Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Geplänkel
RAU
Konrad quält sich durch die Sonntagszeitung, nichts findet wirklich sein Interesse. Bevor er sie entnervt zur Seite legt, bleibt er doch an einem Artikel auf der letzten Seite hängen. Es geht um Geplänkel, das Wort hatte er beinahe vergessen, aber es gefällt ihm irgendwie, also liest er den Anfang des Artikels und stutzt. Der Begriff meinte ursprünglich eine Kampftaktik, die dem Zweck diente, den Gegner durch andauernden, wenn auch ineffektiven Beschuss aus der Ruhe zu bringen, zu beschäftigen und zu schwächen.
Nicht dass er sich in diesen Zeiten nun über das Militärische Gedanken machen will, nein wirklich nicht, aber auf einmal denkt er an den Besuch am letzten Wochenende. Sein alter Schulfreund Thomas und seine Frau waren gerade in der Nähe und wollten auf einen Kaffee vorbeikommen. Warum nicht, dachten sie und holten den eingefrorenen Apfelstrudel aus dem Kühlfach, natürlich kam Charlotte auf die Idee, er deckte den Tisch und freute sich sogar, Thomas mal wiederzusehen. Von der Grundschule bis zum Abitur waren sie in derselben Klasse gewesen, hatten Basketball zusammengespielt und sich sogar um dieselben Mädchen bemüht. Nun ja, er war der Aktivere gewesen, vielleicht auch der Attraktivere, aber Thomas hatte ihm seine Erfolge nie wirklich übelgenommen. Hatte sich dann in der 13. Klasse in Sabine verliebt und ist seither mit ihr zusammen.
Zuerst war alles ganz nett, der Apfelstrudel war köstlich, sie redeten über Dies und Das. Doch dann ging es plötzlich um Australien, Thomas und Sabine waren gerade erst von einer vierwöchigen Reise zurückgekommen, und sie hörten gar nicht mehr auf, von dem tollen Land, den freundlichen Menschen, der wunderbaren Natur, von all den phantastischen Eindrücken zu erzählen, warfen sich gegenseitig die Sprachbälle nur so zu, als gäbe es kein Halten. Anfangs lächelten Charlotte und er noch freundlich und interessiert, fragten hin und wieder auch nach, doch nach einer Stunde oder waren es zwei, dröhnten ihm von all den Berichten, mit begeisterten Stimmen und ziemlicher Lautstärke vorgetragen, beide Ohren und er wusste gar nicht mehr, wohin er hinsehen sollte, um nicht allzu unhöflich zu wirken. Verfolgte dann lieber das flinke Eichhörnchen im Baum und die sich im Wind leicht biegenden Rosen und erinnerte sich plötzlich an lähmende Diavorträge seines Schwiegervaters von dessen Reisen, die ihn schon damals nicht interessiert hatten. Genauso wenig wie jetzt dieser ferne Kontinent. Charlotte und er fahren am liebsten an die Nordsee, aus Fernreisen machen sie sich nichts. Als nächstes geht es nach Marokko, hörte er Thomas wie hinter einem Schalldämpfer sagen.
Als die beiden sich endlich verabschiedeten, starrten Charlotte und er sich nur fassungslos an. Müde, erschöpft und völlig ausgelaugt fielen sie auf das Sofa.
„Was war das denn gerade?“, hörte er seine Frau fragen, „ein heimlicher Wettbewerb, ein heftiges Säbelrasseln oder doch eher ein knallharter Beschuss? Auf jeden Fall ganz schrecklich.“
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Geplänkel
RAU
Konrad quält sich durch die Sonntagszeitung, nichts findet wirklich sein Interesse. Bevor er sie entnervt zur Seite legt, bleibt er doch an einem Artikel auf der letzten Seite hängen. Es geht um Geplänkel, das Wort hatte er beinahe vergessen, aber es gefällt ihm irgendwie, also liest er den Anfang des Artikels und stutzt. Der Begriff meinte ursprünglich eine Kampftaktik, die dem Zweck diente, den Gegner durch andauernden, wenn auch ineffektiven Beschuss aus der Ruhe zu bringen, zu beschäftigen und zu schwächen.
Nicht dass er sich in diesen Zeiten nun über das Militärische Gedanken machen will, nein wirklich nicht, aber auf einmal denkt er an den Besuch am letzten Wochenende. Sein alter Schulfreund Thomas und seine Frau waren gerade in der Nähe und wollten auf einen Kaffee vorbeikommen. Warum nicht, dachten sie und holten den eingefrorenen Apfelstrudel aus dem Kühlfach, natürlich kam Charlotte auf die Idee, er deckte den Tisch und freute sich sogar, Thomas mal wiederzusehen. Von der Grundschule bis zum Abitur waren sie in derselben Klasse gewesen, hatten Basketball zusammengespielt und sich sogar um dieselben Mädchen bemüht. Nun ja, er war der Aktivere gewesen, vielleicht auch der Attraktivere, aber Thomas hatte ihm seine Erfolge nie wirklich übelgenommen. Hatte sich dann in der 13. Klasse in Sabine verliebt und ist seither mit ihr zusammen.
Zuerst war alles ganz nett, der Apfelstrudel war köstlich, sie redeten über Dies und Das. Doch dann ging es plötzlich um Australien, Thomas und Sabine waren gerade erst von einer vierwöchigen Reise zurückgekommen, und sie hörten gar nicht mehr auf, von dem tollen Land, den freundlichen Menschen, der wunderbaren Natur, von all den phantastischen Eindrücken zu erzählen, warfen sich gegenseitig die Sprachbälle nur so zu, als gäbe es kein Halten. Anfangs lächelten Charlotte und er noch freundlich und interessiert, fragten hin und wieder auch nach, doch nach einer Stunde oder waren es zwei, dröhnten ihm von all den Berichten, mit begeisterten Stimmen und ziemlicher Lautstärke vorgetragen, beide Ohren und er wusste gar nicht mehr, wohin er hinsehen sollte, um nicht allzu unhöflich zu wirken. Verfolgte dann lieber das flinke Eichhörnchen im Baum und die sich im Wind leicht biegenden Rosen und erinnerte sich plötzlich an lähmende Diavorträge seines Schwiegervaters von dessen Reisen, die ihn schon damals nicht interessiert hatten. Genauso wenig wie jetzt dieser ferne Kontinent. Charlotte und er fahren am liebsten an die Nordsee, aus Fernreisen machen sie sich nichts. Als nächstes geht es nach Marokko, hörte er Thomas wie hinter einem Schalldämpfer sagen.
Als die beiden sich endlich verabschiedeten, starrten Charlotte und er sich nur fassungslos an. Müde, erschöpft und völlig ausgelaugt fielen sie auf das Sofa.
„Was war das denn gerade?“, hörte er seine Frau fragen, „ein heimlicher Wettbewerb, ein heftiges Säbelrasseln oder doch eher ein knallharter Beschuss? Auf jeden Fall ganz schrecklich.“