Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Alle außer mir
WIE
Da ist es wieder, dieses „Alle-außer-mir-Gefühl“. Alle stehen hier im Stau. Aber keinem außer mir scheint es etwas auszumachen, kaum einer wird nervös, dreht am Rad und ärgert sich. Ein Blick nach rechts, nach links zeigt es mir, da wird räsoniert, telefoniert oder einfach nur meditiert. Alle haben anscheinend die Zeit mit eingeplant. Bin ich denn der Einzige, der sich fragt, warum zwei orangefarbene Straßenarbeiter genau jetzt die Leitplanke putzen und alle auf eine Spur drängen müssen, wo ich zum Flughafen muss?
Da ist es wieder, dieses „Alle-außer-mir-Gefühl“. In der Warteschlange an der Kasse, als die Kassiererin den Geschäftsleiter ruft. Doch leider muss der erst draußen vor der Tür seine Zigarette aufrauchen. Wieso kriegen die das nicht besser hin, nur weil da einer irgendwas storniert, dürfen wir alle hier stehen und zusehen, wie nichts passiert.
Vielleicht aber bin ich auch ganz froh darüber. Oder will ich jetzt inmitten einer Menge krakeelender Menschen, einer Ansammlung von Wutbürgern stehen, die vor allem eins können, sich aufregen, sich wahnsinnig aufregen. Die sich über alles und jedes aufregen. Die sich dann von einer Partei überzeugen lassen, die nichts anderes kann, als schimpfen und lästern und sich beschwert, dass nichts weiter geht. Und keiner merkt, wie außer Wut in dieser Partei sonst gar nichts passiert.
Doch manchmal ist es auch umgekehrt, dieses „Alle außer mir Gefühl“. Wenn sie wieder da ist, die Einigkeit, über das, was gerade passiert. Die vielen Baustellen in der Stadt, die Umleitungen, der Lärm, die steigenden Kosten, die steigenden Abgaben, die steigenden Umstände. Und ich dann ganz anders argumentiere. Wird nicht alles von uns benutzt, was sich da tief unter den Straßen verbirgt? Unser Leben hängt daran wie am Wasserkran, dass es läuft, dass es fließt, alles versorgt wird, und wir kümmern uns um nichts. Bis dann irgendwann etwas nicht mehr funktioniert. Dann sehen wir es erst, wie kompliziert das ist. Doch dann wird lamentiert und diskutiert, über all die Bescheuerten und Doofen da oben auf den Etagen, die von nichts was verstehen, keine Ahnung haben, wie es uns als Bewohner und Pendler damit geht.
Doch anscheinend bin ich wieder der Einzige, der sich dann denkt, habt doch etwas Verständnis für all die vielen kleinen Planer und Verwalter, in den viel zu kleinen Büros, die die vielen kleinen Aufgaben verwalten und überfordert sind, wenn alles zusammen kommt. Die mal hier, mal dort ihr Bestes geben, auch wenn nichts zusammen hält. Wäre es nicht ein Wunder, wenn es überall nur ganz ganz tolle Menschen gäbe, an allen kleinen und großen Stellen, nur Könner und Profis, die alles regeln und alles richtig machen?
Bin ich denn der Einzige, der so denkt, der sich fragt, kenn ich das nicht auch? Bei uns zu Hause? Wo gerne mal was liegen bleibt, weil man es nicht sieht, weil anderes überwiegt? Doch lieber erst was machen, wenn es keine Alternative mehr gibt. Weiß ich auch, wenn alles zu spät und ganz eilig ist, ich alles andere als vorbildlich bin, kein perfekter Verkehrs, - kein galanter Gesprächsteilnehmer.
Weil anders als geplant, anders als gedacht, es dann geschieht. Zum Beispiel ins größte Möbelhaus der Stadt zu gehen, wenn alle anderen es auch so sehen. Und dann auch noch wegen mir alle in der Warteschlange stehen, weil ich ein Teil zu viel im Wagen hab, doch allein aus Versehen.
Wenn ich bei schönstem Wetter ins Grüne fahre, dann auch nur, weil ich mir die Abwechslung verdient habe, weil ich gewissermaßen eine Ausnahme bin. Also nicht das Fahrrad nehme oder mit den Öffentlichen fahre. Denn das ist nicht so bequem, außerdem wollte ich schon seit ewigen Zeiten genau dort hin, weil ich es mir schuldig bin.
Oder stimmt das vielleicht gar nicht, dass ich der Einzige bin, der das denkt, alle außer mir?
Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Alle außer mir
WIE
Da ist es wieder, dieses „Alle-außer-mir-Gefühl“. Alle stehen hier im Stau. Aber keinem außer mir scheint es etwas auszumachen, kaum einer wird nervös, dreht am Rad und ärgert sich. Ein Blick nach rechts, nach links zeigt es mir, da wird räsoniert, telefoniert oder einfach nur meditiert. Alle haben anscheinend die Zeit mit eingeplant. Bin ich denn der Einzige, der sich fragt, warum zwei orangefarbene Straßenarbeiter genau jetzt die Leitplanke putzen und alle auf eine Spur drängen müssen, wo ich zum Flughafen muss?
Da ist es wieder, dieses „Alle-außer-mir-Gefühl“. In der Warteschlange an der Kasse, als die Kassiererin den Geschäftsleiter ruft. Doch leider muss der erst draußen vor der Tür seine Zigarette aufrauchen. Wieso kriegen die das nicht besser hin, nur weil da einer irgendwas storniert, dürfen wir alle hier stehen und zusehen, wie nichts passiert.
Vielleicht aber bin ich auch ganz froh darüber. Oder will ich jetzt inmitten einer Menge krakeelender Menschen, einer Ansammlung von Wutbürgern stehen, die vor allem eins können, sich aufregen, sich wahnsinnig aufregen. Die sich über alles und jedes aufregen. Die sich dann von einer Partei überzeugen lassen, die nichts anderes kann, als schimpfen und lästern und sich beschwert, dass nichts weiter geht. Und keiner merkt, wie außer Wut in dieser Partei sonst gar nichts passiert.
Doch manchmal ist es auch umgekehrt, dieses „Alle außer mir Gefühl“. Wenn sie wieder da ist, die Einigkeit, über das, was gerade passiert. Die vielen Baustellen in der Stadt, die Umleitungen, der Lärm, die steigenden Kosten, die steigenden Abgaben, die steigenden Umstände. Und ich dann ganz anders argumentiere. Wird nicht alles von uns benutzt, was sich da tief unter den Straßen verbirgt? Unser Leben hängt daran wie am Wasserkran, dass es läuft, dass es fließt, alles versorgt wird, und wir kümmern uns um nichts. Bis dann irgendwann etwas nicht mehr funktioniert. Dann sehen wir es erst, wie kompliziert das ist. Doch dann wird lamentiert und diskutiert, über all die Bescheuerten und Doofen da oben auf den Etagen, die von nichts was verstehen, keine Ahnung haben, wie es uns als Bewohner und Pendler damit geht.
Doch anscheinend bin ich wieder der Einzige, der sich dann denkt, habt doch etwas Verständnis für all die vielen kleinen Planer und Verwalter, in den viel zu kleinen Büros, die die vielen kleinen Aufgaben verwalten und überfordert sind, wenn alles zusammen kommt. Die mal hier, mal dort ihr Bestes geben, auch wenn nichts zusammen hält. Wäre es nicht ein Wunder, wenn es überall nur ganz ganz tolle Menschen gäbe, an allen kleinen und großen Stellen, nur Könner und Profis, die alles regeln und alles richtig machen?
Bin ich denn der Einzige, der so denkt, der sich fragt, kenn ich das nicht auch? Bei uns zu Hause? Wo gerne mal was liegen bleibt, weil man es nicht sieht, weil anderes überwiegt? Doch lieber erst was machen, wenn es keine Alternative mehr gibt. Weiß ich auch, wenn alles zu spät und ganz eilig ist, ich alles andere als vorbildlich bin, kein perfekter Verkehrs, - kein galanter Gesprächsteilnehmer.
Weil anders als geplant, anders als gedacht, es dann geschieht. Zum Beispiel ins größte Möbelhaus der Stadt zu gehen, wenn alle anderen es auch so sehen. Und dann auch noch wegen mir alle in der Warteschlange stehen, weil ich ein Teil zu viel im Wagen hab, doch allein aus Versehen.
Wenn ich bei schönstem Wetter ins Grüne fahre, dann auch nur, weil ich mir die Abwechslung verdient habe, weil ich gewissermaßen eine Ausnahme bin. Also nicht das Fahrrad nehme oder mit den Öffentlichen fahre. Denn das ist nicht so bequem, außerdem wollte ich schon seit ewigen Zeiten genau dort hin, weil ich es mir schuldig bin.
Oder stimmt das vielleicht gar nicht, dass ich der Einzige bin, der das denkt, alle außer mir?