Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Drogeriemarkt
WIE
Es regnet. Also sollte ich besser etwas länger im Drogeriemarkt bleiben, bevor ich wieder aufs Fahrrad steige. Wenngleich ich mit der Produktfülle mancher Regalreihen überhaupt nicht klarkomme. Das Thema Haarpflegeprodukte kommt für mich genauso wenig in Frage wie Dusch- und Badezusätze. Ich entscheide mich für das Regal der Nahrungsergänzungsmittel, bis der Regen vielleicht vorbei sein wird, das ist nie verkehrt. Die kleine Apotheke für die tägliche Selbstmedikation. Hier darf und kann ich die Rolle der Apothekerin übernehmen, kann mir selber mit wohlwollender Stimmlage zur Stärkung, zum Ausgleich, zur Ergänzung, zur Unterstützung, zur Stabilisierung raten. Maßnahmen, die niemals verkehrt sind. Und mit dem Studium der Produktbeschreibungen auf der Rückseite kann ich eine weitere wichtige Aufgabe der Apothekerin gleich mit erfüllen: genaue Beachtung und exakter Vergleich der Dosierungen, der Tagesempfehlungen, der Vermeidung von Überdosierungen. Hier vor diesem Regal im Drogeriemarkt habe ich den weißen Kittel an. Bekomme die Verantwortung für mich in die Hand gelegt, berate mich selber, stelle mir die richtige Kombination einzelner Vitamine, Spurenelemente, Mineralstoffe zusammen oder empfehle mir stattdessen ein Kombipräparat. Von den Füßen bis zum Scheitel lässt sich alles verbessern und stärken, lassen sich Alter, Glanz und Geschmeidigkeit wiederherstellen, gehören Risse und Bruchstellen der Vergangenheit an. Lassen sich Verkalkung und Verstopfung vermeiden, lassen sich Kraft und Energie wieder gewinnen.
Allein die Absicht und das Interesse, mir etwas Gutes tun zu wollen, gibt schon ein gutes Gefühl. Die wohlwollende, umsorgende und verantwortungsvolle Seite in mir oder auch für den Gatten, die eigenen Kinder, die Großeltern und die besten Freundinnen Verantwortung zu zeigen. Auf ihr Klagen über Müdigkeit, Abgespanntheit, Nervosität und allgemeines Schwächegefühl Besserungsvorschläge machen zu können. Was für ein erhabenes Gefühl. Und das alles nur mit dem kleinen Aufwand zu erreichen, indem man ein paar Pillen mit viel Wasser einnimmt.
Den Sünden der letzten Zeit etwas entgegensetzen, ohne Kilometer langes Laufen, ohne schmerzhafte Körperdehnungen, ohne auf bitteren, trockene oder sauren Lebensmittel rumkauen zu müssen. Das schlechte Gewissen wegen zu viel Fernseh-, Chips,- Grill,- Nikotin- oder Alkoholkonsum loszuwerden. Ohne ermahnende Zurechtweisung mit dem Zeigefinger von oben. Nur die eigene Entscheidung zählt, mehr auf sich zu achten, sorgsamer zu sein, bewusster mit Lebenszeit und Körper umzugehen. Die psychologische gesündeste Variante der Besserung, pure Selbsteinsicht.
Ich stehe hier mit der Bereitschaft, meiner Leber, meiner Niere, meinem Darm, meinem Magen, meiner Blase etwas Gutes tun zu wollen. Mir bewusst zu werden, wie wichtig sie alle für mich sind und überhaupt für das Zusammenspiel von Körper und Geist. Weil alles mit allem zusammenhängt, mein Schlaf, meine Verdauung, meine Nerven, und wie meine Mitmenschen davon profitieren werden, von meiner Ausgeglichenheit, Ruhe und Gelassenheit.
Alles das habe ich die letzte Viertelstunde vor diesen zehn Metern Regalfläche gefühlt und erlebt, habe Haltung bewiesen, Verantwortungsgefühl gezeigt, Bewusstsein geschärft. Das muss für heute reichen. Ich packe drei Deostifte, die ich immer brauche, in den Korb und gehe zur Kasse. Es hat aufgehört zu regnen. Ich bin doch nicht blöd und lasse mich von diesem ganzen Gesundheitsgedöns verleiten.
