Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Ganz banal
RAU
„Halt, Stefan, seien wir doch mal ehrlich.“ Ihre Stimme kippt bewusst fast ins Lautlose, denn sie ist nicht unsicher, nein, nur wütend, ziemlich wütend sogar. Und das schon seit Wochen. Seit ihr oberster Chef ihr diesen Schnösel mit ins Boot gesetzt hat. Diesen ehrgeizigen Jungspund oberbayerischer Herkunft, der ständig meint, alles besser zu wissen, und stets von sich gibt, in der schönsten aller Gegenden Deutschland aufgewachsen zu sein. Der so was von sich und seinem Bundesland überzeugt ist, dass es sie nicht wundern würde, wenn er eine doppelte Mitgliedschaft in der CSU hat. Warum ist er nicht dort geblieben, denkt sie, seitdem sie ihn das erste Mal gesehen hat. Soll er doch weiter jedes Wochenende die Berge mit Skiern runterrutschen oder mit stylischen Mountainbikes hochradeln oder sonst was dort machen. So ein selbstherrlicher, arroganter junger Mitarbeiter ist ihr in all den Jahren noch nicht begegnet, der wird keine Zukunft haben in keinem Unternehmen. Die Zeit ist vorbei für Angeber.
Was Stefan dazu getrieben hat, ihn einzustellen? Gute Zeugnisse und womöglich gesellschaftliche Verpflichtungen, schließlich stammt seine Frau auch aus München. Feine Schickeria eben, wie sie dieses gesellschaftliche Geschachere anwidert, vielleicht ist sie auch langsam zu alt für diese Art von Business oder zu schlau, zu abgebrührt auf jeden Fall.
Eine satte Abfindung und dann Tschüss, das wäre es, geht ihr das nicht schon länger durch den Kopf? Die letzten zehn Jahre was Anderes machen, ins Ausland gehen, vielleicht kommt Konrad ja mit? Obwohl der seit seiner Pensionierung so zufrieden wirkt wie lange nicht, fast wie ein Junge, der endlich alles machen kann, was ihm Spaß macht, und sei es auch manchmal gar nichts tun.
Warum strampelt sie sich eigentlich noch so ab? Ist vierzig Stunden Minimum die Woche high level unterwegs? Ok, die Kinder sind noch nicht alle durch mit ihren Ausbildungen, Cara hat streng genommen noch nicht mal richtig angefangen. Und für die Rente ist sie noch zu jung, aber einen anderen Job suchen könnte sie auf jeden Fall. Die Zeiten sind wieder besser geworden, und die Firmen müssen sich anstrengen, gute Leute zu bekommen und zu halten. Stefan müsste das eigentlich wissen, und diesen unverschämten bayerischen Besserwisser schleunigst weiterschicken. Aber aus irgendeinem Grund hört er auf diesem Ohr ganz schlecht, also muss sie wohl ran.
„Also Stefan, ich kann’s auch ganz banal sagen, der Felix ist ‘ne absolute Niete. Hält sich aber für sonst wen. Den können wir uns nicht länger leisten.“ Ihre Stimme ist wieder fester geworden, und sie sieht ihrem Chef direkt in seine grünen, müden Augen. Du hast auch schon mal besser ausgesehen, denkt sie.
„Oder Du gehst?“, hakt er nach.
Er kennt mich doch ziemlich gut, denkt sie, hält seinen Blick und schweigt. Soll er ruhig noch ein wenig zappeln.
Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Ganz banal
RAU
„Halt, Stefan, seien wir doch mal ehrlich.“ Ihre Stimme kippt bewusst fast ins Lautlose, denn sie ist nicht unsicher, nein, nur wütend, ziemlich wütend sogar. Und das schon seit Wochen. Seit ihr oberster Chef ihr diesen Schnösel mit ins Boot gesetzt hat. Diesen ehrgeizigen Jungspund oberbayerischer Herkunft, der ständig meint, alles besser zu wissen, und stets von sich gibt, in der schönsten aller Gegenden Deutschland aufgewachsen zu sein. Der so was von sich und seinem Bundesland überzeugt ist, dass es sie nicht wundern würde, wenn er eine doppelte Mitgliedschaft in der CSU hat. Warum ist er nicht dort geblieben, denkt sie, seitdem sie ihn das erste Mal gesehen hat. Soll er doch weiter jedes Wochenende die Berge mit Skiern runterrutschen oder mit stylischen Mountainbikes hochradeln oder sonst was dort machen. So ein selbstherrlicher, arroganter junger Mitarbeiter ist ihr in all den Jahren noch nicht begegnet, der wird keine Zukunft haben in keinem Unternehmen. Die Zeit ist vorbei für Angeber.
Was Stefan dazu getrieben hat, ihn einzustellen? Gute Zeugnisse und womöglich gesellschaftliche Verpflichtungen, schließlich stammt seine Frau auch aus München. Feine Schickeria eben, wie sie dieses gesellschaftliche Geschachere anwidert, vielleicht ist sie auch langsam zu alt für diese Art von Business oder zu schlau, zu abgebrührt auf jeden Fall.
Eine satte Abfindung und dann Tschüss, das wäre es, geht ihr das nicht schon länger durch den Kopf? Die letzten zehn Jahre was Anderes machen, ins Ausland gehen, vielleicht kommt Konrad ja mit? Obwohl der seit seiner Pensionierung so zufrieden wirkt wie lange nicht, fast wie ein Junge, der endlich alles machen kann, was ihm Spaß macht, und sei es auch manchmal gar nichts tun.
Warum strampelt sie sich eigentlich noch so ab? Ist vierzig Stunden Minimum die Woche high level unterwegs? Ok, die Kinder sind noch nicht alle durch mit ihren Ausbildungen, Cara hat streng genommen noch nicht mal richtig angefangen. Und für die Rente ist sie noch zu jung, aber einen anderen Job suchen könnte sie auf jeden Fall. Die Zeiten sind wieder besser geworden, und die Firmen müssen sich anstrengen, gute Leute zu bekommen und zu halten. Stefan müsste das eigentlich wissen, und diesen unverschämten bayerischen Besserwisser schleunigst weiterschicken. Aber aus irgendeinem Grund hört er auf diesem Ohr ganz schlecht, also muss sie wohl ran.
„Also Stefan, ich kann’s auch ganz banal sagen, der Felix ist ‘ne absolute Niete. Hält sich aber für sonst wen. Den können wir uns nicht länger leisten.“ Ihre Stimme ist wieder fester geworden, und sie sieht ihrem Chef direkt in seine grünen, müden Augen. Du hast auch schon mal besser ausgesehen, denkt sie.
„Oder Du gehst?“, hakt er nach.
Er kennt mich doch ziemlich gut, denkt sie, hält seinen Blick und schweigt. Soll er ruhig noch ein wenig zappeln.