma, die alte, die zum Glück nicht so oft kommt, sagt zu Allem immer nur: „Ich hab‘s gewusst.“
Wie krass ist das denn. Ob ich nun ausnahmsweise mal eine zwei in Deutsch mit nach Hause bringe, wie neulich erst, dann sagt sie nur: „Ach Noah, ich hab‘s gewusst, dass du auch mal eine gute Note schreibst.“
Bringe ich wie üblich eine vier oder fünf in Mathe nach Hause, sagt sie auch: „Ich hab‘s gewusst.“
Es ist einfach ihre Standardantwort auf alles, wenn es regnet oder die Sonne scheint, Mama Kopfschmerzen hat, die liebe Oma im Lotto gewinnt oder Papas Lieblingsfußballverein ausnahmsweise mal verliert. „Ich hab‘s gewusst.“ Natürlich immer mit ihrer leicht schrillen, viel zu hohen Stimme, die mir in den Ohren weh tut.
Als hätte sie zu allen und allem auf dieser Welt eine geheime Verbindung oder überall Spione, als würde nichts ohne ihr Wissen oder vielleicht auch Zutun passieren. Dabei kann das doch gar nicht sein, was meinst Du Balu? Mir ist sie richtig unheimlich, die alte Oma mit der schrecklichen Stimme, sie lacht auch fast nie und ist viel zu dürr. Vielleicht liegt es daran, dass sie schon lange alleine lebt. Papa sagt immer, dass der zweite Opa, also der, der zu der komischen, alten Oma gehört hat, ein ganz feiner Mensch gewesen ist. Vielleicht ist die Oma ja traurig, dass sie ihn nicht mehr hat, und deshalb so merkwürdig? Gut riechen tut sie auch nicht, und ihre langen, knöchrigen Finger finde ich richtig hässlich.
Also, wenn dir mal was passiert, Balu, was ganz ganz schlimm wäre, was sage ich da, das Allerschlimmste der Welt wäre das, und die alte Oma dann ihren blöden Spruch loslassen würde, würde ich sie hauen, richtig verkloppen würde ich sie dafür und ihr den Mund anschließend mit Pflaster zukleben, das verspreche ich dir, großes Indianerehrenwort.
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Ich hab gewusst
RAU
Komm Balu, gehen wir in den Garten. Nur schnell raus hier, ich kriege keine Luft mehr. Jetzt werfe ich den Ball erstmal ganz weit fort, und du holst ihn schnell wieder, abgemacht?
Findest du die alte Oma auch so anstrengend? Zum Glück kommt sie nicht so oft wie die junge. Die ist nämlich richtig doll lieb, spielt mit mir und geht lange mit Dir spazieren, wenn ich in der Schule bin. Lecker kochen kann sie auch, alles schmeckt mir, wirklich alles. Und den Opa, den habe ich auch lieb, denn der kann ganz tolle Sachen basteln, neulich erst ein großes Vogelhaus. Gitarre spielt er auch und singt dazu, immer irgendwas Englisches, und die liebe, junge Oma und ich tanzen dazu. Jeden Donnerstag kommen die beiden, und das ist mein absoluter Lieblingstag. Deiner auch? Komm Balu, lass uns durchs Törchen gehen und ein bisschen durchs Viertel streifen, im kleinen Park kannst du dann toben.
Erwachsene sind so verschieden, ich fasse es nicht. Die junge Oma ist lieb, riecht gut und sagt zu fast allen Vorschlägen „Alles klar.“
„Wollen wir heute schwimmen gehen, Oma?“
„Alles klar, Noah.“
Die andere Oma, die alte, die zum Glück nicht so oft kommt, sagt zu Allem immer nur: „Ich hab‘s gewusst.“
Wie krass ist das denn. Ob ich nun ausnahmsweise mal eine zwei in Deutsch mit nach Hause bringe, wie neulich erst, dann sagt sie nur: „Ach Noah, ich hab‘s gewusst, dass du auch mal eine gute Note schreibst.“
Bringe ich wie üblich eine vier oder fünf in Mathe nach Hause, sagt sie auch: „Ich hab‘s gewusst.“
Es ist einfach ihre Standardantwort auf alles, wenn es regnet oder die Sonne scheint, Mama Kopfschmerzen hat, die liebe Oma im Lotto gewinnt oder Papas Lieblingsfußballverein ausnahmsweise mal verliert. „Ich hab‘s gewusst.“ Natürlich immer mit ihrer leicht schrillen, viel zu hohen Stimme, die mir in den Ohren weh tut.
Als hätte sie zu allen und allem auf dieser Welt eine geheime Verbindung oder überall Spione, als würde nichts ohne ihr Wissen oder vielleicht auch Zutun passieren. Dabei kann das doch gar nicht sein, was meinst Du Balu? Mir ist sie richtig unheimlich, die alte Oma mit der schrecklichen Stimme, sie lacht auch fast nie und ist viel zu dürr. Vielleicht liegt es daran, dass sie schon lange alleine lebt. Papa sagt immer, dass der zweite Opa, also der, der zu der komischen, alten Oma gehört hat, ein ganz feiner Mensch gewesen ist. Vielleicht ist die Oma ja traurig, dass sie ihn nicht mehr hat, und deshalb so merkwürdig? Gut riechen tut sie auch nicht, und ihre langen, knöchrigen Finger finde ich richtig hässlich.
Also, wenn dir mal was passiert, Balu, was ganz ganz schlimm wäre, was sage ich da, das Allerschlimmste der Welt wäre das, und die alte Oma dann ihren blöden Spruch loslassen würde, würde ich sie hauen, richtig verkloppen würde ich sie dafür und ihr den Mund anschließend mit Pflaster zukleben, das verspreche ich dir, großes Indianerehrenwort.