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WIE
Es regnet. Also sollte ich besser etwas länger im Drogeriemarkt bleiben, bevor ich wieder aufs Fahrrad steige. Wenngleich ich mit der Produktfülle mancher Regalreihen überhaupt nicht klarkomme. Das Thema Haarpflegeprodukte kommt für mich genauso wenig in Frage wie Dusch- und Badezusätze. Ich entscheide mich für das Regal der Nahrungsergänzungsmittel, bis der Regen vielleicht vorbei sein wird, das ist nie verkehrt. Die kleine Apotheke für die tägliche Selbstmedikation. Hier darf und kann ich die Rolle der Apothekerin übernehmen, kann mir selber mit wohlwollender Stimmlage zur Stärkung, zum Ausgleich, zur Ergänzung, zur Unterstützung, zur Stabilisierung raten. Maßnahmen, die niemals verkehrt sind. Und mit dem Studium der Produktbeschreibungen auf der Rückseite kann ich eine weitere wichtige Aufgabe der Apothekerin gleich mit erfüllen: genaue Beachtung und exakter Vergleich der Dosierungen, der Tagesempfehlungen, der Vermeidung von Überdosierungen. Hier vor diesem Regal im Drogeriemarkt habe ich den weißen Kittel an. Bekomme die Verantwortung für mich in die Hand gelegt, berate mich selber, stelle mir die richtige Kombination einzelner Vitamine, Spurenelemente, Mineralstoffe zusammen oder empfehle mir stattdessen ein Kombipräparat. Von den Füßen bis zum Scheitel lässt sich alles verbessern und stärken, lassen sich Alter, Glanz und Geschmeidigkeit wiederherstellen, gehören Risse und Bruchstellen der Vergangenheit an. Lassen sich Verkalkung und Verstopfung vermeiden, lassen sich Kraft und Energie wieder gewinnen.
Allein die Absicht und das Interesse, mir etwas Gutes tun zu wollen, gibt schon ein gutes Gefühl. Die wohlwollende, umsorgende und verantwortungsvolle Seite in mir oder auch für den Gatten, die eigenen Kinder, die Großeltern und die besten Freundinnen Verantwortung zu zeigen. Auf ihr Klagen über Müdigkeit, Abgespanntheit, Nervosität und allgemeines Schwächegefühl Besserungsvorschläge machen zu können. Was für ein erhabenes Gefühl. Und das alles nur mit dem kleinen Aufwand zu erreichen, indem man ein paar Pillen mit viel Wasser einnimmt.
Den Sünden der letzten Zeit etwas entgegensetzen, ohne Kilometer langes Laufen, ohne schmerzhafte Körperdehnungen, ohne auf bitteren, trockene oder sauren Lebensmittel rumkauen zu müssen. Das schlechte Gewissen wegen zu viel Fernseh-, Chips,- Grill,- Nikotin- oder Alkoholkonsum loszuwerden. Ohne ermahnende Zurechtweisung mit dem Zeigefinger von oben. Nur die eigene Entscheidung zählt, mehr auf sich zu achten, sorgsamer zu sein, bewusster mit Lebenszeit und Körper umzugehen. Die psychologische gesündeste Variante der Besserung, pure Selbsteinsicht.
Ich stehe hier mit der Bereitschaft, meiner Leber, meiner Niere, meinem Darm, meinem Magen, meiner Blase etwas Gutes tun zu wollen. Mir bewusst zu werden, wie wichtig sie alle für mich sind und überhaupt für das Zusammenspiel von Körper und Geist. Weil alles mit allem zusammenhängt, mein Schlaf, meine Verdauung, meine Nerven, und wie meine Mitmenschen davon profitieren werden, von meiner Ausgeglichenheit, Ruhe und Gelassenheit.
Alles das habe ich die letzte Viertelstunde vor diesen zehn Metern Regalfläche gefühlt und erlebt, habe Haltung bewiesen, Verantwortungsgefühl gezeigt, Bewusstsein geschärft. Das muss für heute reichen. Ich packe drei Deostifte, die ich immer brauche, in den Korb und gehe zur Kasse. Es hat aufgehört zu regnen. Ich bin doch nicht blöd und lasse mich von diesem ganzen Gesundheitsgedöns verleiten.