Texte zum Alltäglichen -
der wöchentliche Schreibblog
Schade
WIE
„Schade eigentlich …“.
„Wie meinst du das?“
„Na ja, es ist doch noch Einiges übrig geblieben heute Abend. Früher hätten wir länger zusammengesessen, bis alle Schüsseln, Teller und Gläser leer gewesen wären.“
Dabei war die Einladung schön verlaufen, auch wenn es kurz vorher noch recht hektisch gewesen war. Aber wie sollte es auch anders sein, wenn man sich nach so langer Zeit wieder einmal trifft. Endlich zu mehreren, zum Essen und Reden, das hatte doch was, und das wollte und sollte man gebührend auskosten.
Doch diesmal war es nicht so spät geworden wie früher. Stattdessen machte sich schon gegen 22 Uhr eine gewisse Aufbruchsstimmung breit und nach einem kurzen Austausch der Themen, die noch nicht besprochen worden waren, Urlaub, Eltern, Teilzeit, Ruhezeit, einigte man sich darauf, mit einem neuen Treffen nicht so lange zu warten.
Mein Gott, wir sind auch nicht mehr die Alten. Diese Feststellung lag irgendwie den ganzen Abend in der Luft. Vor allem, als das Thema der eigenen, erwachsenen Kinder aufkam, wie fit, selbständig und selbstbewusst sie sind. Wenn auch mitklang, wie fremd, wie anders die Lebenshaltung dieser Generation doch ist, und man nicht alles versteht und auch nicht gutheißen kann. Um sich dann dabei zu ertappen, wie mit dem Unverständnis auch eine gewisse Intoleranz einhergeht. Etwas, das man bei sich selber immer abgelehnt hatte.
Schade, dass man nicht mehr so ausschweifend feiert wie früher. Und wie soll man damit umgehen, nicht mehr die Begeisterung, das Engagement, die Ausdauer aufzubringen? Keine endlosen Diskussionen, keine Verteidigung der eigenen Standpunkte mehr, die die Verteidigung der ganzen Welt miteinschloss. Stattdessen ging die Welt so oder so ihren Weg, egal, ob wir ihr den Untergang voraussagten oder nicht. Auch wenn wir glaubten, dass nur Kunst, Bildung und Kultur diesen Untergang aufhalten könnten. Und jetzt lief es auch ohne Kunst, Bildung und Kultur einigermaßen gut. Schade irgendwie, dass die felsenfesten Überzeugungen unserer Weltanschauungen nicht mehr da sind.
Aber was heißt eigentlich schade? Schade, dass es nicht mehr so wie früher ist? Klar, schade. Oder hat es auch etwas Gutes? Sollte man es vielleicht einfach umdrehen? Schade, dass wir früher kein Ende gefunden haben, dass wir früher meinten, mit der Verteidigung unserer Meinung uns und die ganze Welt retten zu können. Schade, dass wir glaubten, nur wenn wir alle Flaschen, alle Zigarettenpackungen, alle Gespräche und sämtliche Dispute bis zum bitteren Ende treiben, bis nichts mehr außer Übelkeit übrig bleibt, sei es richtig und es lohne sich nur, wenn es darum geht, das Übel der Welt zu analysieren? Schade, dass wir nicht einsehen konnten, dass unsere Lebensüberzeugungen nicht die einzigen auf der Welt sind, wir nicht loslassen konnten und immer meinten, über alles Bescheid zu wissen.
Sollten wir nicht einfach froh sein, dass trotzdem vieles gelang, wir viel schönes Wetter hatten, die Welt uns im Großen und Ganzen heile erschien und uns in Ruhe weiter machen ließ? Wir vieles erreicht haben und uns einbilden dürfen, es sei auf unserem eigenen Mist gewachsen?
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Schade
WIE
„Schade eigentlich …“.
„Wie meinst du das?“
„Na ja, es ist doch noch Einiges übrig geblieben heute Abend. Früher hätten wir länger zusammengesessen, bis alle Schüsseln, Teller und Gläser leer gewesen wären.“
Dabei war die Einladung schön verlaufen, auch wenn es kurz vorher noch recht hektisch gewesen war. Aber wie sollte es auch anders sein, wenn man sich nach so langer Zeit wieder einmal trifft. Endlich zu mehreren, zum Essen und Reden, das hatte doch was, und das wollte und sollte man gebührend auskosten.
Doch diesmal war es nicht so spät geworden wie früher. Stattdessen machte sich schon gegen 22 Uhr eine gewisse Aufbruchsstimmung breit und nach einem kurzen Austausch der Themen, die noch nicht besprochen worden waren, Urlaub, Eltern, Teilzeit, Ruhezeit, einigte man sich darauf, mit einem neuen Treffen nicht so lange zu warten.
Mein Gott, wir sind auch nicht mehr die Alten. Diese Feststellung lag irgendwie den ganzen Abend in der Luft. Vor allem, als das Thema der eigenen, erwachsenen Kinder aufkam, wie fit, selbständig und selbstbewusst sie sind. Wenn auch mitklang, wie fremd, wie anders die Lebenshaltung dieser Generation doch ist, und man nicht alles versteht und auch nicht gutheißen kann. Um sich dann dabei zu ertappen, wie mit dem Unverständnis auch eine gewisse Intoleranz einhergeht. Etwas, das man bei sich selber immer abgelehnt hatte.
Schade, dass man nicht mehr so ausschweifend feiert wie früher. Und wie soll man damit umgehen, nicht mehr die Begeisterung, das Engagement, die Ausdauer aufzubringen? Keine endlosen Diskussionen, keine Verteidigung der eigenen Standpunkte mehr, die die Verteidigung der ganzen Welt miteinschloss. Stattdessen ging die Welt so oder so ihren Weg, egal, ob wir ihr den Untergang voraussagten oder nicht. Auch wenn wir glaubten, dass nur Kunst, Bildung und Kultur diesen Untergang aufhalten könnten. Und jetzt lief es auch ohne Kunst, Bildung und Kultur einigermaßen gut. Schade irgendwie, dass die felsenfesten Überzeugungen unserer Weltanschauungen nicht mehr da sind.
Aber was heißt eigentlich schade? Schade, dass es nicht mehr so wie früher ist? Klar, schade. Oder hat es auch etwas Gutes? Sollte man es vielleicht einfach umdrehen? Schade, dass wir früher kein Ende gefunden haben, dass wir früher meinten, mit der Verteidigung unserer Meinung uns und die ganze Welt retten zu können. Schade, dass wir glaubten, nur wenn wir alle Flaschen, alle Zigarettenpackungen, alle Gespräche und sämtliche Dispute bis zum bitteren Ende treiben, bis nichts mehr außer Übelkeit übrig bleibt, sei es richtig und es lohne sich nur, wenn es darum geht, das Übel der Welt zu analysieren? Schade, dass wir nicht einsehen konnten, dass unsere Lebensüberzeugungen nicht die einzigen auf der Welt sind, wir nicht loslassen konnten und immer meinten, über alles Bescheid zu wissen.
Sollten wir nicht einfach froh sein, dass trotzdem vieles gelang, wir viel schönes Wetter hatten, die Welt uns im Großen und Ganzen heile erschien und uns in Ruhe weiter machen ließ? Wir vieles erreicht haben und uns einbilden dürfen, es sei auf unserem eigenen Mist gewachsen?