Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Aufgehoben
RAU
Neunzehn. Die letzte Bahn mit den Augen nach unten. Zwei- und einmal im Wechsel ausatmen, ihr eigener Rhythmus. Arme und Beine strecken und die ganze eigene Länge spüren, wie gut. Dann die letzte Wende und nun mit dem Rücken im Wasser liegen. Die Augen zählen die Querbalken der Decke, die Arme im Wechsel weit nach hinten strecken und dann ins Wasser tauchen. Die allerletzte Bahn, nach zwanzig ist Schluss. Nie schwimmt sie zweiundzwanzig Bahnen, wie der Mann in dem Roman, der ihr wirklich sehr gefallen hat. Immer zwanzig, ihr Leben lang, wie schon ihr Vater mit seinem besten Freund jeden Samstagmorgen. Und sie seit über zehn Jahren mit Gaby. Tausend Meter sind tausend Meter seit sie denken kann.
Als Kind stand sie lieber unter der warmen, fast heißen Dusche als im kalten Wasser zu schwimmen. Heute sind die automatisch eingestellt und ihre Taktung wird jedes Jahr aus Energiespargründen verkürzt. Also vergisst sie leider auch unter dem warmen Wasser nicht, in welcher Welt sie gerade lebt. Manchmal sieht sie ein junges dünnes Mädchen neben sich, dass ein ums andere Mal den Duschknopf drückt, sie kann sie so gut verstehen.
Abtrocknen, eincremen, kämmen, anziehen. Früher immer im Schutz der Kabine, heute ist es ihr egal ob alleine oder mit anderen. Mütze auf die nassen Haare im Winter, durch die Sperre hinaus an die Luft, aufs Rad, ins Auto oder zu Fuß, egal. Der Weg ist oft ein anderer, das Ziel immer das Gleiche.
Bäckerei, Späti oder Markthalle, je nachdem, wo sie ist. Erst die Auslage bestaunen und dann wählen. Ein Schnitt-Ei-Brötchen eigentlich immer, gerne auch noch ein zweites mit Tomaten, Tunfisch oder Käse, wenn der Tag lang und anstrengend werden wird. Früher waren es Leberwurst und Mett, aber das geht gar nicht mehr. Dazu einen Espresso und ein Glas Saft oder Wasser. Immer ein kleines Trinkgeld geben, etwas Nettes sagen und dann einen Platz suchen. Sitzen, trinken und ins belegte Brötchen beißen. Wie beruhigend, wie gut. Da hat ihr jemand heute etwas Leckeres geschmiert, so wie es früher die anderen Kinder auch immer bekommen haben. Selbstgemacht. Meist von der Mama. Johannes Schmitz in der Achten bekam sogar zum Wandertag eines mit kaltem Schnitzel. Wie hat sie ihn beneidet. Sie weiß es immer noch.
Wenn sie Teller und Tasse zurückbringt und einen schönen Tag wünscht, freut sie sich schon aufs nächste Mal. Schwimmen und belegte Brötchen, feste Routinen in ihrem Leben. Sie geben Halt und machen glücklich, nie mehr möchte sie darauf verzichten.
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Neunzehn. Die letzte Bahn mit den Augen nach unten. Zwei- und einmal im Wechsel ausatmen, ihr eigener Rhythmus. Arme und Beine strecken und die ganze eigene Länge spüren, wie gut. Dann die letzte Wende und nun mit dem Rücken im Wasser liegen. Die Augen zählen die Querbalken der Decke, die Arme im Wechsel weit nach hinten strecken und dann ins Wasser tauchen. Die allerletzte Bahn, nach zwanzig ist Schluss. Nie schwimmt sie zweiundzwanzig Bahnen, wie der Mann in dem Roman, der ihr wirklich sehr gefallen hat. Immer zwanzig, ihr Leben lang, wie schon ihr Vater mit seinem besten Freund jeden Samstagmorgen. Und sie seit über zehn Jahren mit Gaby. Tausend Meter sind tausend Meter seit sie denken kann.
Als Kind stand sie lieber unter der warmen, fast heißen Dusche als im kalten Wasser zu schwimmen. Heute sind die automatisch eingestellt und ihre Taktung wird jedes Jahr aus Energiespargründen verkürzt. Also vergisst sie leider auch unter dem warmen Wasser nicht, in welcher Welt sie gerade lebt. Manchmal sieht sie ein junges dünnes Mädchen neben sich, dass ein ums andere Mal den Duschknopf drückt, sie kann sie so gut verstehen.
Abtrocknen, eincremen, kämmen, anziehen. Früher immer im Schutz der Kabine, heute ist es ihr egal ob alleine oder mit anderen. Mütze auf die nassen Haare im Winter, durch die Sperre hinaus an die Luft, aufs Rad, ins Auto oder zu Fuß, egal. Der Weg ist oft ein anderer, das Ziel immer das Gleiche.
Bäckerei, Späti oder Markthalle, je nachdem, wo sie ist. Erst die Auslage bestaunen und dann wählen. Ein Schnitt-Ei-Brötchen eigentlich immer, gerne auch noch ein zweites mit Tomaten, Tunfisch oder Käse, wenn der Tag lang und anstrengend werden wird. Früher waren es Leberwurst und Mett, aber das geht gar nicht mehr. Dazu einen Espresso und ein Glas Saft oder Wasser. Immer ein kleines Trinkgeld geben, etwas Nettes sagen und dann einen Platz suchen. Sitzen, trinken und ins belegte Brötchen beißen. Wie beruhigend, wie gut. Da hat ihr jemand heute etwas Leckeres geschmiert, so wie es früher die anderen Kinder auch immer bekommen haben. Selbstgemacht. Meist von der Mama. Johannes Schmitz in der Achten bekam sogar zum Wandertag eines mit kaltem Schnitzel. Wie hat sie ihn beneidet. Sie weiß es immer noch.
Wenn sie Teller und Tasse zurückbringt und einen schönen Tag wünscht, freut sie sich schon aufs nächste Mal. Schwimmen und belegte Brötchen, feste Routinen in ihrem Leben. Sie geben Halt und machen glücklich, nie mehr möchte sie darauf verzichten.