Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Grüne Fee trag uns durch den Winter
RAU
„Wat sachste?“, fragt er.
Typisch Konrad, denkt sie, hat mal wieder nicht zugehört. Ist aber auch zu blöd, dieser Spruch, den sie ihm gerade aus der Zeitung vorgelesen hat. Studierende des Studiengangs Szenisches Schreiben lesen ihre Texte zum Thema ‚Grüne Fee trag uns durch den Winter‘. Fällt denen nichts Anderes ein in diesen wahrlich unruhigen und bedrohlichen Zeiten? Sie schüttelt den Kopf und nimmt einen Schluck Kaffee.
„So ein blöder Spruch“, meint Konrad.
Jetzt muss sie schmunzeln, sie zwei beide wieder, ticken so was von ähnlich auch in ihrem Siebenundzwanzigsten Jahr, denken sogar denselben Satz.
„Obwohl die Vorstellung, dass es jemand gut mit uns meint, die hat schon was“, fährt er fort und beißt dann in sein Marmeladenbrot. Seit Jahr und Tag isst Konrad zwei Brote in der Früh, eines mit Käse oder Schinken, und das andere mit Marmelade, gerne selbstgemachter von seinem besten Freund. Charlotte hat für so etwas überhaupt keinen Sinn, fürs Marmeladekochen nicht und auch nicht für Feen. Zauberwesen aus alten Märchen sind das und genau dahin gehören sie. Obwohl man sie heute vielleicht sogar ganz gut brauchen könnte? Dass es jemand gut mit einem meint und sicher durch alle Widrigkeiten bringt, das hat schon was.
„Finde ich auch“, sagt sie dann, „da meint es jemand gut mit dir, schöne Vorstellung, eine sehr schöne sogar.“
„Und auch noch im Winter, der eh so mühsam ist. Je älter ich werde, desto weniger Lust habe ich auf Kälte und Dunkelheit.
„Erinnert schon an das Ende, das droht“, sagt sie, „vielleicht liegt es daran. Friedhof, Grabeskälte, so was in der Art.“
„Aber jetzt gibt es ja die grüne Fee“, meint Konrad und grinst sie an, „doch, mit so einer Fee könnte ich mich anfreunden, je länger ich es mir überlege.“
„So ein junges, zartes Etwas?“, fragt sie leicht spöttisch, „die dir jeden Wunsch von den Lippen liest? Warum sind Feen eigentlich immer weiblich? Wenn schon eine Fee, dann hätte ich nichts gegen eine Männliche.
„Feen kommen eben noch aus einer anderen Zeit, da gab es noch kein Genderthema.“
„Wat sachste?“, fragt sie.
„Du hast doch angefangen mit der Fee.“
„Haste was jesacht?“
Jetzt schraubt Konrad das Marmeladenglas zu, eindeutiger Hinweis darauf, dass er sein Frühstück beendet. „Vielleicht gibt es sie ja wirklich, gute Feen", meint er dann, "ob grün oder blau oder gelb, meinetwegen auch männlich oder queer, manche sagen Schutzengel dazu. Der Gedanke daran hat einfach etwas Tröstliches.“
„Ich weiß nicht“, antwortet Charlotte.
„Überlege doch mal, dass da jemand ist, der auf dich aufpasst und sicher durch Unangenehmes bringt, hilft doch schon, dass es nicht so schwer werden wird.“
„Du meinst so was wie Autosuggestion?“, fragt Charlotte und schließt die Augen. Sie ist wieder Anfang zwanzig und ungebunden, ist neugierig auf Alles und kann sich gerade nicht entscheiden, ob sie sich auf Jakob oder doch lieber auf Helena einlassen soll. Beide versprechen den Eintritt in bisher unbekannte Welten, und nur die Angst, dass sie die neuen Erlebnisse vielleicht aus der Bahn werfen könnten, lässt sie bisher zögern. Hätte sie damals eine grüne Fee gehabt, wer weiß.
„Ja, warum eigentlich nicht?“, sagt sie dann und öffnet wieder die Augen, „dann schauen wir mal, wie es die Fee diesen Winter mit uns machen wird.“
„Hoffentlich gut, egal welche Farbe sie hat“, sagt Konrad, beugt sich vor und gibt ihr einen Kuss.
