Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Roter Faden
WIE
„Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.“
Diese Bemerkung von Karin hat Hans nicht überhört. Schließlich kommen solche Anspielungen in letzter Zeit öfters vor. Und auch Hans kann sich diese Bemerkung nicht verkneifen, wenn ihm bei Karin bestimmte Ähnlichkeiten zu ihrer Mutter auffallen.
Aber warum sagt Karin das genau jetzt, wo er die Steine im Garten sortiert und ihnen jeweils einen bestimmten Platz zuweist? Klar, Steine sammeln, sortieren, hatte er bereits als Kind zu Hause im Garten schätzen gelernt, aber deshalb von Äpfeln zu sprechen, die nicht weit vom Stamm fallen?
Er weiß selbst, wie oft er sich an die Samstage erinnert, bei denen sein Vater gut gelaunt und vergnügt mit Steinen im Garten beschäftigt war. Einzelne Steine bekamen je nach Aussehen einen eigenen Namen, wurden nach vorne geholt, andere mussten sich mit einem Platz auf den hinteren Rängen zufriedengeben, wenn es ein anderes Exemplar in einer besseren Version gab.
Und diese Beschäftigung hat sich bei ihm auch in den letzten Jahren verstärkt. Kein Wunder, hat er auch mehr Zeit für den Garten als früher. Doch gleichzeitig ist er auch bemüht, auf Spaziergängen am Rhein oder an den Stränden der Nordsee die Steinsammlung im Garten nicht unnötig zu vergrößern. Also eher die Kriterien für ein Mitnehmen nach zu Hause zu erhöhen.
„Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Was willst du damit sagen?“
Auch wenn Karins Bemerkung schon einige Minuten zurück liegt, will er es jetzt genauer wissen.
„Wieso, was meinst du denn, habe ich gemeint?“
„Na ja, es klingt doch etwas abfällig, als würde mir nichts Besseres einfallen und mich irgendwelcher Eigenheiten der Vorfahren bedienen.
„Ja, vielleicht so ähnlich“, bestätigt Karin Hans Auslegung.
„Warum nicht einfach mal anders sehen. Ich meine es wie einen roter Faden. Das ist doch auch was Schönes. Ungewöhnliche Steine zu finden, das ist eben auch ein Gefühl der Bereicherung, die darin besteht, sich erfreuen zu können, weil eine Form, eine Farbgebung, ein Umriss besonders ist. Und nicht, weil sie objektiv wertvoll sind wie ein Bernstein oder ein versteinertes Fossil am Ostseestrand.“
Hans reicht Karin einen glatten runden Stein, rot, mit einer Schwarzen Schliere durchzogen. „Erinnerst du dich?“
„Ja klar, das war in Dänemark, ein etwas regnerischer Tag. Aber das lässt die Färbung der Steine umso besser erkennen. Und wir hatten nur unsere Manteltaschen, weil wir nur ganz kurz an den Strand wollten. Dachten wir zuerst.“
„Und erinnerst du dich auch, wie wir kurz zuvor mit Werner und Babette unterwegs waren. Und als wir mit gesenktem Köpfen am Strand über die Steinfelder schlenderten, hatten sie überhaupt kein Verständnis. Fotos von der schönen Landschaft würden ihnen reichen.“
„Ja, das weiß ich noch. Dieses Gefühl für das Sammeln und Mitnehmen realer, ja sogar schwerer Dinge muss man haben oder nicht. Wenn es da ist, ist es wie ein roter Faden, eine Stimmung, eine Verbundenheit mit den Formen und Farben der Dinge, die sich einfach finden lassen. Das muss man kennen und mögen.“
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Roter Faden
WIE
„Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.“
Diese Bemerkung von Karin hat Hans nicht überhört. Schließlich kommen solche Anspielungen in letzter Zeit öfters vor. Und auch Hans kann sich diese Bemerkung nicht verkneifen, wenn ihm bei Karin bestimmte Ähnlichkeiten zu ihrer Mutter auffallen.
Aber warum sagt Karin das genau jetzt, wo er die Steine im Garten sortiert und ihnen jeweils einen bestimmten Platz zuweist? Klar, Steine sammeln, sortieren, hatte er bereits als Kind zu Hause im Garten schätzen gelernt, aber deshalb von Äpfeln zu sprechen, die nicht weit vom Stamm fallen?
Er weiß selbst, wie oft er sich an die Samstage erinnert, bei denen sein Vater gut gelaunt und vergnügt mit Steinen im Garten beschäftigt war. Einzelne Steine bekamen je nach Aussehen einen eigenen Namen, wurden nach vorne geholt, andere mussten sich mit einem Platz auf den hinteren Rängen zufriedengeben, wenn es ein anderes Exemplar in einer besseren Version gab.
Und diese Beschäftigung hat sich bei ihm auch in den letzten Jahren verstärkt. Kein Wunder, hat er auch mehr Zeit für den Garten als früher. Doch gleichzeitig ist er auch bemüht, auf Spaziergängen am Rhein oder an den Stränden der Nordsee die Steinsammlung im Garten nicht unnötig zu vergrößern. Also eher die Kriterien für ein Mitnehmen nach zu Hause zu erhöhen.
„Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Was willst du damit sagen?“
Auch wenn Karins Bemerkung schon einige Minuten zurück liegt, will er es jetzt genauer wissen.
„Wieso, was meinst du denn, habe ich gemeint?“
„Na ja, es klingt doch etwas abfällig, als würde mir nichts Besseres einfallen und mich irgendwelcher Eigenheiten der Vorfahren bedienen.
„Ja, vielleicht so ähnlich“, bestätigt Karin Hans Auslegung.
„Warum nicht einfach mal anders sehen. Ich meine es wie einen roter Faden. Das ist doch auch was Schönes. Ungewöhnliche Steine zu finden, das ist eben auch ein Gefühl der Bereicherung, die darin besteht, sich erfreuen zu können, weil eine Form, eine Farbgebung, ein Umriss besonders ist. Und nicht, weil sie objektiv wertvoll sind wie ein Bernstein oder ein versteinertes Fossil am Ostseestrand.“
Hans reicht Karin einen glatten runden Stein, rot, mit einer Schwarzen Schliere durchzogen. „Erinnerst du dich?“
„Ja klar, das war in Dänemark, ein etwas regnerischer Tag. Aber das lässt die Färbung der Steine umso besser erkennen. Und wir hatten nur unsere Manteltaschen, weil wir nur ganz kurz an den Strand wollten. Dachten wir zuerst.“
„Und erinnerst du dich auch, wie wir kurz zuvor mit Werner und Babette unterwegs waren. Und als wir mit gesenktem Köpfen am Strand über die Steinfelder schlenderten, hatten sie überhaupt kein Verständnis. Fotos von der schönen Landschaft würden ihnen reichen.“
„Ja, das weiß ich noch. Dieses Gefühl für das Sammeln und Mitnehmen realer, ja sogar schwerer Dinge muss man haben oder nicht. Wenn es da ist, ist es wie ein roter Faden, eine Stimmung, eine Verbundenheit mit den Formen und Farben der Dinge, die sich einfach finden lassen. Das muss man kennen und mögen.“