Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog

Diese Gerüche
RAU
Neulich war Iris wieder für eine Woche zu Besuch, und ihr Parfum hing noch eine weitere Woche in meiner Wohnung. Das war sehr schön, sie noch etwas länger da zu haben. Sofort erinnerte ich mich aber auch an das starke Parfum meiner ehemaligen Frau, das mir in den letzten Monaten unserer Ehe immer befremdlicher wurde. Nicht erst damals ist mir der Zusammenhang zwischen Geruch und Sympathie aufgefallen.
Mutter roch nach Seife, Vater nach Schweiß, und Oma nach Uralt Lavendel. In der Küche roch es oft nach Bratkartoffeln mit Speck, und wenn ich sie heute mache, dann ist sofort alles da. Mutter am Herd, Vater kommt von der Schicht und geht vor dem Essen ins Bad, während meine Schwester und ich den Tisch decken. Da gab es zwischen uns Kindern schon eine gewisse, für damalige Verhältnisse recht ungewöhnliche Gleichberechtigung. Das Elternhaus ist lange schon verkauft, aber ich glaube, den Geruch im Flur, würde ich immer noch aus tausend anderen sofort erkennen. Wie neulich beim Klassentreffen Simon und ich uns auch sofort beim Betreffen der alten Schule angestupst haben:
„Genau wie früher“, sagte er.
„Scheuermittel und Angstschweiß“, lachte ich zurück.
Fremde Länder können genauso betören wie interessante Frauen. Bäckereien riechen lecker, Metzgereien sind mittlerweile nicht mehr so mein Ding genauso wenig wie Umkleiden in Fitness-Studios, Möbelhäuser, die große Abholhalle bei Ikea oder Shoppingmalls. Öffentliche Toiletten und Fahrstühle, Bahnunterführungen sind eher sehr unangenehm. Manchmal hat man im Bus, Kino oder auch im Job einen eher müffelnden bis stinkenden Mitmenschen neben sich, meist sind es Männer. Tja, gesagt habe ich noch nie was, aber abgerückt bin ich immer, sobald es ging. In meiner alten Wohngemeinschaft wohnte z.B. Lars mit einem überaus intensiven Körpergeruch. Selbst wenn er nicht da war, hing der in seiner Jacke im Flur. Ich habe mich immer gefragt, ob Frauen das eher abstößt oder antörnt, aber natürlich nie danach gefragt. Ist es nicht seltsam, dass ich nie an ihn denken kann, ohne mich an seinen speziellen Geruch zu erinnern?
Als ich damals bei meinen Eltern auszog und zum ersten Mal selber meine Wäsche gewaschen habe, roch sie so ganz anders als zuhause. Und ich habe doch tatsächlich Mutter angerufen und sie nach ihrem Waschmittel gefragt. Einmal habe ich in einem Film sogar gemeint, den ungewaschenen Kommissar in seinem abgeranzten Mantel und mit ungewaschenen Haaren zu riechen. Die Kostümbildner hätten den Oscar verdient.
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RAU
Neulich war Iris wieder für eine Woche zu Besuch, und ihr Parfum hing noch eine weitere Woche in meiner Wohnung. Das war sehr schön, sie noch etwas länger da zu haben. Sofort erinnerte ich mich aber auch an das starke Parfum meiner ehemaligen Frau, das mir in den letzten Monaten unserer Ehe immer befremdlicher wurde. Nicht erst damals ist mir der Zusammenhang zwischen Geruch und Sympathie aufgefallen.
Mutter roch nach Seife, Vater nach Schweiß, und Oma nach Uralt Lavendel. In der Küche roch es oft nach Bratkartoffeln mit Speck, und wenn ich sie heute mache, dann ist sofort alles da. Mutter am Herd, Vater kommt von der Schicht und geht vor dem Essen ins Bad, während meine Schwester und ich den Tisch decken. Da gab es zwischen uns Kindern schon eine gewisse, für damalige Verhältnisse recht ungewöhnliche Gleichberechtigung. Das Elternhaus ist lange schon verkauft, aber ich glaube, den Geruch im Flur, würde ich immer noch aus tausend anderen sofort erkennen. Wie neulich beim Klassentreffen Simon und ich uns auch sofort beim Betreffen der alten Schule angestupst haben:
„Genau wie früher“, sagte er.
„Scheuermittel und Angstschweiß“, lachte ich zurück.
Fremde Länder können genauso betören wie interessante Frauen. Bäckereien riechen lecker, Metzgereien sind mittlerweile nicht mehr so mein Ding genauso wenig wie Umkleiden in Fitness-Studios, Möbelhäuser, die große Abholhalle bei Ikea oder Shoppingmalls. Öffentliche Toiletten und Fahrstühle, Bahnunterführungen sind eher sehr unangenehm. Manchmal hat man im Bus, Kino oder auch im Job einen eher müffelnden bis stinkenden Mitmenschen neben sich, meist sind es Männer. Tja, gesagt habe ich noch nie was, aber abgerückt bin ich immer, sobald es ging. In meiner alten Wohngemeinschaft wohnte z.B. Lars mit einem überaus intensiven Körpergeruch. Selbst wenn er nicht da war, hing der in seiner Jacke im Flur. Ich habe mich immer gefragt, ob Frauen das eher abstößt oder antörnt, aber natürlich nie danach gefragt. Ist es nicht seltsam, dass ich nie an ihn denken kann, ohne mich an seinen speziellen Geruch zu erinnern?
Als ich damals bei meinen Eltern auszog und zum ersten Mal selber meine Wäsche gewaschen habe, roch sie so ganz anders als zuhause. Und ich habe doch tatsächlich Mutter angerufen und sie nach ihrem Waschmittel gefragt. Einmal habe ich in einem Film sogar gemeint, den ungewaschenen Kommissar in seinem abgeranzten Mantel und mit ungewaschenen Haaren zu riechen. Die Kostümbildner hätten den Oscar verdient.