Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Geschafft
RAU
Ein gutes Gefühl durchströmt seinen Körper vom Kopf bis zu den Füssen, wohlig und warm. So könnte es öfters sein. Ist es nur leider nie im letzten Jahr gewesen. Von einem Termin zum nächsten hetzen, von einem Meeting zum anderen, dazu Stress mit der Freundin. Immerzu beklagt sie sich, möchte dies und möchte das, nie reicht es, was sie zusammen machen. Wie lange das noch gut gehen soll, weiß er nicht. Das Jahr neigt sich dem Ende zu, und er ist mit den Kräften am Ende. Das Herzrasen der letzten Wochen macht ihm Sorgen, dass er schlecht schläft und noch schlechter träumt auch. Er braucht einen Cut, dringend.
Im Spätsommer hatte Mutter angerufen. Es ginge nicht mehr so weiter, meinte sie und fing sogar das Weinen an. Alarmstufe gelbrot also, soweit kennt er sie. Wenn bei ihr die Tränen fließen, dann ist es ernst. Also setzte er sich Freitagnachmittag in den Wagen und fuhr zu ihr. Es war schlimmer, als er befürchtet hatte. Zwei Monate zuvor war sie beim Anziehen im Bad gestürzt, kaputte Hüfte und sofort die Op., dann drei Wochen Reha.
Als er kam, saß sie wie ein trauriges Krümelchen auf ihrem Lieblingssessel und hatte Essen bestellt. Das war noch nie vorgekommen, dachte er, schlang die Pizza in sich hinein und trank drei Bier hintereinander weg. Danach hatte er genügend Mut, Klartext mit ihr zu reden. Beim nächsten Besuch fuhr er mit ihr zwei ausgesuchte Pflegeheime an, im letzten gefiel ihr das helle Zimmer mit Balkon. Sie zuckte nicht einmal mit der Wimper und unterschrieb. Er drückte sie ganz fest an sich und versprach, ihr beim Umzug zu helfen.
„Das wirst du schön bleiben lassen, mein Lieber. Bei deinem Arbeitspensum geht das gar nicht.“
Den Sonntag verbrachten sie mit Ausmisten, als er am frühen Abend wieder in den Wagen stieg, war es ihm, als wäre ein kleiner Tsunami in sein Leben gerauscht. Ängste und Vorwürfe wechselten sich ab, die nächsten Wochen waren stressig, Freitagabends stand er in ihrer Wohnung, sie räumten und misteten aus, vor einer Woche fuhr er sie dann in ihr neues Zuhause.
„Geschafft. Ist doch schön hier“, meinte sie und drückte seine Hand, „jetzt kannst du auch beruhigt sein. Und gönn‘ dir mal was Schönes.“
Wieder zuhause, sprach er Tacheles mit seiner Freundin und verabschiedete sich. Am letzten Arbeitstag des Jahres geht er nach dem Job ins Vabali, schwimmt, saunt und lässt sich massieren. Trinkt frischen Ingwertee und legt sich warm eingepackt auf eine Liege mit Blick in den winterlichen Garten. Haben wir doch gut hinbekommen, denkt er und genießt das wohlig warme Gefühl vom Kopf bis zu den Füßen. Wird er öfter machen im Neuen Jahr.
Texte zum Alltäglichen -
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Geschafft
RAU
Ein gutes Gefühl durchströmt seinen Körper vom Kopf bis zu den Füssen, wohlig und warm. So könnte es öfters sein. Ist es nur leider nie im letzten Jahr gewesen. Von einem Termin zum nächsten hetzen, von einem Meeting zum anderen, dazu Stress mit der Freundin. Immerzu beklagt sie sich, möchte dies und möchte das, nie reicht es, was sie zusammen machen. Wie lange das noch gut gehen soll, weiß er nicht. Das Jahr neigt sich dem Ende zu, und er ist mit den Kräften am Ende. Das Herzrasen der letzten Wochen macht ihm Sorgen, dass er schlecht schläft und noch schlechter träumt auch. Er braucht einen Cut, dringend.
Im Spätsommer hatte Mutter angerufen. Es ginge nicht mehr so weiter, meinte sie und fing sogar das Weinen an. Alarmstufe gelbrot also, soweit kennt er sie. Wenn bei ihr die Tränen fließen, dann ist es ernst. Also setzte er sich Freitagnachmittag in den Wagen und fuhr zu ihr. Es war schlimmer, als er befürchtet hatte. Zwei Monate zuvor war sie beim Anziehen im Bad gestürzt, kaputte Hüfte und sofort die Op., dann drei Wochen Reha.
Als er kam, saß sie wie ein trauriges Krümelchen auf ihrem Lieblingssessel und hatte Essen bestellt. Das war noch nie vorgekommen, dachte er, schlang die Pizza in sich hinein und trank drei Bier hintereinander weg. Danach hatte er genügend Mut, Klartext mit ihr zu reden. Beim nächsten Besuch fuhr er mit ihr zwei ausgesuchte Pflegeheime an, im letzten gefiel ihr das helle Zimmer mit Balkon. Sie zuckte nicht einmal mit der Wimper und unterschrieb. Er drückte sie ganz fest an sich und versprach, ihr beim Umzug zu helfen.
„Das wirst du schön bleiben lassen, mein Lieber. Bei deinem Arbeitspensum geht das gar nicht.“
Den Sonntag verbrachten sie mit Ausmisten, als er am frühen Abend wieder in den Wagen stieg, war es ihm, als wäre ein kleiner Tsunami in sein Leben gerauscht. Ängste und Vorwürfe wechselten sich ab, die nächsten Wochen waren stressig, Freitagabends stand er in ihrer Wohnung, sie räumten und misteten aus, vor einer Woche fuhr er sie dann in ihr neues Zuhause.
„Geschafft. Ist doch schön hier“, meinte sie und drückte seine Hand, „jetzt kannst du auch beruhigt sein. Und gönn‘ dir mal was Schönes.“
Wieder zuhause, sprach er Tacheles mit seiner Freundin und verabschiedete sich. Am letzten Arbeitstag des Jahres geht er nach dem Job ins Vabali, schwimmt, saunt und lässt sich massieren. Trinkt frischen Ingwertee und legt sich warm eingepackt auf eine Liege mit Blick in den winterlichen Garten. Haben wir doch gut hinbekommen, denkt er und genießt das wohlig warme Gefühl vom Kopf bis zu den Füßen. Wird er öfter machen im Neuen Jahr.