Texte zum Alltäglichen -
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Grüne Fee trag uns durch den Winter
RAU
„Wat sachste?“, fragt er.
Typisch Konrad, denkt sie, hat mal wieder nicht zugehört. Ist aber auch zu blöd, dieser Spruch, den sie ihm gerade aus der Zeitung vorgelesen hat. Studierende des Studiengangs Szenisches Schreiben lesen ihre Texte zum Thema ‚Grüne Fee trag uns durch den Winter‘. Fällt denen nichts Anderes ein in diesen wahrlich unruhigen und bedrohlichen Zeiten? Sie schüttelt den Kopf und nimmt einen Schluck Kaffee.
„So ein blöder Spruch“, meint Konrad.
Jetzt muss sie schmunzeln, sie zwei beide wieder, ticken so was von ähnlich auch in ihrem Siebenundzwanzigsten Jahr, denken sogar denselben Satz.
„Obwohl die Vorstellung, dass es jemand gut mit uns meint, die hat schon was“, fährt er fort und beißt dann in sein Marmeladenbrot. Seit Jahr und Tag isst Konrad zwei Brote in der Früh, eines mit Käse oder Schinken, und das andere mit Marmelade, gerne selbstgemachter von seinem besten Freund. Charlotte hat für so etwas überhaupt keinen Sinn, fürs Marmeladekochen nicht und auch nicht für Feen. Zauberwesen aus alten Märchen sind das und genau dahin gehören sie. Obwohl man sie heute vielleicht sogar ganz gut brauchen könnte? Dass es jemand gut mit einem meint und sicher durch alle Widrigkeiten bringt, das hat schon was.
„Finde ich auch“, sagt sie dann, „da meint es jemand gut mit dir, schöne Vorstellung, eine sehr schöne sogar.“
„Und auch noch im Winter, der eh so mühsam ist. Je älter ich werde, desto weniger Lust habe ich auf Kälte und Dunkelheit.
„Erinnert schon an das Ende, das droht“, sagt sie, „vielleicht liegt es daran. Friedhof, Grabeskälte, so was in der Art.“
„Aber jetzt gibt es ja die grüne Fee“, meint Konrad und grinst sie an, „doch, mit so einer Fee könnte ich mich anfreunden, je länger ich es mir überlege.“
„So ein junges, zartes Etwas?“, fragt sie leicht spöttisch, „die dir jeden Wunsch von den Lippen liest? Warum sind Feen eigentlich immer weiblich? Wenn schon eine Fee, dann hätte ich nichts gegen eine Männliche.
„Feen kommen eben noch aus einer anderen Zeit, da gab es noch kein Genderthema.“
„Wat sachste?“, fragt sie.
„Du hast doch angefangen mit der Fee.“
„Haste was jesacht?“
Jetzt schraubt Konrad das Marmeladenglas zu, eindeutiger Hinweis darauf, dass er sein Frühstück beendet. „Vielleicht gibt es sie ja wirklich, gute Feen", meint er dann, "ob grün oder blau oder gelb, meinetwegen auch männlich oder queer, manche sagen Schutzengel dazu. Der Gedanke daran hat einfach etwas Tröstliches.“
„Ich weiß nicht“, antwortet Charlotte.
„Überlege doch mal, dass da jemand ist, der auf dich aufpasst und sicher durch Unangenehmes bringt, hilft doch schon, dass es nicht so schwer werden wird.“
„Du meinst so was wie Autosuggestion?“, fragt Charlotte und schließt die Augen. Sie ist wieder Anfang zwanzig und ungebunden, ist neugierig auf Alles und kann sich gerade nicht entscheiden, ob sie sich auf Jakob oder doch lieber auf Helena einlassen soll. Beide versprechen den Eintritt in bisher unbekannte Welten, und nur die Angst, dass sie die neuen Erlebnisse vielleicht aus der Bahn werfen könnten, lässt sie bisher zögern. Hätte sie damals eine grüne Fee gehabt, wer weiß.
„Ja, warum eigentlich nicht?“, sagt sie dann und öffnet wieder die Augen, „dann schauen wir mal, wie es die Fee diesen Winter mit uns machen wird.“
„Hoffentlich gut, egal welche Farbe sie hat“, sagt Konrad, beugt sich vor und gibt ihr einen Kuss.