Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Das geht jetzt nicht
RAU
Das Wetter ist so, wie sie es sich wünscht. Ein beinahe wolkenloser Himmel, angenehme Temperaturen, und die Sonne scheint bereits in den Garten. Dazu ist Feiertag, die halbe Stadt plant sicherlich einen Ausflug oder ist schon auf dem Weg ins Grüne. Endlich Luft schnappen und ins Weite sehen, auch Charlotte liegt mir schon seit gestern damit in den Ohren. Beim Frühstück macht sie einen Vorschlag nach dem anderen, einer klingt für sie verlockender als der nächste. Aber leider, oder vielleicht auch nicht leider, kann ich mich für keine ihrer Ideen erwärmen, blättere weiter lustlos in meiner Zeitung, die mich im Grunde genommen nicht wirklich interessiert. Steht sowieso immer das Gleiche drin, die Koalition ist sich nicht einig, die Opposition wettert, die Weltlage ist düster.
„Hast du dich entschieden?“, fragt Charlotte noch einigermaßen freundlich, obwohl ich weiß, dass sie gedanklich schon mit den Füßen scharrt und verstohlen zur großen Uhr an der Wand blickt. „Viertel vor neun ist es, wir könnten es noch vor dem großen Verkehr aus der Stadt noch schaffen.
„Ich möchte die Kommode fertigbekommen“, murmele ich.
„Das kannst du doch morgen noch machen“, schlägt sie vor.
„Am Samstag möchte ich sie aber Maja bringen, schließlich ist es ihr Geburtstagsgeschenk.“
„Und wenn wir früher zurückfahren?“, schlägt sie vor, „morgen soll es wieder schlechter werden, das Wetter.“ Ihre Stimme bebt ein bisschen, kein gutes Zeichen.
Gleich wird sie mich mit ihrem Dackelblick ansehen, um mich umzustimmen, aber heute werde ich nicht nachgeben. Die Kommode gehörte früher meinen Eltern, heute möchte ich neue Füße anschrauben, die Schubladen wieder gangbar machen, die neuen Beschläge anbringen, die große Fuge auf der Oberfläche ausfüllen, dann alles abschleifen und mit Öl einlassen. Das muss dann auch noch trocken, und wird so schon knapp bis Samstag.
„Das geht jetzt nicht, ich möchte in die Werkstatt“, sage ich ziemlich genervt und sehe wieder in die Zeitung.
„Musst du eigentlich immer alles auf den letzten Drücker machen?“, sagt sie, nun schon deutlich gereizter im Ton, „du hast die ganze Woche genügend Zeit für solche Dinge und Zeitung liest du auch. Also müsstest du eigentlich wissen, dass das Wetter wieder umschlagen wird, und heute der letzte schöne Tag ist.“
„Kannst du mich nicht einfach machen lassen?“
„Und was ist mit mir? Ich habe etwas Erholung wirklich nötig.“ Ihre Stimme wird laut und damit auch leider ein wenig schrill.
Seit einiger Zeit schon wirkt sie überarbeitet und ausgelaugt, denke ich. „Hatten wir nicht schon öfter darüber geredet, dass du ruhig kürzertreten könntest, ich meine, finanziell sind wir doch mehr als gut aufgestellt …“.
„Das geht jetzt nicht“, unterbricht sie mich, „wo denkst du hin, zwei Mitarbeiterinnen sind im Erziehungsurlaub, und wer weiß, ob sie überhaupt wieder kommen.“
Gerade noch rechtzeitig verschlucke ich meinen Vorschlag, dass sie sich das Auto nehmen und alleine hinausfahren kann. Denn das würde sie noch mehr aufbringen. Immerzu ihr Wunsch nach gemeinsamen Unternehmungen, der in letzter Zeit noch zugenommen hat, denke ich. Früher habe ich mich gebeugt, aber eigentlich bin ich ganz gerne für mich alleine. Arbeite in der Werkstatt, setze mich, wann immer ich möchte mit meiner Pfeife auf die Gartenbank und sehe einfach in die Luft.
„Dann fahre ich eben alleine raus“, sagt sie in diesem Moment, greift ihren Teller samt Tasse und Besteck und geht damit hinüber zur Spülmaschine, „du kannst ja dann den Rest abräumen.“ Und schon ist sie aus dem Zimmer.
Ohne ihren Ärger wäre es ein wundervoller Feiertag, denke ich und sehe aus dem Fenster in den sonnenbeschienenen Garten. Zwei Spatzen picken im Blumenbeet, eine dritte ist im Anflug. Ich werde mich zu ihnen setzen und in Ruhe erstmal eine Pfeife rauchen.
