Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Alles viel zu eng
RAU
„Huch, was war das? Bin ich doch angestoßen? Mist. Die Lücke ist einfach zu klein, da beißt die Maus keinen Faden ab.“
Schon dreimal hat sie probiert, in die Parklücke reinzukommen, aber es geht einfach nicht. Dabei ist es schon Viertel nach, und um halb ist der Termin bei der Ärztin, auf den Charlotte schon drei Wochen wartet. Kontrolle der Schilddrüse, da stimme etwas nicht, hat ihre Hausärztin Frau Dr. Schwarz beim letzten Mal gemeint, als sie die Schwellung am Hals entdeckt und das Blutbild gemacht hatte. Hat auch gefragt, ob sie Beschwerden beim Schlucken hätte und ein Gefühl der Enge im Hals.
„Nein“, hat Charlotte geantwortet, „nicht mehr als sonst auch.“
„Wie meinen sie das?“
„Naja, zurzeit ist alles irgendwie … nicht so ganz einfach.“
Frau Dr. Schwarz hat dann kurz auf den Bildschirm ihres Laptops gesehen. „Mit der Menopause sind sie durch?“
„Weiß nicht so genau. Mal denke ich, sie ist vorbei, dann geht es wieder los, heiß und kalt, und diese ständige Gereiztheit.“
„Stress im Job?“
„Naja, irgendwie ist ja immer Stress in meinem Job, unfähige Kollegen, nervige Auftraggeber, ungeduldige Chefs. Habe vor einem halben Jahr einen neuen bekommen, der zehn Jahre jünger ist und meint, er sei der absolute Oberguru.“
„Ja, mit vierzig meinen sie gerne, sie müssten sich den Älteren gegenüber aufspielen“, meinte Frau Dr. Schwarz und lächelte erfahren.
„Nachts habe ich auch manchmal solche Träume …“, traute sich Charlotte plötzlich weiter zu sprechen.
„Wie sehen die aus?“
„Fürchterlich, enge Gebirgsspalten, in die ich hineinfalle, oder schmale Kellertreppen, die ich hinunterstürze.“
„Klingt alles nicht gut, klingt nach Überarbeitung und zu wenig Ruhe. Wann war ihr letzter Urlaub?“
„Letzten Sommer waren wir zwei Wochen am Meer, da schlafe ich immer gut, tief und fest, ohne einen einzigen Alptraum.“
„Können sie nicht bald wieder mal …?“
„Wo denken sie hin, in vier Wochen gilt Hop oder Top für das neue Projekt, da muss jeder ranklotzen, was das Zeug hält. Bis dahin ein mehr als eng getakteter Terminkalender, keine Chance nur für die kleinste Pause.“
„Aber danach sollten sie unbedingt an sich denken“, meinte Frau Dr. Schwarz mit durchdringendem Blick.
„Und wenn nicht?“, fragte Charlotte.
„Tja dann kann ich für nichts garantieren.“
Fast an jedes Wort des Gespräches erinnert sich Charlotte noch, während sie die Straße rauffährt, dann nach rechts abbiegt. Doch weit und breit ist kein freier Parkplatz zu sehen. Mist, sie muss sofort in der Praxis anrufen, dass sie später kommt. Kramt mit der rechten Hand in ihrer Handtasche auf dem Beifahrersitz, wühlt und wühlt, doch findet kein Smartphone. Fühlt es dann in ihrer rechten Manteltasche, doch wegen des Sicherheitsgurtes kann sie es nicht herausziehen.
„Schiete, alles viel zu eng hier, der Wagen, die Manteltasche, die Parkplätze, die Straße, die Stadt, alles, verdammt, einfach alles ist grade viel zu eng“, flucht sie und schlägt mit der Faust auf das Lenkrad.
Texte zum Alltäglichen -
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Alles viel zu eng
RAU
„Huch, was war das? Bin ich doch angestoßen? Mist. Die Lücke ist einfach zu klein, da beißt die Maus keinen Faden ab.“
Schon dreimal hat sie probiert, in die Parklücke reinzukommen, aber es geht einfach nicht. Dabei ist es schon Viertel nach, und um halb ist der Termin bei der Ärztin, auf den Charlotte schon drei Wochen wartet. Kontrolle der Schilddrüse, da stimme etwas nicht, hat ihre Hausärztin Frau Dr. Schwarz beim letzten Mal gemeint, als sie die Schwellung am Hals entdeckt und das Blutbild gemacht hatte. Hat auch gefragt, ob sie Beschwerden beim Schlucken hätte und ein Gefühl der Enge im Hals.
„Nein“, hat Charlotte geantwortet, „nicht mehr als sonst auch.“
„Wie meinen sie das?“
„Naja, zurzeit ist alles irgendwie … nicht so ganz einfach.“
Frau Dr. Schwarz hat dann kurz auf den Bildschirm ihres Laptops gesehen. „Mit der Menopause sind sie durch?“
„Weiß nicht so genau. Mal denke ich, sie ist vorbei, dann geht es wieder los, heiß und kalt, und diese ständige Gereiztheit.“
„Stress im Job?“
„Naja, irgendwie ist ja immer Stress in meinem Job, unfähige Kollegen, nervige Auftraggeber, ungeduldige Chefs. Habe vor einem halben Jahr einen neuen bekommen, der zehn Jahre jünger ist und meint, er sei der absolute Oberguru.“
„Ja, mit vierzig meinen sie gerne, sie müssten sich den Älteren gegenüber aufspielen“, meinte Frau Dr. Schwarz und lächelte erfahren.
„Nachts habe ich auch manchmal solche Träume …“, traute sich Charlotte plötzlich weiter zu sprechen.
„Wie sehen die aus?“
„Fürchterlich, enge Gebirgsspalten, in die ich hineinfalle, oder schmale Kellertreppen, die ich hinunterstürze.“
„Klingt alles nicht gut, klingt nach Überarbeitung und zu wenig Ruhe. Wann war ihr letzter Urlaub?“
„Letzten Sommer waren wir zwei Wochen am Meer, da schlafe ich immer gut, tief und fest, ohne einen einzigen Alptraum.“
„Können sie nicht bald wieder mal …?“
„Wo denken sie hin, in vier Wochen gilt Hop oder Top für das neue Projekt, da muss jeder ranklotzen, was das Zeug hält. Bis dahin ein mehr als eng getakteter Terminkalender, keine Chance nur für die kleinste Pause.“
„Aber danach sollten sie unbedingt an sich denken“, meinte Frau Dr. Schwarz mit durchdringendem Blick.
„Und wenn nicht?“, fragte Charlotte.
„Tja dann kann ich für nichts garantieren.“
Fast an jedes Wort des Gespräches erinnert sich Charlotte noch, während sie die Straße rauffährt, dann nach rechts abbiegt. Doch weit und breit ist kein freier Parkplatz zu sehen. Mist, sie muss sofort in der Praxis anrufen, dass sie später kommt. Kramt mit der rechten Hand in ihrer Handtasche auf dem Beifahrersitz, wühlt und wühlt, doch findet kein Smartphone. Fühlt es dann in ihrer rechten Manteltasche, doch wegen des Sicherheitsgurtes kann sie es nicht herausziehen.
„Schiete, alles viel zu eng hier, der Wagen, die Manteltasche, die Parkplätze, die Straße, die Stadt, alles, verdammt, einfach alles ist grade viel zu eng“, flucht sie und schlägt mit der Faust auf das Lenkrad.