Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Da draußen
WIE
„Ja, schönen Tag Ihnen auch!“ Weinstetter knallt den Hörer zurück, pfeffert den Kugelschreiber auf die Unterlage, mit dem er gerade die Vorschläge seines Chefs notiert hat. Wie bitte schön, soll er den Menschen da draußen das klar machen?
Typisch Chef. Er denkt sich was aus, und im Büro unten können sie schauen, wie man es unter die Leute bringt. Aber wie soll man das den Wählern verkaufen? Hat der Chef eine Ahnung, was die Menschen da draußen wirklich bewegt? Da draußen gelten andere Regeln als hier drinnen, in den Räumen der Landesregierung.
Aber davon wissen die in den Führungsetagen viel zu wenig. Die kennen die Welt da draußen vom Wechseln einer Garage in die andere. Das Leben zwischen zwei Garagentoren, die sich wie von Zauberhand öffnen, von der Tiefgarage der Landesregierung in die Doppelgarage zu Hause, von Zuhause in Garage des Fußballstadions oder in die städtische Garage unter der Fußgängerzone mit der reservierten Parkbucht, um im renommierten Brauhaus Kollegen zu treffen. In jenem traditionsreichen Restaurant, wo angeblich so viele Menschen von da draußen anzutreffen sind. Falls sich jemand von ihnen diese Preise überhaupt leisten kann und dann nicht im abgetrennten Bereich an extra Tischen sitzt.
Ab und zu aber kann sein Chef einer Begegnung da draußen doch nicht aus dem Weg gehen. Doch die meisten Menschen sind in dem Moment, wo sie das bekannte Gesicht aus dem Fernsehen live vor sich sehen, sowieso so überrascht und vergessen ganz normal zu reagieren.
Zum Beispiel vor dem Eingang einer Klinik, eines Altenheims, einer Vorzeigeschule, wo er aussteigt, um für einen kurzen Moment Wind und Wetter ausgesetzt zu sein. Aber dann öffnen schon sich wie von Zauberhand wieder große schwarze Regenschirme hinter ihm. Je nach Anlass trägt er seinen Aktenkoffer selber, obwohl ihm seine Frau davon abgeraten hat, schließlich hat er es mit dem Rücken.
Bei solchen Anlässen spricht sein Chef gerne davon, eigentlich liefe doch alles recht gut, seitdem sie die Regierung im Land übernommen hätten. Wie sollte es auch anders sein, wenn er immer und überall einen Parkplatz hat, keinen Weg und keine Adresse selber suchen muss, er Jacke und Mantel gereicht bekommt, oder etwas zu Essen und zu Trinken, sobald er es wünscht. Seine hübsche Physiotherapeutin reicht ihm jeden Morgen ihre schönen Hände für seinen Rücken und die richtige Haltung.
Weinstetter kaut auf dem Kugelschreiber und überlegt, wie er seinem Chef die neue Idee des Wahlkampfbüros nahebringen kann. Diese neue Kampagne, die führende Politiker von drinnen nach draußen bringen soll. Einen ganzen Tag lang da draußen unterwegs sein, mit allem was dazu gehört: mit zwei kleinen Kindern im Schlepptau, drei großen Einkaufstaschen, einem knapp gefüllten Portmonee, ohne Auto, aber mit reichlich Termindruck auf Ämtern, in Arztpraxen, an Haltestellen, auf Bahnsteigen, vor Einkaufskassen und Fahrscheinautomaten .
Wie soll er das seinem Chef da drinnen verklickern?
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Da draußen
WIE
„Ja, schönen Tag Ihnen auch!“ Weinstetter knallt den Hörer zurück, pfeffert den Kugelschreiber auf die Unterlage, mit dem er gerade die Vorschläge seines Chefs notiert hat. Wie bitte schön, soll er den Menschen da draußen das klar machen?
Typisch Chef. Er denkt sich was aus, und im Büro unten können sie schauen, wie man es unter die Leute bringt. Aber wie soll man das den Wählern verkaufen? Hat der Chef eine Ahnung, was die Menschen da draußen wirklich bewegt? Da draußen gelten andere Regeln als hier drinnen, in den Räumen der Landesregierung.
Aber davon wissen die in den Führungsetagen viel zu wenig. Die kennen die Welt da draußen vom Wechseln einer Garage in die andere. Das Leben zwischen zwei Garagentoren, die sich wie von Zauberhand öffnen, von der Tiefgarage der Landesregierung in die Doppelgarage zu Hause, von Zuhause in Garage des Fußballstadions oder in die städtische Garage unter der Fußgängerzone mit der reservierten Parkbucht, um im renommierten Brauhaus Kollegen zu treffen. In jenem traditionsreichen Restaurant, wo angeblich so viele Menschen von da draußen anzutreffen sind. Falls sich jemand von ihnen diese Preise überhaupt leisten kann und dann nicht im abgetrennten Bereich an extra Tischen sitzt.
Ab und zu aber kann sein Chef einer Begegnung da draußen doch nicht aus dem Weg gehen. Doch die meisten Menschen sind in dem Moment, wo sie das bekannte Gesicht aus dem Fernsehen live vor sich sehen, sowieso so überrascht und vergessen ganz normal zu reagieren.
Zum Beispiel vor dem Eingang einer Klinik, eines Altenheims, einer Vorzeigeschule, wo er aussteigt, um für einen kurzen Moment Wind und Wetter ausgesetzt zu sein. Aber dann öffnen schon sich wie von Zauberhand wieder große schwarze Regenschirme hinter ihm. Je nach Anlass trägt er seinen Aktenkoffer selber, obwohl ihm seine Frau davon abgeraten hat, schließlich hat er es mit dem Rücken.
Bei solchen Anlässen spricht sein Chef gerne davon, eigentlich liefe doch alles recht gut, seitdem sie die Regierung im Land übernommen hätten. Wie sollte es auch anders sein, wenn er immer und überall einen Parkplatz hat, keinen Weg und keine Adresse selber suchen muss, er Jacke und Mantel gereicht bekommt, oder etwas zu Essen und zu Trinken, sobald er es wünscht. Seine hübsche Physiotherapeutin reicht ihm jeden Morgen ihre schönen Hände für seinen Rücken und die richtige Haltung.
Weinstetter kaut auf dem Kugelschreiber und überlegt, wie er seinem Chef die neue Idee des Wahlkampfbüros nahebringen kann. Diese neue Kampagne, die führende Politiker von drinnen nach draußen bringen soll. Einen ganzen Tag lang da draußen unterwegs sein, mit allem was dazu gehört: mit zwei kleinen Kindern im Schlepptau, drei großen Einkaufstaschen, einem knapp gefüllten Portmonee, ohne Auto, aber mit reichlich Termindruck auf Ämtern, in Arztpraxen, an Haltestellen, auf Bahnsteigen, vor Einkaufskassen und Fahrscheinautomaten .
Wie soll er das seinem Chef da drinnen verklickern?