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Das geht jetzt nicht
RAU
Das Wetter ist so, wie sie es sich wünscht. Ein beinahe wolkenloser Himmel, angenehme Temperaturen, und die Sonne scheint bereits in den Garten. Dazu ist Feiertag, die halbe Stadt plant sicherlich einen Ausflug oder ist schon auf dem Weg ins Grüne. Endlich Luft schnappen und ins Weite sehen, auch Charlotte liegt mir schon seit gestern damit in den Ohren. Beim Frühstück macht sie einen Vorschlag nach dem anderen, einer klingt für sie verlockender als der nächste. Aber leider, oder vielleicht auch nicht leider, kann ich mich für keine ihrer Ideen erwärmen, blättere weiter lustlos in meiner Zeitung, die mich im Grunde genommen nicht wirklich interessiert. Steht sowieso immer das Gleiche drin, die Koalition ist sich nicht einig, die Opposition wettert, die Weltlage ist düster.
„Hast du dich entschieden?“, fragt Charlotte noch einigermaßen freundlich, obwohl ich weiß, dass sie gedanklich schon mit den Füßen scharrt und verstohlen zur großen Uhr an der Wand blickt. „Viertel vor neun ist es, wir könnten es noch vor dem großen Verkehr aus der Stadt noch schaffen.
„Ich möchte die Kommode fertigbekommen“, murmele ich.
„Das kannst du doch morgen noch machen“, schlägt sie vor.
„Am Samstag möchte ich sie aber Maja bringen, schließlich ist es ihr Geburtstagsgeschenk.“
„Und wenn wir früher zurückfahren?“, schlägt sie vor, „morgen soll es wieder schlechter werden, das Wetter.“ Ihre Stimme bebt ein bisschen, kein gutes Zeichen.
Gleich wird sie mich mit ihrem Dackelblick ansehen, um mich umzustimmen, aber heute werde ich nicht nachgeben. Die Kommode gehörte früher meinen Eltern, heute möchte ich neue Füße anschrauben, die Schubladen wieder gangbar machen, die neuen Beschläge anbringen, die große Fuge auf der Oberfläche ausfüllen, dann alles abschleifen und mit Öl einlassen. Das muss dann auch noch trocken, und wird so schon knapp bis Samstag.
„Das geht jetzt nicht, ich möchte in die Werkstatt“, sage ich ziemlich genervt und sehe wieder in die Zeitung.
„Musst du eigentlich immer alles auf den letzten Drücker machen?“, sagt sie, nun schon deutlich gereizter im Ton, „du hast die ganze Woche genügend Zeit für solche Dinge und Zeitung liest du auch. Also müsstest du eigentlich wissen, dass das Wetter wieder umschlagen wird, und heute der letzte schöne Tag ist.“
„Kannst du mich nicht einfach machen lassen?“
„Und was ist mit mir? Ich habe etwas Erholung wirklich nötig.“ Ihre Stimme wird laut und damit auch leider ein wenig schrill.
Seit einiger Zeit schon wirkt sie überarbeitet und ausgelaugt, denke ich. „Hatten wir nicht schon öfter darüber geredet, dass du ruhig kürzertreten könntest, ich meine, finanziell sind wir doch mehr als gut aufgestellt …“.
„Das geht jetzt nicht“, unterbricht sie mich, „wo denkst du hin, zwei Mitarbeiterinnen sind im Erziehungsurlaub, und wer weiß, ob sie überhaupt wieder kommen.“
Gerade noch rechtzeitig verschlucke ich meinen Vorschlag, dass sie sich das Auto nehmen und alleine hinausfahren kann. Denn das würde sie noch mehr aufbringen. Immerzu ihr Wunsch nach gemeinsamen Unternehmungen, der in letzter Zeit noch zugenommen hat, denke ich. Früher habe ich mich gebeugt, aber eigentlich bin ich ganz gerne für mich alleine. Arbeite in der Werkstatt, setze mich, wann immer ich möchte mit meiner Pfeife auf die Gartenbank und sehe einfach in die Luft.
„Dann fahre ich eben alleine raus“, sagt sie in diesem Moment, greift ihren Teller samt Tasse und Besteck und geht damit hinüber zur Spülmaschine, „du kannst ja dann den Rest abräumen.“ Und schon ist sie aus dem Zimmer.
Ohne ihren Ärger wäre es ein wundervoller Feiertag, denke ich und sehe aus dem Fenster in den sonnenbeschienenen Garten. Zwei Spatzen picken im Blumenbeet, eine dritte ist im Anflug. Ich werde mich zu ihnen setzen und in Ruhe erstmal eine Pfeife rauchen.