Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Ab und zu ein bisschen
WIE
„Mein Gott, wie lange haben wir es nicht mehr richtig knallen lassen“, Günther leert sein halb volles Weizenbierglas in einem Zug.
“Ist nun mal gar nicht mehr angesagt, so richtig über die Stränge zu schlagen. Unser Lebensstil wird jetzt mehr von der Apothekenrundschau bestimmt als vom Anarcho-Weltgefühl der einstigen Studienjahre“, sage ich.
Günther stellt das leer Weizenbierglas zurück auf seinen Bierdeckel. „Apothekenrundschau, stimmt, eine einzige Seniorenrundschau mit allen Problemen des täglichen Lebens: taube Füße, Gedächtnisschwäche, Blähungen, nachlassende Libido, Gelenkschmerzen, Inkontinenz ...“.
„Dazu auch alles, was gesund macht: Bandagen, Einlagen, Prothesen, Mineralstoffe und Treppenlift. Und immer viel Trinken nicht vergessen.“
„Machen wir doch“, grinst Günther und winkt mit dem leeren Glas der Kellnerin hinter dem Tresen zu, während ich nur kurz auf meine Uhr schaue.
„Du willst doch jetzt nicht schon schlapp machen?“, fragt Günther.
„Man wird doch noch auf die Uhr schauen dürfen.“
„Ich hatte nur Sorge, du willst mir signalisieren, es sei schon spät.“
„Ich weiß, so jung kommen wir nie mehr zusammen, willst du jetzt sagen“, werfe ich ein, „aber so alt können wir uns ja noch öfters treffen.“
Wir schweigen uns eine Zeit lang an, in der Kneipe wird es nun immer lauter, eine Gruppe Studienanfänger hat Platz genommen. Semesterbeginn, es finden die üblichen Kneipenerkundungen statt. Trinken auf Werbegutscheine mit Rabatt. In diesem Falle sind die Männer eher in der Unterzahl. Allesamt sehr gut gekleidet, geordnetes Aussehen. Dazu scheint sie nicht recht zu passen, ihre Ausgelassenheit. Wir tippen beide auf BWL-Studierende, typisches Vorurteil aus alten Zeiten. Die Kellnerin hat jetzt viel zu tun, erst eine Runde Rhabarberschnaps für den ganzen Tisch und dann eine Runde Pils.
„Die lassen es ja ganz schön knallen“, sage ich dann.
„Ja, aber auch nur heute. Die junge Generation schlägt doch nur noch ab und zu über die Stränge. Und das geschieht dann kollektiv organisiert, da musst du mitmachen und durch, so eine Art Mutprobe. Danach geht es wieder nüchtern und normal weiter.“
„Also eher so ein Ab und zu ein bisschen“, sage ich.
„Anders als bei uns damals, das war oft und immer ein bisschen zu viel.“
Ich beobachte Günther, wie er auf die Uhr schaut. „Du willst doch nicht schon schlapp machen?“, frage ich.
„Du, ich glaube, die Kellnerin hat mein Weizenbier vergessen. Das Ab und zu ein bisschen wird mir gerade auch schon zu viel. Und dieser Lautstärkepegel ist nichts für mich in meinem Alter.“
Wir zahlen unsere Biere und atmen erleichtert auf, als wir draußen auf der Straße stehen.
Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Ab und zu ein bisschen
WIE
„Mein Gott, wie lange haben wir es nicht mehr richtig knallen lassen“, Günther leert sein halb volles Weizenbierglas in einem Zug.
“Ist nun mal gar nicht mehr angesagt, so richtig über die Stränge zu schlagen. Unser Lebensstil wird jetzt mehr von der Apothekenrundschau bestimmt als vom Anarcho-Weltgefühl der einstigen Studienjahre“, sage ich.
Günther stellt das leer Weizenbierglas zurück auf seinen Bierdeckel. „Apothekenrundschau, stimmt, eine einzige Seniorenrundschau mit allen Problemen des täglichen Lebens: taube Füße, Gedächtnisschwäche, Blähungen, nachlassende Libido, Gelenkschmerzen, Inkontinenz ...“.
„Dazu auch alles, was gesund macht: Bandagen, Einlagen, Prothesen, Mineralstoffe und Treppenlift. Und immer viel Trinken nicht vergessen.“
„Machen wir doch“, grinst Günther und winkt mit dem leeren Glas der Kellnerin hinter dem Tresen zu, während ich nur kurz auf meine Uhr schaue.
„Du willst doch jetzt nicht schon schlapp machen?“, fragt Günther.
„Man wird doch noch auf die Uhr schauen dürfen.“
„Ich hatte nur Sorge, du willst mir signalisieren, es sei schon spät.“
„Ich weiß, so jung kommen wir nie mehr zusammen, willst du jetzt sagen“, werfe ich ein, „aber so alt können wir uns ja noch öfters treffen.“
Wir schweigen uns eine Zeit lang an, in der Kneipe wird es nun immer lauter, eine Gruppe Studienanfänger hat Platz genommen. Semesterbeginn, es finden die üblichen Kneipenerkundungen statt. Trinken auf Werbegutscheine mit Rabatt. In diesem Falle sind die Männer eher in der Unterzahl. Allesamt sehr gut gekleidet, geordnetes Aussehen. Dazu scheint sie nicht recht zu passen, ihre Ausgelassenheit. Wir tippen beide auf BWL-Studierende, typisches Vorurteil aus alten Zeiten. Die Kellnerin hat jetzt viel zu tun, erst eine Runde Rhabarberschnaps für den ganzen Tisch und dann eine Runde Pils.
„Die lassen es ja ganz schön knallen“, sage ich dann.
„Ja, aber auch nur heute. Die junge Generation schlägt doch nur noch ab und zu über die Stränge. Und das geschieht dann kollektiv organisiert, da musst du mitmachen und durch, so eine Art Mutprobe. Danach geht es wieder nüchtern und normal weiter.“
„Also eher so ein Ab und zu ein bisschen“, sage ich.
„Anders als bei uns damals, das war oft und immer ein bisschen zu viel.“
Ich beobachte Günther, wie er auf die Uhr schaut. „Du willst doch nicht schon schlapp machen?“, frage ich.
„Du, ich glaube, die Kellnerin hat mein Weizenbier vergessen. Das Ab und zu ein bisschen wird mir gerade auch schon zu viel. Und dieser Lautstärkepegel ist nichts für mich in meinem Alter.“
Wir zahlen unsere Biere und atmen erleichtert auf, als wir draußen auf der Straße stehen.